Von Spielteufeln und Glücksfeen

Was wahre Spielleidenschaft ist, kann man bei Dostojewskys „Der Spieler“ nachlesen. Da er ihr selbst verfallen war, konnte er dank eigener Erfahrung aus dem Vollen schöpfen und die Abgründe mit sprachlicher Virtuosität derart ausloten, dass sie den Leser erschauern lassen. Dostojewsky war Stammgast im Casino von Baden Baden. Mit dem Roman hat er sich selbst ein Denkmal gesetzt. Im Casino selber sucht man vergeblich einen Hinweis darauf, etwa eine Gedenktafel in dieser Art:

Rien ne va plus

„Hier verspielte der berühmte russische Schriftsteller Fjodor Dostojewsky sein Vermögen, das seiner Freunde und Bekannten und seine Selbstachtung. Dafür hat er in diesen Hallen die Inspiration für seinen Jahrhundertroman gefunden. Eigentlich sollte die Welt uns dankbar sein.“ Die Literaturförderung der Spielhölle Baden Baden, gez. von Teufel.

Wer wirklich sehen will, wie es heutzutage zur Sache geht, sollte sich in einem entsprechenden Etablissement umsehen, in welchem Thai-Ladies einen einarmigen Banditen bearbeiten. Da wird rasch klar, wieso die Maschine einarmig ist - der andere ist offensichtlich ihrer Leidenschaft zum Opfer gefallen. Man muss allerdings hinzufügen, dass eine solch rabiate Offenbarung nur in den Casinos im Ausland – Hallo Macau – zu beobachten ist, denn in Thailand sind Glücksspiele verboten.

Ausnahmslos. Sie sind etwa so verboten wie die Prostitution. Wer jetzt lacht, sollte wissen: Darüber zu lachen ist zwar nicht verboten, könnte aber einen Staatsdiener derart irritieren, dass man bei der nächsten Visaverlängerung im Immigration Office plötzlich auf unerwartete Schwierigkeiten stößt. Beamter: „Sie möchten also ihr Ihr Visa verlängern...?“ Expat: „Ja, bitte schön.“ Beamter: „Es gibt da allerdings ein Problem... uns ist bekannt, dass Sie vor dreißig Jahren in einer Bar in Phuket „Tschau Sepp“ mit Schweizer Freunden gespielt haben... trifft das zu?“ Expat: „...Sorry, das war vor 29 Jahren, ich ähm...“ Beamter: „Gut, dann halt 29...macht 29.000 Baht...“

Die Thais gelten als ausgesprochen spielfreudig und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Mit anderen Worten, es wird gezockt und gepokert, dass sich die Balken biegen. Vor allem Kartenspiele sind beliebt, da das Zubehör auf einen Bund Karten reduziert ist, der in eine Hosen- oder Handtasche passt. Im Gegensatz zur Prostitution gibt es keine Anwerbung VOR der Bar, die Kundschaft trifft sich im Hinterzimmer, heimlich und einheimisch. Farangs sind keine Zielgruppe, die Thais bleiben unter sich, aber es gibt Ausnahmen.

Razzia bei den Methusalemen

Wenn die Polizei plötzlich Präsenz markieren will, kann es doch geschehen, dass im Übereifer ein paar unbescholtene Expats ins Fadenkreuz ihrer Ermittlungen geraten. Vor einiger Zeit wurde in Pattaya eine Bridgerunde spielfreudiger Methusaleme gesprengt und die Mitglieder zum Teil in Rollstühlen auf die Wache geschoben, wo sie wie Schwerkriminelle erkennungsdienstlich erfasst wurden. Die Nachricht ging um die Welt und jedermann hatte Mitleid mit den Alten, die kurz vor dem Krematorium eine authentische Erfahrung mit dem Fegefeuer machten. Auch hier ist es nicht angezeigt, sich über die Behörden lustig zu machen. Der Tatbestand der Majestätsbeleidigung kann ziemlich weit interpretiert werden.

Es gibt aber ein legales und staatlich sanktioniertes Ventil für die Spielleidenschaft: die Landeslotterie. Wer ein Los für 100 Baht erwirbt, ist dabei. Die Glücksfee greift alle vierzehn Tage die Gewinnzahlen heraus und es darf in der einen oder anderen Stube ganz legal gejubelt werden. Oder in einer Bar. Ich schenkte den Kellnerinnen meines Stammcafés ein Los und sie gewannen tatsächlich 4.000 Baht. Statt das Geld unter sich aufzuteilen und obwohl sie es selbst bitter nötig gehabt hätten, spendeten sie es einem Kinderheim!

Der Glücksbringer

Eine Nachbarin kaufte auch regelmäßig ein Ticket, aber sie war überzeugt, dass sich das Glück nicht einfach so einstellt, sondern dass es beschworen werden muss. Nicht mit Abrakadabra, aber mit einer guten Tat. Da kam es gerade recht, dass ihre Hündin vier Junge geworfen hatte, wovon eines nur drei Beine hatte. Die gute Frau gab die gesunden Hunde weg und behielt den Dreibeiner, der im Quartier von früh bis spät als tierisches Wahrzeichen herumhumpelte und allen vertraut war. Auf ihn angesprochen und nach dem Grund gefragt, wieso sie ausgerechnet dieses Tier behalten habe, meinte sie nur immer: „Er wird mir Glück bringen, ihr werdet sehen.“ Vor ein paar Wochen hat sie eine Million in der Lotterie gewonnen. Jetzt will hier jeder einen Dreibeiner.


Über den Autor

Khun Resjek lebt mit seiner thailändischen Frau und Tochter in Hua Hin. Seine Kolumne „Thailand Mon Amour“ illustriert auf humorvolle Weise den Alltag im „Land des Lächelns“ aus der Sicht eines Farang und weist mit Augenzwinkern auf das Spannungsfeld der kulturellen Unterschiede und Ansichten hin, die sich im Familienalltag ergeben. Ein Clash der Kulturen der heiteren Art, witzig und prägnant auf den Punkt gebracht.

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Hans Roland 14.03.20 18:41
Schöne Zeit !
Erinnere mich an das tolle "Thai Song Greet Hotel" 100 m vom Bahnhof in BKK entfernt.Im.Hinterzimmer war eine Chinesische Spielhölle,im Restaurant wurden an einer Kreidetafel Studentenausweise und div.Pässe angeboten.Im.ersten Stock befanden sich die Zimmer,ein Chinese in schwarzen kurzen Hosen und grauem.T Shirt bot Ganja,Opium.und Mädchen an.Das Hotel wurde von der Polizei geschlossen.Ein Platz wie aus einem Roman von Jack London.