Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu westliche Waffenlieferungen/Ukraine

Das ukrainische Militär hat in den vergangenen Tagen bewiesen, dass es in der Lage ist, die vom Westen gelieferten Waffen klug und effektiv einzusetzen.

Der Kollaps der russischen Front im Gebiet Charkiw ist noch lange kein Sieg, aber er kann zu einer Wende in diesem Krieg werden. Das so entstandene Momentum zugunsten der Ukraine sollte der Westen verstärken, indem er rasch seine eigenen Anstrengungen zu ihrer Unterstützung vergrößert. Eine deutliche und demonstrative Ausweitung der Waffenlieferungen. würde sowohl den Kampfesmut der Ukrainer stützen als auch die - wie gerade deutlich sichtbar - ohnehin schlechte Moral in den russischen Streitkräften weiter sinken lassen. Es wäre an der Zeit, dass vor allem Deutschland nicht mehr nur sagt, was alles nicht gehe, sondern Entschiedenheit an den Tag legt. (.).


«Frankfurter Rundschau» zur ukrainischen Offensive

Die ukrainische Armee übernimmt mit den jüngsten militärischen Erfolgen nicht nur die Initiative im Krieg gegen die russischen Invasoren.

Kiew hält mit den Gegenoffensiven im Süden und im Nordosten Wort und trifft die Truppen des Autokraten Wladimir Putin empfindlich und zeigt, dass die ukrainischen Soldaten nicht nur den schnellen russischen Vorstoß auf ihre Hauptstadt wie nach Kriegsbeginn stoppen, sondern eben auch besetzte Gebiete zurückerobern können. Der Etappensieg stützt den ukrainischen Regierungschef Wolodymyr Selenskij, weil der von ihm angestrebte Sieg über die russischen Einheiten handfeste Argumente erhält. Zugleich wächst der Druck auf die westlichen Verbündeten, noch mehr Waffen zu liefern. Sie scheinen den militärischen Konflikt nicht zu verlängern, sondern zu verkürzen. Vor allem Kanzler Olaf Scholz bringt das erneut in Zugzwang. Doch er wird Kampfpanzer erst liefern lassen, wenn die USA welche schicken.


«Handelsblatt» zu Ukraine-Krieg/Wladimir Putin

Die russische Armee ist nicht die übermächtige Streitmacht, vor der sich viele im Westen gefürchtet haben.

Sie ist das Produkt von Putins Herrschaft: durch das von ihm mafiös aufgebaute System der Korruption zerfressen, materiell und moralisch ausgeblutet. Das aber ist zugleich die große Gefahr. Denn Putin kann sich eine Niederlage nicht leisten. Um seine Herrschaft zu sichern, wird er nun alle Kräfte aufbringen müssen. Russland droht die Generalmobilmachung und der Ukraine ein Vernichtungsfeldzug. Putin wird der Ukraine den Winter zur Hölle machen. Er könnte etwa Stromleitungen, Gaspipelines und Kraftwerke serienweise zerstören, um die Ukrainerinnen und Ukrainer so frieren zu lassen, dass sie inmitten der aufziehenden Energiekrise nach Westeuropa fliehen.


«Stuttgarter Zeitung» zum Parteitag der CDU

Inmitten einer Zeit multipler Krisen hat sich die Union vor allem Zeit dafür genommen, sich mit sich selbst zu beschäftigen.

Das kann für eine Partei gelegentlich notwendig sein und muss nicht kritisiert werden. Was aber dabei auffiel, war dieser latente Unterton der Beunruhigung, dass die Zeiten unübersichtlich sind und Gewissheiten wegbrechen. Das erklärt die Sehnsucht nach einfachen Lösungen und alten Zeiten, da jeder zum "Bund" musste oder Zivildienst leistete, da noch geredet wurde, wie einem der Schnabel gewachsen war, und sich kein Genderstern dem männlichen Blick auf die Welt entgegenstellte und Frauen in der Partei unsichtbar waren oder sich um Familienpolitik kümmerten. Die CDU ändert und öffnet sich langsam. Das ist anzuerkennen. Aber Friedrich Merz musste in Hannover auch erkennen, dass die Konservativen in der Partei laut, frustriert und kampfstark sind. Dies alles zusammenzuhalten wird immer schwerer. Es ist seine ganz große Aufgabe.


