Zeitungen zum Geschehen am Montag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Der Standard»: Die Koalition in Österreich ist am Ende

WIEN: Die Wiener Zeitung «Der Standard» kommentiert die Koalitionskrise zwischen ÖVP und Grünen, die wegen der im Alleingang erfolgten Zustimmung der grünen Umweltministerin zum EU-Renaturierungsgesetz ausgebrochen ist:

«In der Koalition herrscht offener Krieg, nicht mit Waffen, aber mit Worten und Paragrafen. Nach der Eskalation des Konflikts scheint eine Rückkehr zur Normalität unmöglich, diese Auseinandersetzung hat eine Wunde in die Regierung gerissen, die nicht mehr heilen kann. Drei Monate vor der Wahl kann das durchaus beabsichtigt sein. Da drehen alle mit Freuden an der Eskalationsschraube, um sich deutlich abzugrenzen und die eigene Position, auch die Weltanschauung klarzumachen. Umweltschutzministerin Leonore Gewessler nahm ihre Berufsbezeichnung ernst, sie stimmte auf EU-Ebene einem lange vorbereiteten Gesetz zu, das die Renaturierung zum Ziel hat.(...) Nehammer kündigte daraufhin an, das Gesetz beim EuGH bekämpfen zu wollen. Darüber hinaus zeigt die ÖVP die grüne Ministerin wegen Amtsmissbrauchs an. Abgesehen davon, dass sich Österreich in der EU der Lächerlichkeit preisgibt: Die Koalition ist an ihrem Ende angelangt.»


«Stuttgarter Zeitung» zu Atomwaffen/Sipri

Der Sipri-Bericht zeigt, dass China erstmals Sprengköpfe in hoher Alarmbereitschaft hält.

Dies ist besorgniserregend, macht Peking doch kein Hehl aus den imperialen Bestrebungen. Auch der Iran steht nach Ansicht vieler Experten kurz vor Fertigstellung einer Atombombe. Zwar bedeuten weniger Atomwaffen nicht eine sichere Welt, auch Abschreckung kann zur Stabilität beitragen. Doch es kommt darauf an, in wessen Händen sich diese Waffen befinden. Viele Regime mit aggressiver Außenpolitik drohen einen Konsens zu gefährden: dass der Einsatz von Nuklearwaffen ein Tabu bleibt.


«Berliner Morgenpost» zur nationalen Bildungsstudie 2024

Durch die Flüchtlingskrise 2015, den Ukraine-Krieg, die Zuwanderung aus anderen Krisenherden werden immer mehr Kinder und Jugendliche ins Bildungssystem aufgenommen.

Wie schnell sie Deutsch lernen, hängt auch von bisherigen Schulerfahrungen ab. Können sie lesen? Haben sie die Grammatik ihrer Muttersprache systematisch gelernt? Für die Lehrkräfte ist dies eine immense Herausforderung. Wie sollen sie unterrichten, wenn ein Großteil der Kinder sie womöglich gar nicht versteht?.


«Frankfurter Rundschau» zu gestiegener Zahl einsatzbereiter Atomwaffen

Es ist in Zeiten der Rückkehr der Großmachtpolitik beunruhigend, aber nicht überraschend, dass die Zahl der einsatzbereiten Atomwaffen im vergangenen Jahr erneut gestiegen ist.

Russland sichert damit den konventionellen Krieg gegen die Ukraine ab, europäische Länder wie Großbritannien reagieren darauf, China bereitet sich auf verschiedene Szenarien der Auseinandersetzung mit anderen Staaten wie den USA vor. Sie sollten bei dieser Art des Wettrüstens Kommunikationskanäle offen halten oder einrichten, damit aus einem Fehlalarm kein Ernstfall wird. Gleichzeitig sollte die internationale Gemeinschaft daran arbeiten, dass nicht weitere Staaten an nukleare Waffen kommen. Beim Iran ist es vielleicht noch nicht zu spät. Sonst droht eine Spirale der Aufrüstung im Nahen Osten. Und wer zu Recht nicht will, dass das Ziel einer atomwaffenfreien Welt eine Illusion bleibt, darf nicht nur selbige fordern, sondern muss auch sagen, wie sie erreicht werden soll.


«Handelsblatt» zu Unternehmen in Sachen Energiewende

Fest steht, ob es um neue Heizungen geht, um CO2-Reduktion bei Unternehmen oder um Wasserstoff: Deutschlandgeschwindigkeit ist out, sich Zeit zu lassen ist in.

