«Dennik N»: Anschlag auf Fico ist ein Angriff auf uns alle
BRATISLAVA: Die slowakische Zeitung «Dennik N» kommentiert am Mittwoch in ihrer Onlineausgabe den Angriff auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico nach einer Kabinettssitzung in Handlova:
«Es ist nicht das erste Attentat auf einen öffentlich tätigen Menschen. Das war der Mord an dem Journalisten Jan Kuciak (im Jahr 2018). Bereits damals haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass Politiker, die Hass verbreiten, ein gefährliches Spiel treiben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die verbalen Attacken in physische übergehen. (..). Nun endet die Etappe des sorgenlosen Attackierens und Angsteinflößers endgültig. (...) Heute sollten alle im öffentlichen Raum ihre Leidenschaften zurückstellen. Es kann keine Antwort sein, die Medien oder die Opposition zu beschuldigen. Doch ebenso inakzeptabel ist die Anschuldigung, dass gerade Robert Fico und seine Leute mit dem Feuer gespielt hätten, indem sie unter dem Kessel des Hasses immer wieder Holz nachgelegt hätten, und damit selbst für das Unglück verantwortlich seien. (...) Das Attentat auf den Journalisten Jan Kuciak war ein Angriff auf uns alle. Das gilt auch für den Anschlag auf Ministerpräsident Fico.»
«Handelsblatt» zu Verhältnis Bundeskanzlers zu Verteidigungsminister
Pistorius hat es schwer mit seiner SPD, die sich immer noch vor allem als Friedenspartei versteht und Aufrüstungsbestrebungen skeptisch sieht.
Umso mehr kommt es auf den Kanzler an, wenn die Zeitenwende nicht nur eine leere Worthülse sein soll. Scholz muss im nächsten Haushalt klare Prioritäten setzen für die Sicherheit des Landes. Doch er zieht es vor, lieber seinen Verteidigungsminister gegen sich aufzubringen als weite Teile seiner eigenen Partei.
«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Krankenhausreform
Gegner der Krankenhausreform, die Gesundheitsminister Lauterbach am Mittwoch endlich durchs Kabinett gebracht hat, bekritteln die vielen Unzumutbarkeiten: Die örtliche Klinik sei künftig geschlossen, die Wege zur nächsten Gesundheitseinrichtung seien zu weit, Landgemeinden bluteten aus.
Dabei wird genau das passieren, würde die Regierung nicht heute handeln. ? Entscheidend ist nicht, jede Art der Versorgung vor Ort vorzuhalten, sondern die nötige. Dazu dienen Lauterbachs ambulant und pflegerisch ausgerichtete Grundversorgungskliniken. ? Aufpassen muss Lauterbach indes, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Ein Drittel der Betten wird nicht gebraucht, Deutschland steckt überproportional viel Geld in die Kliniken, trotzdem ist das Ergebnis bescheiden. ? Patienten sind schließlich auch Steuer- und Beitragszahler.
«Frankfurter Rundschau» zu Haushaltsstreit in der Bundesregierung
Noch ist völlig unklar, wann der Haushalt für 2025 steht und wie er dann aussieht.
Sehr viel klarer ist dagegen, dass sich eine politische Partnerschaft derzeit rapide abkühlt. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat erst selbstbewusst eine Aufstockung im Milliardenbereich gefordert und ist nun zunehmend frustriert darüber, dass er damit augenscheinlich abblitzt. Olaf Scholz wiederum scheint eher amüsiert über den entnervten Minister zu sein. Womöglich ereilt diesen nun die Strafe für ein Gerücht, das vor einiger Zeit im Regierungsviertel die Runde machte: Die SPD könnte in ihrer Panik vor einem drohenden Desaster bei der nächsten Bundestagswahl Scholz gegen den wesentlich beliebteren Pistorius als Spitzenkandidaten austauschen.
«Münchner Merkur» zu Pistorius
Der Zorn von Boris Pistorius ist nur zu verständlich: Ausgerechnet der Zeitenwende-Minister, der angesichts der neuen Kriegsrealität in Europa die Sicherheit der Bundesbürger garantieren soll, muss sich in der Regierung herumschubsen lassen wie ein dummer Schulbub.
Kein Geld für die Bundeswehr zu Lasten des Sozialhaushalts, tönt es aus dem Mützenich-Flügel seiner SPD. Keine neuen Schulden, sagt FDP-Finanzminister Lindner. Und jetzt hat auch noch der Kanzler den Verteidigungsminister und Parteifreund mit einer klaren Spar-Ansage öffentlich düpiert. Sind alle Schwüre, Deutschland werde für seine Verteidigung mehr Geld in die Hand nehmen, tatsächlich schon wieder vergessen? So wie Deutschland und Europa die Ukraine bei der Lieferung dringend benötigter Waffen im Regen stehen ließen, mit erkennbar schlimmen Folgen, knausert die Regierung jetzt auch bei der Ertüchtigung der eigenen Bundeswehr.
