Das waren noch Zeiten

Bitte nicht lachen: Prostitution ist in Thailand verboten. Wer trotzdem lacht, sitzt einem Missverständnis auf: Prostitution ist verboten, jedoch nicht einvernehmlicher S.. gegen Geld und schon gar nicht das S..-gewerbe per se. Es ist alles eine Frage der Interpretation!

In den entsprechenden „Walking Streets“ der thailändischen Metropolen tummelte sich in den Vor-Corona-Zeiten eine illustre Gesellschaft: Schmalbrüstige Buchhalter saßen an Freilufttresen und warteten darauf, von Dionysos geküsst zu werden, behaarte Berserker ächzten unter der Last ihrer abenteuerlichen Tatoos vorüber, Muskelmänner, die vor lauter Kraft kaum mehr gehen konnten, erheischten Bewunderung von allen Seiten, Jubelgreise, die dem Johannistrieb mit einer Überdosis Viagra noch einmal ein Ventil verschaffen wollten und routinierte Sextouristen, die bestrebt waren, erst mehrmals zu kommen, bevor sie wieder gehen.

Mit anderen Worten: Die Nachfrage war da und da liess das Angebot naturgemäß nicht lange auf sich warten.„Hony soit qui mal y pense.“

Kein Sex in der City

Da der Markt aber erfahrungsgemäß nicht alles von allein regelt, musste die Obrigkeit sich kümmern und klären, wo die Trennlinie zwischen Prostitution und Sexgewerbe verläuft. Da dies ein Balanceakt der besonderen Art war, wurde gelegentlich die Avantgarde der Sittenwächter vom verantwortlichen Dezernat in Bangkok nach Sodom und Gomhorra beordert.

In der Praxis sah das so aus: Der Erzählung eines Insiders zufolge sandten die Behörden ein Team von Inspektoren zur Erkundung und Beobachtung in den vermuteten Sündenpfuhl, um später anhand ihrer Untersuchungsergebisse Maßnahmen ergreifen zu können, wobei eine „ergriffene Maßnahme“ hierzulande meist in diesem Stadium verweilt – nämlich „ergriffen worden zu sein“. Das ist in Thailand ein Synonym für „umgesetzt“.

Aufopfernde Pflichterfüllung

Gesagt, getan. Zur Beweisaufnahme begaben sich die  Sittenritter ohne Furcht und Tadel stracks in die Höhle des Löwen, sprich: in die Bordelle. Beweise gab es bald zuhauf, die observierten Damen hätten gut und gern ein mittelgroßes Fussballstadion gefüllt. Die Männer waren überfordert, nicht nur wegen der Vielzahl, auch wegen ihrer Gewissenhaftigkeit, welche sie bei der Untersuchung an den Tag legten. Einer von ihnen tat sich dabei besonders hervor: Er beorderte  eine „zu Observierende“ zur näheren Abklärung des Sachverhalts in sein „Büro“, das sich umständehalber in seinem Hotelzimmer befand.

Das Verhör dauerte eine turbulente Nacht lang und das Ergebnis war äußerst lohnenswert – für die Dame. Als der Abgesandte der Regierung in den frühen Morgenstunden nach aufopfernder Pflichterfüllung eingeschlummert war, nahm sie fürsorglich seine Dienstwaffe, seine Brieftasche und seine Polizeimarke an sich und suchte das Weite.

Wie die Zentrale in Bangkok auf diesen Vorfall reagierte, hat der Whistleblower nicht verraten. Jedoch ist Fakt, dass Pattaya inzwischen – dank Covid-19 und ausbleibenden „Stoßzeiten“ – für die polizeiliche Feldforschung obsolet geworden ist. Geblieben ist allerdings die Anekdote um den gebeutelten Sittenwächter. Und mehr als das,sie wird an den Stammtischen genüss­lich herumgereicht und auch ausgeschmückt, sogar derart, dass die Dame bestimmt auch noch seine Hose mitgenommen hätte. Ein Polizist ohne Dienstmarke, Brieftasche und Pistole ist schon happig, die Hose musste natürlich auch noch weg – damit war der Schenkelklopfer in den noch verbliebenen Bars auf Generationen hinaus gesichert und wird jede Epidemie überleben.

Endstation: Inaktiver Posten

Da es in thailändischen Beamtenkreisen üblich ist, fehlbare Beamte bis zum Abschluss der Untersuchung zur Strafe auf einen unbedeutenden „inaktiven“ Posten zu versetzen, ist davon auszugehen, dass er jetzt die Briefmarkensammlung irgendeines Provinzfürsten an der Grenze zu Laos ordnen darf. Immerhin verbleibt ihm dadurch noch die Chance, einer weiblichen Bekanntschaft eben mal „seine“ Briefmarkensammlung zu zeigen. Die Pistole und die Dienstmarke würde ich aber an seiner Stelle in der Kaserne lassen. Und die Briefmarkensammlung des Bosses bloß nicht aus den Augen lassen!

Es ist allerdings eher wahrscheinlich, dass man in der Zentrale die Sache unter den Tisch wischte, bis Covid-19 dafür sorgte, dass sich der Sündenpfuhl in eine „Ghost Town“ verwandelte und sich die Angelegenheit somit von selbst erledigte.

Man kann auch davon ausgehen, dass Prostitution in Thailand nicht mehr verboten ist, frei nach nach der zwingenden Logik, dass man nichts verbieten kann, das gar nicht (mehr) existiert…


Über den Autor

Khun Resjek lebt mit seiner thailändischen Frau und Tochter in Hua Hin. Seine Kolumne „Thailand Mon Amour“ illustriert auf humorvolle Weise den Alltag im „Land des Lächelns“ aus der Sicht eines Farang und weist mit Augenzwinkern auf das Spannungsfeld der kulturellen Unterschiede und Ansichten hin, die sich im Familienalltag ergeben. Ein Clash der Kulturen der heiteren Art, witzig und prägnant auf den Punkt gebracht.

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Felix Mueller 06.08.21 13:20
Gar nicht lustig
Meine Frau führte einen Massagebetrieb. Vor über 2 Jahren. Eines Tages kam die Polizei und behauptete, sie würde Prostitution betreiben. Jetzt wurde sie zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt. Für mich ist das ein Todes Urteil, denn ich kann ohne sie nicht leben, ich brauche Hilfe. Notdürftig schaut ihr Vater zu mir.
Josef Siebert 02.08.21 05:11
Einer Ihrer Besten
Humor kann nie schaden. Bitte weiter so .
Norbert K. Leupi 02.08.21 00:30
Alles sehr überzeugend ?
Ich bin Beamter und ein ehrlicher Mann ! - Und ich bin Prostituierte und Jungfrau !
Ralph von Mühldorfer 01.08.21 19:20
nun wissen wir das auch ...
interessant.