Das ist umso erstaunlicher, da längst wissenschaftlicher Konsens darüber herrscht, dass schnelles Handeln gefragt ist. Nur sollen immer die anderen - und vor allem die Politik - bitte schön als Erstes handeln. Nur, auf diesen politischen Masterplan werden die Wirtschaftsakteure vergeblich warten - gerade auch, weil die Sache so unglaublich umfassend und zugleich komplex ist. Mit der Erwartungshaltung an die Politik geht eine Zögerlichkeit in Sachen Energiewende einher, die wir uns längst nicht mehr leisten können.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zum Bundesbildungsministerium

Für das Krisenmanagement der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) spricht es nicht, dass sie sich nach tagelangem beharrlichen Schweigen am späten Sonntagabend von ihrer Staatssekretärin trennt und damit womöglich versucht, durch ein Bauernopfer ihren eigenen Verbleib im Amt zu retten.

Hat sie wirklich nichts gewusst vom Prüfauftrag Sabine Dörings, über den die Öffentlichkeit durch Mails aus dem Ministerium erfuhr? Das ist schwer zu glauben. Eine ergebnisoffene Prüfung wäre gar nicht anstößig gewesen, problematisch wird sie allerdings, wenn es um irgendeine ministerielle Revanche in Gestalt des Entzugs von Fördermitteln aufgrund einer bestimmten Gesinnung ging. Und das war aus Sicht der Ministerin der Fall.


«Washington Post»: Biden sollte auf die Umfragen hören

WASHINGTON: Zu den schlechten Umfragewerten für Präsident Joe Biden vor der Präsidentenwahl in den USA im November schreibt die «Washington Post»:

«Präsident Biden hat ein Umfrageproblem, und er sollte das zugeben. Der Präsident hängt hinter dem vermutlichen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump im Durchschnitt um einen Prozentpunkt zurück. Bidens Zustimmungsrate steht bei um die 38 Prozent - eine der niedrigsten für einen amtierenden Präsidenten seit Jahrzehnten. Das Bild ist noch schlimmer in sogenannten Swing States, wo Biden in fünf der sechs von ihm 2020 gewonnenen zurückliegt (...) Monatelang haben es die demokratischen Strategen, Bidens Wahlkampfteam und sogar der Präsident selbst nicht geschafft, auf diese Zahlen angemessen zu reagieren. (...) Als Reaktion auf diese Ergebnisse hat Biden nicht nur einzelne Umfragen angegriffen, sondern das Umfragewesen allgemein (...) Das ist keine Haltung, auf der man einen Präsidentschaftswahlkampf aufbauen kann (...) Umfragen zurückzuweisen, ist politisches Fehlverhalten und bei dieser bedeutungsvollen Wahl gefährlich für das Land. Statt anzunehmen, dass die Umfragen falschliegen, sollte Biden davon ausgehen, dass sie recht haben - und entsprechend handeln.»


«Rossijskaja Gaseta»: Wozu das Spektakel in der Schweiz?

MOSKAU: Die russische Regierungszeitung «Rossijskaja Gaseta» kritisiert am Montag die Schweiz als Gastgeber der Ukraine-Konferenz:

«Es ist schwer zu verstehen, womit die Schweiz gerechnet hat, indem sie als vorgeblich neutraler Staat eine Konferenz zur Ukraine veranstaltete. Der einstige Ruhepunkt Europas hat den politischen Auftrag von jenseits des Ozeans verfehlt, sie hat ihre völlige Nichteignung als Ort für ernsthafte internationale Gespräche bewiesen. (...) Es verwundert nicht, dass die Schweizer Präsidentin Viola Amherd in ihrer Eröffnungsrede sagte: Ein Friedensprozess ohne Russland ist undenkbar. Doch warum das teure Spektakel, wenn die Schweizer von vornherein verstanden haben, dass diese Aktion null praktische Wirkung hat?»


«La Repubblica»: Putin zunehmend unter Druck

MAILAND: Zu Wladimir Putins Forderungen an die Ukraine für Frieden in der Region schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» am Montag:

«Die aktuelle diplomatische Dynamik Russlands mit Putins «Friedensvorschlag» für die Ukraine verrät in Wirklichkeit die Zweifel und die wachsenden Sorgen des russischen Führers. (...) Tatsächlich wird das Bild für Moskau komplizierter: Bei den Europawahlen sind zwar politische Formationen auf dem Vormarsch, die gegen das Verteidigungsengagement für die Ukraine sind, aber nicht genug, um die Mehrheit zugunsten Kiews zu kippen oder die EU-Politik entscheidend in Richtung einer Abkehr von US-Positionen zu beeinflussen. (...)

