Vom Enduro-Rennfahrer zum Hängematten-Produzenten

Peter Schmid – Langzeitresident und Erfinder der Mlabri-Hängematte

Vom Enduro-Rennfahrer zum Hängematten-Produzenten

Vor rund 28 Jahren kam der geborene Zürcher Peter Schmid als Backpacker nach Thailand und wollte eigentlich die ganze Welt bereisen. Doch daraus wurde nichts: Er blieb im Königreich hängen und machte sich unter anderem als Team-Manager des Pai Enduro Teams und als Erfinder der original Thai Hammock, einer handgeknüpften Hängematte, die ursprünglich vom Mlabri-Stamm für den Schweizer produziert wurde, einen Namen.

Als junger Motorradnarr faszinierte ihn vor allem der dichte Dschungel in der Umgebung von Kanchanaburi, "wie geschaffen für unvergessliche Enduro-Touren", so Schmid. Das sprach sich herum. Zuerst begleiteten ihn immer mehr Freunde aus der Heimat auf seinen Cross-Touren um Kanchanaburi und später auch in Phrae und Pai, dann kamen die Freunde der Freunde. "Da dachte ich mir, daraus könnte man doch ein Business machen." So kaufte er mehrere Enduros, unter anderem von KTM, Kawasaki und Honda, und führte abenteuerlustige Motorrad-Urlauber durch unwegsames Terrain. "Die Idee war, den Urlaubern einen Mix aus Touren durch anspruchsvolles Gelände und der Besichtigung verschiedener Sehenswürdigkeiten des Landes zu bieten", erzählt der Langzeitresident.

"Traumjob, bis etwas schief läuft!"

"Natürlich war das schon eine Art Traumjob, doch nur so lange, bis etwas schief läuft! Denn dann wird’s richtig stressig: Die Tour muss abgebrochen werden, die kaputten Motorräder müssen gewaschen, repariert und wieder nachjus­tiert werden. Kurz: Too much work – no money", scherzt der 59-Jährige. Ernsthafte Verletzungen gab es hingegen nur sehr selten: "Im Spital musste ich mich jedes Mal wieder neu vorstellen, wer ich bin und was ich mache, wenn einer meiner Touren-Teilnehmer sich eine Hand oder ein Bein gebrochen hatte. Das waren dann aber auch schon die schlimmsten Verletzungen, da man ja im Gelände auch eine ganz andere Geschwindigkeit fährt als auf der Straße", erklärt Schmid.

Später eröffnete er eine Enduro-Schule: "Größtenteils bestanden meine Schüler aus routinierten Motorradfahrern, die zu Hause eine Straßenmaschine fuhren und einfach mal Gelände-Erfahrung sammeln wollten. Es kamen aber auch viele Enduro-Fahrer, die bei mir ihre Anfänger-Rennlizenz vorbereiten wollten, aber auch ein paar blutige Anfänger, die gerade mal Fahrradfahren konnten."

Bekannt wurde Schmid jedoch als Team-Manager des Pai Enduro Teams. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, neben dem Fahrerteam eine professionelle Begleit-Mannschaft aufzubauen und sich um die Buchhaltung, das Sponsoring und Merchandising zu kümmern. Mit Erfolg: 2007 und 2008 erkämpfte sich sein Team mehrere Titel bei verschiedenen Enduro-Meisterschaften: "Wir fuhren auch auf dem legendären Sechs-Stunden-Rennen in Pattaya. Ich weiß jedoch nicht mehr genau, ob wir den ersten- oder zweiten Platz erlangt hatten. Auf jeden Fall waren wir dabei!", so der Schweizer schelmisch, in bester "Beinhart-Biker-Manier".

Heutzutage fährt er keine schweren Enduro-Maschinen mehr: "Dafür bin ich langsam zu alt geworden. Man muss halt wissen, wann es vorbei ist." Ganz hat er das zweirädrige Gefährt jedoch noch nicht abgeschrieben. Zu dem Interviewtermin in Chiang Mai reiste er eigens mit seiner knatternden Honda Wave den langen Weg aus Chiang Khong an.

Als der gelernte Textilingenieur eines Tages in seiner mexikanischen Hängematte döste, inspizierte er die Fadenführung dieser und überlegte, wie man es wohl besser machen könnte. "Da dachte ich, das ist auch was für Thailand!", so Schmid. Nach seiner Karriere als Enduro-Rennfahrer und Team-Manager wollte er seine zweite Lebenshälfte etwas ruhiger angehen. "Mit einem geringen Startkapital, schließlich musste ich nur ein paar Kilo Faden und Farbe kaufen, begann ich 1988 in meinem Bungalow auf Koh Samui, Hängematten selbst herzustellen. Beim ersten Modell haben meine Freunde gelacht, beim vierten auch. Doch ab dem fünften Modell wollten sie alle eine haben! Doch ich muss dazusagen, dass ich ja als Ingenieur eher technisch versiert bin. Daher brauchte ich auch recht lange, bis ich verstanden habe, was die Leute haben wollen."

Produktion mit Mlabri-Stamm

Mit Hilfe des Shops seiner damaligen Frau in ihrem Gästehaus in Pai begann das Hängematten-Geschäft zu florieren, und immer mehr Großeinkäufer standen bei Schmid vor der Tür. "Da ich bereits aufgrund meiner Motorrad-Touren mit dem Mlabri-Bergstamm befreundet war, einige aus dem Dorf fuhren sogar im Pai Enduro Team, zeigte ich ihnen, wie man Hängematten herstellt. Das war ein großer Erfolg, der Stamm wurde sprichwörtlich aus der Steinzeit in die Neuzeit katapultiert. Das Einkommen aus der Hängematten-Produktion ermöglichte den Eltern, ihre Kinder in die Schule zu schicken."

Später gingen die Mlabri, die von den Thais auch als "Geister der gelben Blätter", auf Thai Phi TongLuang, genannt werden, ihren eigenen Weg. Schmid auch. Er siedelte nach Chiang Khong über und begann dort die Hängematten-Produktion weiter auszubauen. Doch wer ist der "typische" Hängematten-Käufer? "Ohne Klischees zu bedienen, aber den typischen Käufer stellen oft Backpacker, Hippies, Alternative und Rastafari dar. Der Spießbürger hingegen eher nicht!", so der Erfinder der Thai Hammock schmunzelnd. Seine Hängematten gibt’s heutzutage landesweit zu kaufen. Je nach Ausführung, Material und Arbeitsaufwand kosten die handgefertigten Unikate zwischen 1.300 und 4.000 Baht. "An dem günstigsten Modell arbeitet man einen Tag, an dem teuersten hingegen zehn Tage", erklärt er den Preisunterschied.

Ende Mai hat sich Schmid jedoch zur Ruhe gesetzt: "Die Hängematten-Produktion habe ich an die Thai Tribal Crafts Fair Trade Co.,Ltd (TTC) abgegeben, die sich nun um die Produktion und den Vertrieb der Thai Hammock kümmert. Die Firma ist spezialisiert auf den Vertrieb von handwerklichen Produkten der Bergstämme. So bleiben die Arbeitsplätze der ländlichen Bevölkerung erhalten, was mir besonders am Herzen lag." Infos zur original Thai-Hängematte: www.thaihammock.com.

Björn Jahner

Was ist eine Enduro?

Als Enduro (aus dem spanischen: duro = hart, englisch: endurance = Ausdauer), im Deutschen meist Geländemotorrad genannt, wird ein geländegängiges Motorrad mit Straßenzulassung und den dafür notwendigen Sicherheitseinrichtungen bezeichnet.

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