Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Handelsblatt» zum Bundeskanzler

Die Scholz-Krise ist nur Teil der SPD-Krise.

Sollten die Sozialdemokraten nicht schnell in eine vernünftige Spur zurückfinden, geht es ihnen wie den Sozialisten in Frankreich. Die wurden einstellig und mussten ihre Parteizentrale verkaufen. Diesen Weg sollte die SPD-Führung ihrer stolzen Partei ersparen.


«Frankfurter Rundschau» zum Verfassungsschutzbericht

Der Verfassungsschutzbericht für das vorige Jahr fällt so aus, wie man es erwarten konnte: Es gibt immer mehr Extremisten und immer mehr Gewalt.

Zu den Angriffen von innen gesellen sich jene von außen. Russland und China haben Deutschland fest ins Visier genommen. Sie arbeiten mit Spionage, Sabotage und Cyberangriffen. Und sie kooperieren in Teilen mit der AfD. Trotzdem ist etwas anders geworden - etwas, das nicht im Bericht steht. Anders ist, dass eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler in Teilen dieser Republik mittlerweile für die AfD stimmt. Dazu gesellt sich der Aufstieg des Bündnisses Sahra Wagenknecht. Nein, das BSW ist nicht extremistisch. Doch die Vertreterinnen und Vertreter des BSW auf Bundesebene zeigen sich russlandnah. Aus der Stärke von AfD und BSW ergibt sich eine Verschränkung der Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat durch innere und äußere Kräfte. Sie ist in der Nachkriegsgeschichte ohne Beispiel. Und sie stellt auch die Handlungsfähigkeit des Staates infrage.


«Münchner Merkur» zu Thüringen/Ampel

Die Rechtspopulisten der AfD sollte man auf gar keinen Fall wählen, die Links-Rechts-Populisten vom "Bündnis Sahra Wagenknecht" aber bitte auch nicht: So bekommen es die Wähler im wilden Osten täglich gepredigt durch die etablierten Parteien.

Das Ergebnis: Die neue Thüringen-Umfrage sieht AfD und BSW bei fast 50% der Stimmen, während die Ampelparteien zusammen gerade noch auf 13% kommen. Sogar der erste Ministerpräsidentenposten für die Wagenknecht-Partei ist jetzt denkbar, mit der CDU als Mehrheitsbeschafferin. Der Osten entgleist in Zeitlupe. Und je mehr die Etablierten zetern und mahnen, desto größer scheint die Lust dort, gerade das zu tun, was die West-Eliten am meisten schockiert. Die Neigung der Ampelparteien und ihres Mikado-Kanzlers, auch nach dramatischen Wahlniederlagen routiniert wieder zur Tagesordnung überzugehen, in der Asylpolitik, beim Bürgergeld, bringt das Fass zum Überlaufen.


«Rzeczpospolita»: Der EU fehlt der Mut zu Veränderungen

WARSCHAU: Die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» kommentiert am Dienstag die Beratungen über das neue EU-Spitzenpersonal:

«Ein großer Teil der Europäer erwartet große Veränderungen in der EU. Alle fünf Jahre wird dieses Plädoyer gehalten: für die Demokratisierung der Integrationsmechanismen. Doch die Fortschritte in dieser Hinsicht sind eher mäßig. Dass Ursula von der Leyen Chefin der EU-Kommission bleiben soll, wurde bei einem privaten Abendessen aller EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel bestätigt. Als Argument dafür, an ihr festzuhalten, dient der Verweis auf die wachsende Instabilität nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der EU.

Die Europawahl hat katastrophale Ergebnisse für Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz gebracht. Einher ging dies mit einem Anstieg der Unterstützung für die extreme Rechte in den beiden wichtigsten EU-Ländern. Man kann sich jedoch fragen, ob Brüssel nicht genau umgekehrt hätte reagieren müssen: mit einer personellen Revolution, die den seit Jahren anhaltenden Anstieg des Euroskeptizismus vielleicht gestoppt hätte.»