Die von den USA, den G7 und einigen Nato-Ländern getroffenen Entscheidungen, die Ukraine finanziell und militärisch weiter zu unterstützen, sind Elemente, die die dringende Wiederaufnahme der Initiativen Putins bedingt haben. (...) Abgesehen vom Propaganda-Charakter seines Vorschlags wird die wachsende Besorgnis Putins immer offensichtlicher.

Wenn Moskau die vollständige Beherrschung des Luftraums verliert, wird es für die die Armee immer schwieriger, an der breiten Frontlinie im Donbass schnell voranzukommen. Dies wird mit Sicherheit zu einer Schwächung der Verhandlungsposition Moskaus bei künftigen Gesprächen führen. In diesem verwirrenden Gesamtbild steht fest, dass Russland den Kampf um die politische Kontrolle oder den Einfluss auf die Ukraine bereits verloren hat.»


«De Tijd»: Friedensverhandlungen sind kaum näher gerückt

BRÜSSEL: Die belgische Zeitung «De Tijd» kommentiert am Montag die Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz:

«Russland war nicht eingeladen, die Supermacht China nahm nicht teil und andere wichtige Länder wie Indien, Brasilien und Südafrika schickten weniger hochrangige Vertreter. Zudem wurde die Abschlusserklärung nicht von allen Teilnehmern unterzeichnet, obwohl sie gar nicht besonders scharf formuliert war. Für eine Reihe von Ländern ist der Krieg in der Ukraine ein weit entfernter regionaler Konflikt, in dem sie nicht Partei ergreifen wollen oder können.

Ja, es gibt eine breite Unterstützung für die Ukraine - zumindest in Worten. Nein, Moskau ist nicht völlig isoliert. Das ist die Schlussfolgerung, die man aus dieser Konferenz ziehen kann. Wirkliche ernsthafte Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau zur Beendigung des Krieges sind dadurch kaum näher gerückt.

Die Kämpfe vor Ort gehen weiter. Russland ist hier im Vorteil. Die Ukraine ist in der Defensive und kann nicht viel mehr tun, als russische Angriffe abzuwehren. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass es für Russland praktisch unmöglich ist, den Krieg zu gewinnen, weil die Ukraine starke Verbündete hat. Das muss Putin inzwischen klar sein. Beide Lager sind zwar kriegsmüde. Aber noch ist keines von beiden bereit, schmerzhafte Zugeständnisse zu machen, die zu einer Friedensvereinbarung führen könnten.»


«Tages-Anzeiger»: Frieden lässt sich nicht herbeireden

ZÜRICH: Zur Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz meint der Zürcher «Tages-Anzeiger» am Montag:

«Frieden lässt sich nicht herbeireden, Frieden ist nur möglich, wenn beide Kriegsparteien ihn anstreben. Oder wenn eine Partei gewinnt und den Frieden erzwingt. Beides ist nicht der Fall. Vor allem ist Russland nicht an einem Ende der Kämpfe interessiert. Das zeigt das kurz vor Konferenzbeginn von Putin ventilierte sogenannte Friedensangebot, das nichts anderes ist als eine arrogante Aufforderung zur Kapitulation. (.)

Leider ist es wohl illusorisch, anzunehmen, dass die Ukraine das gesamte Staatsgebiet zurückerobern kann. Die Verzögerungen der westlichen Hilfe haben es den Russen erlaubt, die Frontlinien so stark zu befestigen, dass sie kaum mehr durchbrochen werden können. Die Ukraine sollte jedoch in die Lage gebracht werden, die russischen Streitkräfte entscheidend zu schwächen, damit sie nicht noch weiter vorrücken. Die Zeit drängt, in Washington will Putin-Bewunderer Donald Trump zurück ins Weiße Haus.

Über einen Frieden, der nichts zu tun hat mit einem russischen Diktatfrieden, kann man erst reden, wenn die Ukraine wieder eine Position der Stärke eingenommen hat. Dann kann sie mit den Russen verhandeln. Spekuliert wird, dass das in der Wüste Saudi-Arabiens geschehen soll. Auf dem Weg dahin war das Treffen in der kühlen Bergluft auf dem Bürgenstock ein erster Schritt.»

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