Herr Botschafter, sind Sie so nett und stellen sich den Lesern des FARANG kurz vor?
Meine Geburtsstadt ist Düsseldorf, wo ich 1961 das Licht der Welt erblickte. Aufgewachsen bin ich allerdings nicht im Rheinland sondern in Hessen. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder im Alter von 21, 20 und 16 Jahren.
Wie haben Sie Ihre Kinder auf das Leben in Laos, einem der am wenigsten entwickelten Ländern der Erde, vorbereitet?
Unsere beiden älteren Kinder studieren in Deutschland und England. Nur unsere jüngste Tochter ist mit meiner Frau und mir nach Vientiane gezogen, wo sie die internationale Schule besucht mit dem Ziel, mit einem IB abzuschließen. Mit unserem Umzug Anfang August 2017 nach Laos sind wir zum ersten Mal nach Südostasien gekommen. Wir hatten zuvor kaum Gelegenheit, uns auf den neuen Posten vorzubereiten. Seit unserer Ankunft waren wir aber schon auf kurzen Reisen in Laos, Vietnam, Kambodscha und Thailand unterwegs und haben erste Eindrücke von den Ländern und Leuten gesammelt.
Laos ist Ihre erste Verwendung als Botschafter. War der Einsatz in Vientiane ihr eigener Wunsch, oder hat das AA Ihnen den Einsatzort vorgegeben.
Laos stand ganz oben auf der Liste der möglichen Posten, auf die ich entsandt werden konnte. Mich reizte die Aussicht, eine kleine Botschaft zu leiten und wieder neue regionale und kulturelle Erfahrungen zu machen. Ganz wichtig aber war auch, dass es eine gute Schule für unsere Tochter gibt und hier die Sicherheitslage und Umweltsituation besser sind als in manchen anderen Hauptstädten.
Wie war Ihre erste Reaktion auf „Laos“, was wussten Sie von diesem Land?
Zwar hatte ich wenig Zeit mich auf Laos vorzubereiten. Dennoch war das Land kein weißer Fleck auf meiner Landkarte, da ich die Geschichte des Landes kannte. Am meisten habe ich mich auf die freundlichen Menschen und die atemberaubende Natur gefreut. Was mich nach meiner Ankunft überrascht und beeindruckt hat: Die in den Städten überall sichtbare Dynamik in der wirtschaftlichen Entwicklung, die Vielzahl der ethnischen Gruppen und die Bedeutung der Religion und der traditionellen Lebensweisen in allen Teilen der Bevölkerung, auch in den Städten.
Welche Ziele haben Sie sich als deutscher Botschafter für die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Laos gesetzt.
Laos ist ein Land im Aufbruch. In wenigen Jahren wird es den Status eines gering entwickelten Landes verlassen. Die Wirtschaft wächst seit Jahren jährlich um die 7 Prozent. Überall im Land wird in Infrastruktur, Landwirtschaft und die noch rückständigen Sektoren Bildung und Gesundheit investiert. Laos möchte und kann sich stärker in den Verbund der ASEAN-Staaten integrieren. Dabei wird es darauf ankommen, alle Laoten teilhaben zu lassen und die Unterschiede zwischen Stadt und Land zu verringern.
Deutschland und Laos feiern dieses Jahr 60 Jahre offizielle Beziehungen. Seit 55 Jahren verbindet uns durch alle politischen Wechselfälle der vergangenen Jahrzehnte eine verlässliche und erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit. Ich möchte, dass unsere Arbeit mit den Schwerpunkten ländliche Entwicklung und wirtschaftliche Integration erfolgreich fortgesetzt wird. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass Politik und Wirtschaft in Deutschland die dynamische Entwicklung in Laos stärker wahrnehmen und sich bietende Gelegenheiten nutzen.
Die Vereinten Nationen ermitteln jährlich den sogenannten Weltentwicklungsindex (Human Development Index), der anhand von durchschnittlichem Pro-Kopf-Einkommen, Lebenserwartung und Bildungsgrad ermittelt wird. Laos rangierte 2016 unter 175 Ländern auf dem Platz 138. Welche Möglichkeiten sehen Sie, daran etwas zu ändern?
Die wichtigen Entwicklungspartner von Laos, wozu auch Deutschland und die EU zählen, legen bei ihren Programmen großen Wert darauf, dass sich die Lebensbedingungen der Menschen verbessern. Den Bereichen Bildung und Gesundheit kommt hier besondere Bedeutung zu. Die laotische Regierung verfolgt einen sozio-ökonomischen Entwicklungsplan, der beide Dimensionen – das Soziale und das Wirtschaftliche – gemeinsam betrachtet. Laos ist insgesamt auf dem richtigen Weg und wird bei dem angesprochenen Index in den nächsten Jahren Fortschritte machen.
Wie können Sie als deutscher Botschafter dazu beitragen?