«Svenska Dagbladet»: Mit Frieden meinen Russlandfreunde Unterdrückung

STOCKHOLM: Die konservative schwedische Tageszeitung «Svenska Dagbladet» kommentiert am Dienstag die Kritik an der Unterstützung der Ukraine:

«Das wird als Aufwiegelung zum Krieg angesehen: Die Unterstützung des Rechts der Ukraine, ihre territoriale Integrität und ihr Recht, ihren eigenen Weg zu bestimmen, mit Waffengewalt zu verteidigen.

So klingen Russlands Komplizen auf der ganzen Welt, von Staatschefs wie Ungarns Viktor Orban über nützliche Idioten unter den US-Republikanern bis hin zu Online-Trollen in Kommentarspalten. Sie geben vor, für den Frieden einzutreten, und beschuldigen diejenigen, die ein angegriffenes Land unterstützen wollen, den Krieg zu wollen.

Die Ruhe, die die angeblichen Friedensfreunde bieten, ist trügerisch. Sie stehen auf der Seite des Gewalttäters Russland, so sehr sie sich auch bemühen, nicht so zu wirken. Denn es ist nicht der Frieden, den Russlands Komplizen suchen, sondern eine unterworfene und gehorsame Bevölkerung. Und das nicht nur in der Ukraine.»


«El País»: Umweltschutz in der EU vor ungewisser Zukunft

MADRID: Die EU-Staaten haben in einer knappen Entscheidung ein stark umstrittenes Naturschutzgesetz beschlossen, das vor allem von Landwirten und Konservativen kritisiert wird. Dazu schreibt die spanische Zeitung «El País» am Dienstag:

«Der Umweltschutz steht in der EU wegen des zunehmenden Einflusses der Klimawandelleugner vor einer ungewissen Zukunft (...) Die Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Renaturierungsgesetzes und die Zugeständnisse Brüssels an die populistischen Bewegungen, wie zum Beispiel die Senkung der ökologischen Kriterien für die Auszahlung von Förderungsgeldern, zeigen, welche Hindernisse auf den Grünen Pakt warten. (...)

Der gestern mühsam verhandelte Beschluss ist lediglich ein Symptom der Legislaturperiode, die nach dem 9. Juni (den Europawahlen) bevorsteht, wenn die Konservativen es zulassen, dass sie von ihrer extremen Version in Verlegenheit gebracht werden. Dass die grüne Agenda aus wahltaktischem Kalkül kein vorrangiges Thema mehr ist, ist ein unverantwortlicher Luxus, den sich die EU nicht leisten kann, weil der Klimawandel nicht mehr einfach nur eine Bedrohung, sondern inzwischen eine unbestreitbare Realität ist.»


«The Times»: Macrons politisches Spiel ist riskant

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Dienstag die von Präsident Emmanuel Macron veranlassten vorgezogenen Parlamentswahlen in Frankreich:

«Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat bei den Wahlen zum Europäischen Parlament eine Schlappe erlitten und beschlossen, die politische Situation in seinem Land bei einem vorgezogenen nationalen Urnengang zu «klären». Sein Ziel: die populistische Partei Rassemblement Nationale (RN) sollte auf dem falschen Fuß erwischt und diskreditiert werden, damit sie nicht als ernstzunehmende Regierungspartei erscheint.

Das war von Anfang an ein riskantes Spiel und sieht immer mehr nach einer verlorenen Wette aus. Selten wurde eine Parlamentswahl in Frankreich so kurzfristig angesetzt. Macron erklärte: «Moi ou le chaos» - wählt mich oder das Chaos - aber sein Präventivschlag scheint nach hinten losgegangen zu sein. Meinungsumfragen zeigen, dass das rechtsextreme Bündnis RN mit bis zu 33 Prozent der Stimmen in Führung liegt, gefolgt von einem Linksbündnis, das auf 28 Prozent kommt, und dem Lager von Macron, das mit 18 Prozent weit abgeschlagen ist. (...)

