Kurz gefragt - Michael Gwerder

Kurz gefragt mit Michael Gwerder
Kurz gefragt mit Michael Gwerder

Aus der Schweiz in die weite Welt... Die Swiss School Bangkok hat seit August dieses Jahres in dem Schweizer Michael Gwerder einen neuen Direktor. FARANG-Autor Lothar W. Brenne-Wegener traf ihn in seinem neuen Betätigungsfeld und führte mit ihm das folgende Interview.

Herr Gwerder, sind Sie so freundlich und stellen sich den FARANG-Lesern zunächst mit einigen Angaben zur Person vor?

Ich bin Jahrgang 1974, in Zürich geboren, und habe 1994 meine Matura gemacht. Bis Ende 2001 habe ich in Lausanne Deutsch, Englisch, Spanisch und Literatur studiert, bin in den vergangenen 10 Jahren in der Schweiz, Europa und den beiden Amerikas beruflich tätig gewesen, bin verheiratet, habe noch keinen Nachwuchs und – wie sollte es für einen Schweizer anders sein – fröne liebend gern dem Bergsport, u.a. im Winter dem Tourenskilaufen.

Jetzt müssen Sie einem norddeutschen Flachländer aber erst einmal erklären: Was ist Tourenskilaufen?

Das kennen Sie nicht? Da werden künstliche Felle auf den Belag der Ski geklebt, so dass man damit im Tiefschnee bergauf wandern kann, oben wird das Fell entfernt, und das Erlebnis, anschließend auf einer jungfräulichen Pulverschneeabfahrt zu Tal zu gleiten, gerät dabei zum beinahe höchsten Glück.

Sie haben neben Sprachen auch Literatur studiert. Gibt es da irgendwelche Präferenzen?

Als Schweizer nenne ich da natürlich in erster Linie zunächst einmal Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch. Ich bin begeisterter Leser von Dürrenmatt, denn sein Weitblick ins Universelle fasziniert mich immer wieder aufs Neue. Und Max Frisch besticht mit seinem 1971 publizierten "Wilhelm Tell für die Schule". Mit dieser ebenso genialen wie skandalösen Parodie hat er den Schweizern sehr schmerzhaft, aber berechtigt, einen Spiegel vorgehalten. Grundsätzlich finde ich aber alle Literatur lesenswert, welche die klaffenden Abgründe hinter scheinenden Fassaden be- und ausleuchtet.

Wie ging es nach dem Studium weiter?

Im Sommer 2001 habe ich mich im Rahmen eines Austauschprogramms für ein Jahr als Universitätslektor an die Universität von Michigan gemeldet, eine der renommiertesten Universitäten der Vereinigten Staaten. Als dieses Jahr vorbei war, ging es weiter nach Irland, an die Universität von Limerick. Aus den ursprünglich dort einmal vorgesehenen drei Jahren wurde jedoch nur eines. Gegenüber der Weite der USA und der Bedeutung der Universität von Michigan war es mir in der irischen Kleinstadt zu eng. Im Buch von Frank McCourt mit dem Titel "Angela’s Ashes" (deutscher Titel: "Die Asche meiner Mutter"), findet sich übrigens eine recht gute Reflexion dieser "Kleinstadt-Idylle" von Limerick.

Das heißt, Sie suchten nach neuen Herausforderungen?

Genau so ist es. Und diese fand ich 2003 an der Schweizer Schule im südamerikanischen Bogotá, wo ich Deutsch und Englisch unterrichtet und als stellvertretender Schulleiter die zweisprachige Schweizer Maturität eingeführt habe. Kurz bevor von dort 2007 ein weiterer Wechsel mit derselben beruflichen Absicht nach Santiago de Chile anstand, habe ich in der kolumbianischen Hauptstadt noch meine Frau Adriana kennengelernt, und seit August dieses Jahres sind wir nunmehr in Thailand.

Wie kamen Sie nach Südamerika anschließend ausgerechnet auf Thailand?

Asien, so ist ja immer wieder zu hören, ist, wie Lateinamerika, eine Zukunftsregion, und ich wollte selbst erleben, welche Gemeinsamkeiten oder auch Unterschiede es dort zu einem Leben und Schaffen in Südamerika gab. Weltweit gibt es nur 18 Schweizer Auslandsschulen - dagegen stehen 140 deutsche - und nur zwei davon in Asien, wobei die Swiss School Bangkok mit dem Aufbau eines englischsprachigen Profils eine echte Pionieraufgabe übernommen hat, und die Schüler und Schülerinnen auch hierzulande die Schweizer Maturität erwerben können.

Und... können Sie nach vier Monaten Bangkok schon die vorgefundenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Südamerika präzisieren?

Ich habe festgestellt, dass mich Thailand in einigen Bereichen sehr an Kolumbien erinnert: die Vegetation, die Freundlichkeit und Einfachheit der Menschen und – vor allem auch bei der ländlichen Bevölkerung – die Zufriedenheit mit Wenig. Dagegen fehlt das in Südamerika vorherrschende Laute und Raue hier in Thailand völlig! Hinzu kommt, dass in den Tropen die einem Schweizer innewohnenden Charaktereigenschaften sehr stark relativiert werden. Ich bin in den Tropen zum Beispiel viel weniger quadratisch geworden, als ich das noch früher war. Man sollte sich tatsächlich vor Ort das eine oder andere für die eigene Lebensführung abgucken, aber natürlich auch eigene Qualitäten weitergeben.

Werfen wir abschließend noch einen kurzen Blick auf Ihre Tätigkeit als Schulleiter. Was haben Sie hinsichtlich der Swiss School Bangkok für Vorstellungen und Ziele?

Wir möchten die Schule in erster Linie gerne für interessierte Thais öffnen. Eine Öffnung der Schule mit dem Ziel "Thais mit europäischer Bildung", das heißt, ein schweizerisch/deutsches Curriculum, vermittelt in englischer Sprache, ist unsere aktuelle Strategie. Wir haben damit im August dieses Jahres im Kindergarten bis in die 3. Klasse angefangen und werden diesen Weg sukzessive bis in die 12. Klasse fortsetzen, um auch im englischsprachigen Profil einen international anerkannten Schulabschluß, der den direkten Zugang zu den weltbesten Universitäten gewährleistet, anzubieten - so wie es die Zweisprachige Schweizer Maturität für unsere deutschsprachigen Schüler und Schülerinnen ist!

Herr Gwerder, ein Frage zum Schluss: was wären Sie gerne geworden, wenn Sie nicht das wären, was Sie augenblicklich sind?

Oh, da hätte ich viele Träume, für die jedoch mehr als ein einziges Leben vonnöten wären!

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