«Wyborcza»: Europa droht ein großer Krieg
WARSCHAU: Der bisherige Vize-Regierungschef und Wirtschaftsfachmann Andrej Beloussow soll Sergej Schoigu als Russlands Verteidigungsminister ablösen. Dazu schreibt die polnische Tageszeitung «Gazeta Wyborcza» am Mittwoch:
«Der Wechsel im Amt des russischen Verteidigungs- oder besser Kriegsministers ist ein deutliches Zeichen für die Absichten Wladimir Putins: An die Stelle von Sergej Schoigu, einem Apparatschik und Dilettanten der politischen Kaste, ist Andrej Beloussow getreten, ein Spezialist für effizientes Finanzmanagement. Ein langwieriger und großangelegter Krieg ist ein teures Unterfangen, daher wird ein Profi benötigt. Es geht nicht mehr um den Donbass oder die Krim. Und auch nicht um die gesamte Ukraine.
Der Kremlherrscher geht konsequent auf Konfrontationskurs mit dem Westen, und er macht keinen großen Hehl daraus. Er hat vor langer Zeit gesagt, dass der Zusammenbruch der UdSSR das größte Unglück des 20. Jahrhunderts war. Jetzt baut er das Imperium mühsam wieder auf. Dies ist kein Vorspiel für einen künftigen Krieg. Dieser Krieg ist bereits im Gange, nur finden die Feindseligkeiten vorübergehend noch auf ukrainischem Gebiet statt. Noch. Diese Wahrheit erreicht langsam einige Eliten des Westens. Der französische Präsident Emmanuel Macron war der Erste, der offen aussprach, was viele noch immer nicht einmal zu denken wagen: Vielleicht müssen wir unsere Truppen in die Schlacht schicken.»
«Pravo»: Enthaltung bei Asylreform ist Zeichen der Schwäche
PRAG: Tschechien hat sich bei der endgültigen Abstimmung im EU-Ministerrat über eine gemeinsame Asylreform enthalten, statt mit Ja zu stimmen. Das kritisiert die linksgerichtete Zeitung «Pravo» aus Prag am Mittwoch:
«Migration ist eine Tatsache. Das, was wir erleben, ist nichts im Vergleich zu dem, was noch kommen wird. Die neuen einheitlichen Regeln, wie man dem begegnen kann, sind das Ergebnis eines Kompromisses. Dass sich in Tschechien kein verantwortlicher Politiker findet, der den Migrationspakt offen und aus Überzeugung verteidigen würde, ist keine gute Visitenkarte für dieses Land. Ähnliches haben wir bei der Istanbul-Konvention oder damals beim Vertrag von Lissabon erlebt. Sich wie jetzt bei der Abstimmung zu enthalten, ist ein Zeichen der Schwäche und eine Form des passiven Widerstands, wie ihn einst die böhmischen und mährischen Abgeordneten im Wiener Reichstag praktizierten. Wir gehen doch nicht wählen, damit sich unsere Politiker bei Entscheidungen enthalten.»
«Wall Street Journal»: Bidens Zölle für China werden Kosten erhöhen
NEW YORK: US-Präsident Joe Biden hat die Zölle für die Einfuhr chinesischer Elektroautos in die Vereinigten Staaten drastisch auf 100 Prozent erhöht und zudem neue oder stark erhöhte Zölle auf andere Produkte wie etwa Solarzellen, Halbleiter und Hafenkräne verhängt. Dazu schreibt das «Wall Street Journal» am Mittwoch:
«Biden versucht, eine schöne neue grüne Wirtschaft in den USA zu schaffen, aber sein politisches Problem ist, dass China den größten Teil davon liefern will. Die Lösung? Neue und strenge Zölle auf chinesische Waren, die die Zölle von Donald Trump bei Weitem übertreffen. (...) Biden befürchtet - und das sollte er auch - dass sein De-facto-Elektroauto-Auftrag die US-Autoindustrie gefährdet. Die Autohersteller haben Tausende Arbeitsplätze abgebaut, um die von der Regierung erzwungene Umstellung auf Elektrofahrzeuge zu finanzieren. (...)