Macrons Kalkül war, dass die Partei RN nach dem Ende seiner Amtszeit in drei Jahren so stark sein könnte, dass sie nicht nur den Regierungschef stellt, sondern auch das Präsidentenamt übernimmt, wenn er jetzt nicht das Parlament auflöst. Das wäre seiner Meinung nach eine politische Katastrophe für Frankreich und Europa. Aber das Heilmittel könnte schlimmer sein als die Krankheit.»


de Volkskrant»: Putin will dem Westen Angst machen

AMSTERDAM: Zum Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Nordkorea heißt es am Dienstag in der niederländischen Zeitung «de Volkskrant»:

«Ob es nun um die Drohung mit Atomwaffen oder die Zusammenarbeit mit seinem nordkoreanischen Pendant Kim Jong Un geht - mit beidem versucht Putin, dem Westen Angst zu machen. (.) Auf den ersten Blick sind Russland und Nordkorea perfekte Partner, die durch ihre Abneigung gegen den Westen verbunden sind. Zuweilen scheint sich sogar ein autoritäres Triumvirat mit China anzubahnen. Hinter den Kulissen steht jedoch ein tiefes Misstrauen zwischen den drei Ländern der Zusammenarbeit im Weg.

Auch wenn Bilder aus Pjöngjang einen anderen Eindruck vermitteln sollen, sind die Beziehungen zwischen Russland und Nordkorea rein geschäftsmäßig. Trotz feuriger Bekundungen einer antiimperialistischer Kameradschaft weiß Kim Jong Un, dass seine Zweckehe mit Putin zu Ende sein wird, sobald Russland auf ihn verzichten kann. Dann wird Pjöngjang wieder an den Rand gedrängt. Bis dahin nutzt Kim die Situation für sich aus.

Putin ist bewusst, dass in Peking Unruhe hinsichtlich der russischen Absichten gegenüber Nordkorea entstehen könnte, da Chinas Staatschef Xi Jinping sowohl Moskau als auch Pjöngjang gegenüber misstrauisch ist und nur ungern außen vor gelassen werden möchte. Die chinesische Regierung hat bislang kaum auf russische Vorschläge für Sicherheitskonsultationen zwischen den drei Ländern oder eine Teilnahme Nordkoreas an russisch-chinesischen Militärübungen reagiert.»


«NZZ»: Schutz des Völkerrechts sollte Anliegen aller Staaten sein

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Dienstag die russlandfreundliche Haltung von Staaten des Globalen Südens zum Ukraine-Krieg:

«Eigentlich kann es keinen Staat kaltlassen, wenn ein Land einen Nachbarn überfällt, seine Städte mit Bomben überzieht und Teile seines Territoriums besetzt. In großen Teilen der Welt wird der Ukraine-Krieg aber als ein Konflikt zwischen Russland und dem Westen gesehen. Gerade in vielen traditionell russlandfreundlichen Staaten hält sich hartnäckig die Ansicht, Kiew habe mit seiner Hinwendung zum Westen den Krieg selbst verschuldet und Russland verteidige sich nur dagegen, dass die Nato in seine Einflusssphäre vordringe. (.)

All dies kann aber keine Rechtfertigung dafür sein, selbst nicht das Gewaltverbot und die territoriale Integrität hochzuhalten. Es geht im Ukraine-Konflikt nicht darum, zwischen Russland und dem Westen zu wählen. Im Zentrum steht die Achtung der elementaren Prinzipien des Völkerrechts, deren Verteidigung im Interesse aller friedliebenden Staaten ist. Es ist bedauerlich, dass es (bei der Ukraine-Konferenz) auf dem Bürgenstock nicht gelungen ist, davon auch Indien, Mexiko, Südafrika, Saudi-Arabien und andere Staaten des sogenannten Globalen Südens zu überzeugen.»

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