Ein Bekannter berichtet, dass er an Songkran bei Korat in den Abendstunden einen Unfall hatte. Ein Thai sei ihm beim Verlassen einer Tankstelle aufgefahren, es soll einen beträchtlichen Sachschaden am Heck gegeben haben.
Er war so geschockt, dass er erst mal völlig unbeweglich sitzen blieb. Der Mann sprach ihn durch das Türfenster an, redete auf ihn ein und hatte unverkennbar eine Alkoholfahne. Ein Tankstellenwärter trat hinzu, er sprach ein bisschen Englisch und versuchte zu erklären, dass der Verursacher keine Polizei wolle und die Sache an Ort und Stelle zu regeln wünsche.
Da „unser“ Mann wusste, dass dies eher unvorteilhaft für ihn ausgehen könnte und ein Polizeiprotokoll zuhanden der Versicherung eine gewisse Gewähr für eine Entschädigung bot, gab er zu verstehen, dass er verletzt sei und nicht aussteigen könne. Er zeigte mit besorgter Miene auf seinen Rücken und machte eine hilflose Geste dazu. Nun war klar, dass man die Polizei rufen musste, die kurz darauf eintraf und den Unfall routiniert aufnahm, während er die ganze Zeit über mit gleichgültiger Miene sitzen blieb.
Showtime
Als das Ende der Prozedur abzusehen war, stieg er aus, besah sich den Schaden aus der Nähe, bedankte sich bei den Polizisten und machte Anstalten, in den Wagen zu steigen und wegzufahren. Die Beamten wollten dies aber um jeden Preis vermeiden, denn sie zweifelten an seiner Fahrtüchtigkeit, weil er seine „Verletzung“ zuvor eine Spur zu überzeugend gespielt hatte. Sie schlugen ihm freundlicherweise sogar vor, ihn ins Spital zu fahren.
Nun war es an ihm, den zerbrechlichen Eindruck, den er mit seiner Schauspielerei sehr überzeugend gemacht hatte, mit einer weiteren Showeinlage zu zerstreuen. Er joggte zweidreimal um den Wagen herum, stand eine Weile auf einem Bein, machte locker ein paar Liegestütze vor den verdutzten Männern und versicherte ihnen, dass alles ok sei und er durch den Aufprall nur kurzfristig geschockt gewesen sei. Die Polizisten steckten die Köpfe zusammen und berieten sich, ob der Sache zu trauen sei. Am Ende einigte man sich auf einen Kompromiss. Sie würden ihn gehen lassen, aber auf der Weiterfahrt eine Weile begleiten, um sicher zu sein, dass er wirklich alle Tassen im Schrank habe. Der ungewöhnliche Auftritt mit Yoga- und Gymnastikübungen kam ihnen dann doch zu exotisch vor, auch wenn ein Farang da aus thailändischer Sicht einen gewissen Spielraum hat.
Mit Polizeieskorte unterwegs
So ging es mit Polizeieskorte ein gutes Stück in Richtung Bangkok, bis die Beamten sich winkend von ihm verabschiedeten. Da sag einer noch ein schlechtes Wort über die Thai-Polizei!
Kriminelle Energie vom Feinsten
Das Ganze hatte aber noch ein Nachspiel. Als der Mann wieder in Hua Hin war, ließ er das Auto reparieren, die Versicherung bezahlte und alles wäre ok gewesen, wenn das Schicksal nicht noch eine kleine Pointe geliefert hätte. Ein paar Wochen nach den Ereignissen war sein Wagen verschwunden und nicht nur das, auch seine Thai-Freundin. Wieder musste er die Polizei bemühen, diesmal brauchte er keine Komödie zu spielen, die Fakten sprachen für sich selbst. Die Dame wurde zur Fahndung ausgeschrieben, die Suche nach dem Auto begann und endete nach drei Monaten mit einem weiteren durchschlagenden Erfolg. Das Gefährt wurde ausfindig gemacht, obwohl die Papiere inzwischen auf den Namen seiner Ex-Freundin umgeschrieben worden waren. So viel kriminelle Energie hätte ihr niemand zugetraut, sie war eine stille, sanftmütige Person von zerbrechlicher Statur und schien mit ihrer träumerischen Verspieltheit nicht ganz von dieser Welt zu sein. Ob sie überhaupt noch auf Erden wandelt ist auch ungewiss, ihre Spur hat sich in den Weiten des Isaan verloren…
Das Auto selbst war in einem ziemlich ramponierten Zustand. Am Heck war eine riesige Delle und die Versicherung scheint es nicht allzu eilig zu haben, den Schaden zu vergüten.
Und die Moral von der Geschicht': Wenn das Schicksal dir eine Delle verpassen will, hast du es schwer, dann gibt es kein Entrinnen.
Über den Autor
Khun Resjek lebt mit seiner thailändischen Frau und Tochter in Hua Hin. Seine Kolumne „Thailand Mon Amour“ illustriert auf humorvolle Weise den Alltag im „Land des Lächelns“ aus der Sicht eines Farang und weist mit Augenzwinkern auf das Spannungsfeld der kulturellen Unterschiede und Ansichten hin, die sich im Familienalltag ergeben. Ein Clash der Kulturen der heiteren Art, witzig und prägnant auf den Punkt gebracht.
Alles Gute für Sie.