Zeitungen zum Geschehen am Donnerstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Berliner Morgenpost» zu Meloni

Es ist eine strahlende Regierungschefin, die in Italien die Mächtigen der G7-Staaten empfängt.

Es ist der Gipfel der Giorgia Meloni. Sie ist die Einzige, die bei den Europawahlen keinen Dämpfer bekommen hat. Sie hat sogar Stimmen hinzugewonnen. Meloni steht für den neuen Rechtspopulismus, der sie Wahlen gewinnen lässt. Auch wenn sie geräuschlos regiert und mit der EU kooperiert - sie ist klug genug, die Milliarden aus den EU-Fördertöpfen mitzunehmen. Aber sie hat längst begonnen, Italien umzubauen. Ihre Leute haben die Macht im Staatsfernsehen übernommen. Die Justiz ist ihr zu links, angehende Richter und Staatsanwälte sollen sich bald einem psychologischen Test unterziehen müssen. Und eine Verfassungsreform soll ihre Macht ausbauen. Von der freundlichen Frau Meloni darf man sich nicht blenden lassen. Sie wird ihren Erfolg auskosten und den Regierungschefs der anderen Staaten deutlich machen, dass sie von gestern sind. Es brechen andere Zeiten an.


«Stuttgarter Zeitung» zu Bafög-Reform

Künftig gibt es 1000 Euro Starthilfe für Studienanfänger aus besonders einkommensschwachen Familien.

Zweitens werden auch die Freibeträge beim Bafög erhöht. Reicht die aktuelle Änderung, um die Trendwende zu schaffen? In der unteren Mittelschicht geraten Familien schnell in die Klemme, wenn sie das Studium ihrer Kinder unterstützen wollen. Ein echter Durchbruch wäre es deshalb, wenn ein regelmäßiger Termin für die Erhöhung des Bafög und der Freibeträge festgelegt würde. Die Ampel ist wichtige Schritte gegangen. Am Ziel angekommen ist sie aber noch nicht.


«Handelsblatt» zur Fed-Sitzung

Im Prinzip ist Powells Pokerface die richtige Strategie.

Damit bewahrt er sich schließlich die größtmögliche Flexibilität. Sollte sich die Inflation in den kommenden Monaten weiter abschwächen, können die Notenbanker die Zahl der geplanten Zinssenkungen immer noch nach oben revidieren. Das könnte in Zeiten turbulenter Märkte als zusätzlicher Booster für die Laune der Anleger wirken. Dann wäre der Effekt jedoch bewusst gewollt und nicht - wie im November - aus Versehen provoziert. Die einzige Frage ist, ob die Anleger Powells vorsichtiges Vorgehen abkaufen.


«Frankfurter Rundschau» zur EM

EM-Turnierdirektor Philipp Lahm müht sich bienenfleißig, dass der Fußball Europa besser macht.

Er wirbt dafür, dass ein großes Sportereignis in einem demokratischen Land stattfindet, das kritische Stimmen nicht in feuchten Kerkern verstummen lässt. Es gibt in der Tat Anlass, die Abwehrkräfte gegen unsere freiheitliche Grundordnung zu mobilisieren, gerade nach der Europawahl, auch gegen rechte Parolen aus dem Bürgertum. Ein so großes Fußballturnier mit Millionen Gästen kann hilfreich sein. Aber seine Heilungskräfte sind begrenzt. Es braucht jetzt eine gut angerührte Melange. Deutschland darf den Gästen nicht das Gefühl vermitteln, Europa sei zu Gast bei Moralisten. Menschenrechte, Nachhaltigkeit und Vielfalt sollten gelebt werden, ohne rechthaberisch daherzukommen, wie das noch bei der Weltmeisterschaft in Katar der Fall gewesen ist.