Als Botschafter engagiere ich mich in der entwicklungspolitischen Diskussion, wie viele meiner Kollegen aus anderen Ländern auch. Ich nehme regelmäßig an Veranstaltungen der Regierung und der Gebergemeinschaft teil und trage dabei die Erwartungen vor, die wir an eine erfolgreiche Zusammenarbeit haben. Die Pflege hochrangiger Kontakte ist wichtig, um die Ziele und Methoden unserer Arbeit in Laos zu unterstützen.
Laos ist ein kommunistisch regiertes Land. Im Nachbarland Vietnam veranlasste die Kommunistische Partei 1986 wirtschaftliche Reformen, genannt Đổi mới (Erneuerung), in deren Folge das Land während der 1990er Jahre ein rapides Wirtschaftswachstum erlebte. Können Sie sich etwas Ähnliches auch für Laos vorstellen?
Laos hat seit den späten 80er Jahren eine ähnliche Entwicklung durchlaufen wie Vietnam. Ohne die Reformen in Wirtschaft und Landwirtschaft wären die anhaltend hohen Wachstumszahlen, die über die Jahre zu den höchsten weltweit zählen, sowie die beginnende Integration in den ASEAN-Verbund nicht möglich gewesen. Aber weil Laos recht klein ist und mit strukturellen Schwächen zu kämpfen hat, ist diese positive Entwicklung und Öffnung nach außen nicht in den Fokus der Weltöffentlichkeit geraten.
Über die KLMV-Länder (Kambodscha, Laos, Myanmar and Vietnam) wird spekuliert, diese Länder seien nicht nur aufstrebende Märkte, sondern auch wegen des niedrigen Lohn-Niveaus für Investoren attraktiv. 2015 lag das durchschnittliche Lohnniveau in Phnom Penh bei 162 US-Dollar, im Vergleich zu 348 US-Dollar in Bangkok. Wie beurteilen Sie diese Spekulationen?
Das niedrige Lohnniveau ist sicher ein wichtiger Anreiz für Investitionen ausländischer Unternehmen. Es müssen aber noch weitere Bedingungen erfüllt sein: ein verlässliches Rechtssystem, gute Infrastruktur und gut ausgebildete Arbeitskräfte. Laos ist schon heute in einigen Branchen durchaus attraktiv für Investoren, nicht nur aus China. Es werden auch immer mehr Firmen aus anderen asiatischen Ländern hier aktiv. Ich bin sicher, dass mit der stetigen Verbesserung der Rahmenbedingungen auch das Interesse europäischer und deutscher Firmen zunehmen wird.
Seit Anfang der 1990er Jahre der Tourismus in Laos privatisiert wurde nimmt die Zahl der Reisenden stetig zu. Die Stadt Vang Vieng, genießt als Partystadt jugendlicher Backpacker allerdings einen schlechten Ruf. Teilen Sie diese Auffassung?
In den letzten Jahren kamen jährlich etwa 30.000 Besucher aus Deutschland nach Laos. Die Touristenzahlen insgesamt lagen in Laos zuletzt bei knapp über 4 Millionen Besuchern im Jahr. Dieses Jahr möchte das Land 5 Millionen Touristen willkommen heißen. Auch wenn die Besucherzahlen insbesondere aus Nachbarländern und ostasiatischen Staaten stetig steigen, dürfte diese Marke schwer zu erreichen sein. Für den Tourismus aus Deutschland und Europa gibt es sicher noch Luft nach oben. Wichtig ist, dass Infrastruktur und Service in dieser Branche kontinuierlich verbessert werden, dann wird der Tourismus im Land in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen als heute schon.
Vang Vieng ist immer noch ein beliebtes Ziel für Backpacker, aber die einstmals chaotischen Zustände sind Vergangenheit. Heute zieht der Ort auch viele anderen Besucher an. Ich war schon zweimal dort und werde auch wieder hinfahren.
Wenn ich Sie fragte, warum ich im Urlaub ausgerechnet Laos besuchen sollte, was würden Sie mir antworten?
Wer Südostasien entdecken möchte, sollte Laos nicht auslassen. Eine relativ kleine Bevölkerung von knapp unter 7 Millionen Menschen lebt verteilt in einem recht großen Land mit ganz verschiedenen reizvollen Landschaften, darunter große zusammenhängende ursprüngliche Gebiete. Besucher können – auch in den Städten – vielfältige traditionelle Lebensweisen erleben. Laos ist ein sicheres und freundliches Land. Wer ein wenig Zeit mitbringt, kann hier viel entdecken.
Wenn Sie nicht gerade als deutscher Botschafter im Land unterwegs sind, womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Freizeit?
Ich lese gern und viel, schwimme regelmäßig und spiele ab und zu Fußball. Die Wochenenden gehören der Familie.
Herr Botschafter, herzlichen Dank für das Gespräch.