Biden hat versprochen, dass seine grünen Subventionen und Vorschriften Hunderttausende Arbeitsplätze schaffen werden. Aber die Arbeiter sehen sie nicht, und Trump nutzt das Thema (...). Bidens Zölle werden mit Sicherheit die Lieferketten der Unternehmen unterbrechen und die Kosten für US-Verbraucher und Unternehmen erhöhen. Es ist unwahrscheinlich, dass sie die chinesische Politik ändern werden, und sie werden Vergeltungsmaßnahmen gegen US-Waren nach sich ziehen.»
«El País»: Klimakatastrophe in Brasilien
MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Mittwoch die Überschwemmungen in Brasilien:
«Seit zwei Wochen regnet es im Süden Brasiliens unablässig, und das Unwetter, das (...) beispiellose Verwüstungen angerichtet hat, dauert an. Die Überschwemmungen, die am 30. April begannen, haben bereits den Bundesstaat Rio Grande do Sul an der Grenze zu Uruguay und Argentinien verwüstet. Wie Präsident Luiz Inácio Lula da Silva zu Recht betonte, sind der Sturm und seine schrecklichen Folgen «eine Warnung an die Welt: Wir müssen uns bewusst sein, dass die Erde ihren Tribut fordert». (...)
Große Teile des Bundesstaates sind immer noch überflutet, darunter auch die Hauptstadt Porto Alegre, wo die Dämme nicht gehalten haben. Zusätzlich zu schon 147 Toten und 125 Vermissten sind kolossale materielle Schäden entstanden, und Tausende Familien haben alles verloren. (...) Der immense Schaden für die brasilianische Wirtschaft (...) ist noch nicht zu beziffern. (...)
Brasilien und Rio Grande do Sul sollten diesen dramatischen Schlag der Natur zum Anlass nehmen, sich der Dringlichkeit des Kampfes gegen die globale Erwärmung und der zwingenden Notwendigkeit eines Wiederaufbaus unter Beachtung des Umweltschutzes bewusst zu werden. Präsident Lula hat die Pflicht, seinen Worten Taten folgen zu lassen und eine ehrgeizigere Umweltpolitik zu betreiben.»
«de Volkskrant»: Demonstranten müssen Demokratie respektieren
AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kommentiert am Mittwoch die Demonstrationen von Studenten gegen den Gaza-Krieg:
«Dass Studenten demonstrieren, ist vollkommen verständlich. Es ist schwer zu akzeptieren, dass die Netanjahu-Regierung scheinbar unempfänglich für internationalen Druck ist und nun sogar zum Angriff auf Rafah übergegangen ist. (...)
Doch wenn der Protest glaubwürdig bleiben soll, müssen die Organisatoren auch Grenzen setzen. Sie müssen sich klar von den Hooligans und Provokateuren distanzieren, die ihre Identität mit Sturmhauben, Schals und Integralhelmen verbergen. Sie müssen sich von Radikalen distanzieren, die Fahnen verbrennen, und von Protestierenden, die Slogans skandieren, die verletzend und bedrohlich für alle Juden sind, selbst wenn sie gar nichts mit Gaza zu tun haben. (?) Auch wer demonstriert, muss die Grundprinzipien der Demokratie respektieren. Andernfalls kann es leicht geschehen, dass selbst gerechtfertigte Forderungen unbeachtet bleiben.»
«NZZ»: Die Welt könnte vor einem globalen Handelskrieg stehen
ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Mittwoch die von US-Präsident Joe Biden verkündeten Sonderzölle für Elektroautos und andere Produkte aus China:
«Natürlich hat Biden mit seinen Zollerhöhungen auch die amerikanischen Wähler im Blick. Eine harte Haltung gegenüber dem Reich der Mitte verfängt bei vielen Durchschnittsamerikanern. Das hat Trump bewiesen. Die chinesische Regierung dürfte Bidens Ankündigungen allerdings nicht unbeantwortet lassen. Dazu sind die Zollerhöhungen zu umfassend. (?)
Weil aber auch die Europäische Kommission Strafzölle auf eine Reihe von Produkten aus China prüft, könnte die Welt vor einem globalen Handelskrieg stehen, bei dem China sich mehr und mehr unter Druck gesetzt fühlt. Entsprechende Reaktionen, auch politische, sind programmiert.
In der chinesischen Regierung hat sich längst der Eindruck verfestigt, dass der Westen China aus geopolitischen Erwägungen unter anderem mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen einhegen will. Darum ist es der Führung in Peking auch egal, ob der nächste amerikanische Präsident Biden oder Trump heißt; der Druck wird bleiben. China wird darum seine Anstrengungen noch einmal verstärken, vom Westen unabhängiger zu werden. Die Welt teilt sich, die Leidtragenden sind die Konsumenten.»