«El País»: Kataloniens Unabhängigkeitsbewegung gespalten

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Sonntag, dem katalanischen Nationalfeiertag Diada, den Zustand der Unabhängigkeitsbewegung fünf Jahre nach dem gescheiterten Abspaltungsversuch der Region von Spanien:

«Die Diada ist dieses Jahr vom Riss zwischen den separatistischen Parteien ERC und Junts geprägt, die beide die Regionalregierung unter Führung der ERC stellen. Weder Regionalregierungschef Pere Aragonès noch andere ERC-Minister werden an der von der separatistischen Bürgerbewegung ANC organisierten Kundgebung teilnehmen. Das Motto des ANC lautet: «Lasst uns zurückkehren, um zu gewinnen: Unabhängigkeit!» Das Eintreten von Aragonès für einen Dialog mit der Zentralregierung in Madrid kollidiert mit dem Streben von Junts nach einem Bruch mit Spanien.

Während vor zehn Jahren in Barcelona noch Hunderttausende zur Diada auf die Straßen gingen, hat der Nationalfeiertag seinen Wert als Gemeinschaftsfest inzwischen zum Teil eingebüßt. Die Diada wurde vom unnachgiebigen Teil der Unabhängigkeitsbewegung entführt, der auf die Einhaltung demokratischer Gesetze pfeift, egal ob eine Mehrheit der Katalanen eine Abspaltung von Spanien will oder nicht.»


«NZZ am Sonntag»: Die Ukraine braucht Panzer

ZÜRICH: Zur Offensive ukrainischer Streitkräfte gegen die russischen Besatzer meint die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag»:

«Die Ukrainer können es. Sie haben rasch umgesattelt auf kompliziertere westliche Artillerietechnik. Sie haben strategisches und taktisches Geschick bewiesen. Sie haben Mut bis zur Dreistigkeit. Und sie haben sich vor allem nicht mürbe machen lassen durch die riesige, Zivilisten wie Soldaten verachtende Kriegsmaschine Russlands. Wie geht es nun weiter? Die russische Front in der Oblast Charkiw ist zusammengebrochen. Wird Russland eine Rückeroberung versuchen? Im Moment sieht es nicht danach aus. Russlands Invasion der Ukraine ist ein kolossaler Fehlschlag. Nach sechs Monaten Besatzung haben die Menschen im Nordosten des Landes die ukrainischen Soldaten als Befreier begrüßt. Aber die Armee ist dort ungeachtet ihrer Erfolge in einer prekären Lage. Für einen schnellen Manöverkrieg, wie er sich nun entwickelt hat, bräuchte sie mehr denn je westliche Panzer. Deutschland und die anderen Nato-Staaten, die dafür infrage kommen, liefern sie nicht. Wer will, dass dieser Krieg endet, sollte dies aber tun.»


«The Sunday Times»: Königshaus vor neuen Herausforderungen

LONDON: Zum Vermächtnis von Elizabeth II. meint die Londoner «Sunday Times»:

«Der Tod der Queen im Alter von 96 Jahren stellt die königliche Familie vor neue Herausforderungen. Der herausragende Erfolg ihrer Regentschaft erinnert daran, dass Macht mehr mit der Persönlichkeit als mit der Institution verbunden ist. Als König muss Charles hohen Anforderungen an sein Urteilsvermögen und sein Bewusstsein für die verfassungsmäßigen Grenzen und Anforderungen seiner Rolle gerecht werden. Dies ist auch eine Gelegenheit für Großbritannien, über die Werte nachzudenken, die ihm wichtig sind, und darüber, wofür es in der neuen Ära stehen wird.

Vor allem aber ist dies eine Zeit, um dankbar zu sein. Wir hatten mehr Glück als wir ahnten, dass wir sieben unbeständige Jahrzehnte lang eine solche Quelle der Stabilität hatten. Vermutlich wissen das die Tausenden von Briten, die diese Woche stundenlang Schlange stehen werden, um der Königin die letzte Ehre zu erweisen, und die Staats- und Regierungschefs, die zu ihrer Beerdigung zusammenkommen, nur zu gut. Großbritannien steht bei der verstorbenen Königin in der größten Schuld, die eine Nation jemals einem Monarchen gegenüber hatte, und wir werden das nie vergessen.»

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