«Pravda»: Geiselbefreiung ist nur Vorwand für Israels Krieg

BRATISLAVA: Die slowakische Tageszeitung «Pravda» schreibt am Donnerstag zur israelischen Geiselbefreiung im Flüchtlingslager Nuseirat:

«Beim Anblick der Freude der Angehörigen kann man gar nicht anders, als sich über die Befreiung von vier seit dem 7. Oktober von der Hamas festgehaltenen Geiseln mitzufreuen. Für die Regierung von Benjamin Netanjahu kann die Begeisterung vorübergehend die enorme Unzufriedenheit überdecken. Am selben Tag aber hat die Bombardierung des Flüchtlingslagers Nuseirat im Gazastreifen nach offiziellen Angaben 274 Tote und über 700 Verletzte gefordert. Das lokale Krankenhaus sieht laut Ärzte ohne Grenzen wie ein Schlachthof aus. (...)

Trotz des schockierenden Geringschätzens palästinensischer Opfer durch Gerede über die Menschlichkeit der einen und Unmenschlichkeit der anderen lässt sich das Ungleichgewicht nicht mehr übersehen. Für die israelische Militärlogik mögen ein paar Hundert «unbedeutende» Palästinenserleben ein angemessener Kollateralschaden für vier befreite Geiseln sein. (...) Aber Netanjahu muss sich dem Druck von Verwandten der anderen Geiseln stellen. Und die werden sich immer bewusster, dass die vier Geretteten für die Regierung nur einen moralischen Vorwand für die gezielte Vernichtung palästinensischer Zivilisten darstellen.»


«Wall Street Journal»: Die USA haben ein Antisemitismus-Problem

NEW YORK: Zu kürzlichen antisemitischen Zwischenfällen in der US-Millionenmetropole New York schreibt das «Wall Street Journal»:

«Wenn man glaubt, dass die antisemitischen Campus-Proteste (an US-Unis) in diesem Frühjahr nur eine vorübergehende Täuschung waren, dann achte man darauf, was in New York passiert. Am Montag ließen Anti-Israel-Demonstranten nicht einmal zu, dass eine Gedenkfeier für die am 7. Oktober beim Nova Music Festival ermordeten Israelis in Ruhe abgehalten wurde. (...) Auch öffentliche Drohungen und Einschüchterungen nehmen zu. (...) Aber das Zögern von Präsident (Joe) Biden hinsichtlich der moralischen Rechtfertigung von Israels Krieg zur Vernichtung der Hamas hat die Pro-Hamas-Linke in den USA ermutigt. (...)

Am Dienstagabend beschmierten Demonstranten die Häuser von Mitgliedern des jüdischen Vorstands des Brooklyn Museum und das Wohnhaus von Museumsdirektorin Anne Pasternak. Die Vandalen markierten die Türen ihrer Häuser mit umgedrehten roten Dreiecken, einem Symbol, das von (...) dem militärischen Arm der Hamas zur Identifizierung von Zielen genutzt wurde. Diese Familien brauchen jetzt Polizeischutz. Die USA haben ein Antisemitismus-Problem, das in seinem Extremismus zunimmt, und heutzutage ist es hauptsächlich aufseiten der politischen Linken zu finden. Man sollte nicht überrascht sein, wenn es bald in Gewalt ausbricht.»


«El País»: Biden bricht Versprechen in Bezug auf Einwanderung

MADRID: Zur Entscheidung von US-Präsident Joe Biden, die Regeln für Migranten zu verschärfen, die illegal aus Mexiko einreisen, schreibt die spanische Zeitung «El País» am Donnerstag:

«Biden spürt den Druck großer demokratischer Städte, die behaupten, von der irregulären Einwanderung überwältigt zu sein. Er muss zudem im Vorfeld (der Präsidentenwahlen im November) die fremdenfeindlichen Äußerungen seines Rivalen (Donald Trump) kontern (...) Bidens Politik ist weit entfernt von der vorsätzlichen Grausamkeit Trumps, der (als Präsident) die Trennung von Müttern von ihren Kindern angeordnet hatte und für eine Abschreckung durch Terror eingetreten war. Die demokratische Regierung hat die fremdenfeindliche Botschaft vermieden, Einwanderung und Kriminalität miteinander in Verbindung zu bringen.

Dennoch ist dies ein Schritt in die entgegengesetzte Richtung zu dem, was sie dem aufgeschlossenen Flügel der (Demokratischen) Partei und vor allem jenen Wählern versprochen hatte, die aufgrund familiärer Bindungen oder persönlicher Erfahrungen sensibler auf Einwanderung reagieren, hauptsächlich den Latinos. Bidens Kurswechsel entspricht einem weltweiten Trend in den reichen Ländern, in denen die zentralen Kräfte des Systems nicht in der Lage sind, ihren eigenen Diskurs über einen pragmatischen und humanen Umgang mit der Einwanderung zu artikulieren, der die von der extremen Rechten geschürten Ängste entschärfen kann.»


«La Stampa»: Schwierigstes G7-Gipfeltreffen seit Jahrzehnten

TURIN: Zum heute beginnenden G7-Gipfel im süditalienischen Apulien schreibt die italienische Zeitung «La Stampa» am Donnerstag:

«Bei dem heute beginnenden G7-Gipfel in Apulien handelt es sich um eines der schwierigsten Gipfeltreffen seit dem Bestehen dieser Organisation, die zwar weitgehend informell ist, aber nicht ohne Wirkung bleibt, wenn es darum geht, verschiedene Aspekte des politisch-wirtschaftlichen Handelns der Mitgliedsländer zu koordinieren. Die Themen reichen von Kriegen bis zum Klimawandel, aber die sozioökonomischen Veränderungen und die Auswirkungen der neuen Technologien stehen auch im Zentrum. Auch die Strafzölle gegen China, die den Handel zunehmend behindern, sind ein Streitpunkt zwischen USA und EU.

Die Schwierigkeiten ergeben sich aus der Verflechtung dieser Probleme: vor allem Wirtschaft und Geopolitik. Und es ist keine Übertreibung zu sagen, dass diese Verflechtung Europa und das, was von der Weltwirtschaft übrig geblieben ist, ersticken könnte, ganz zu schweigen von den USA, wo die positiven Impulse auf den Finanzmärkten nicht mit einer echten Verbesserung der Kerninflation einhergehen, die die soziale Kluft in einer Situation vergrößert, in der die Unsicherheit über die Präsidentschaftskandidaten nun durch einen «Justizfaktor» verstärkt wird. Hoffen wir aber, dass die gute Luft in Apulien für alle gut ist.»


«The Times»: Blankoscheck für Labour wäre unklug

LONDON: Bei der britischen Parlamentswahl könnte die Labour-Partei Umfragen zufolge einen überwältigenden Sieg einfahren. Dazu meint die Londoner «Times» am Donnerstag:

«Wählt Rishi Sunak: Er wird ohnehin verlieren. Ein inspirierender Wahlslogan ist das nicht. Unter den gegebenen Umständen ist der Premierminister jedoch zu dem Schluss gekommen, dass dies der einzige Pfeil ist, den er noch im Köcher hat. Bei der Vorstellung des Wahlprogramms der Konservativen forderte Sunak die Wähler auf, Sir Keir Starmer nicht den «Blankoscheck» einer übermäßig großen parlamentarischen Mehrheit auszustellen, damit dieser nicht für eine «sehr lange Zeit» an der Macht bleibt. (...)

Vieles von der Labour-Politik - soweit sie bereits angekündigt wurde - erscheint durchaus vernünftig, einschließlich der Reform des Planungssystems und des Gesundheitswesens. Aber eine absolute Mehrheit von, sagen wir, 200 Abgeordneten und eine offizielle Opposition, die auf weniger als 100 Abgeordnete geschrumpft ist, würde Sir Keir tatsächlich einen Blankoscheck ausstellen: die Befugnis, sein Mandat auf jede Art und Weise auszulegen, die er für richtig hält. (...) Die Warnungen der Konservativen vor einer Super-Mehrheit mögen die verzweifelten letzten Atemzüge einer Regierung sein, die auf dem Weg in die Vergessenheit ist. Aber es ist etwas dran an dem Argument, dass manche Erfolge in der Politik zu groß sein können - selbst für die Sieger.»

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