Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Le Monde»: EU muss gemeinsam in Zukunft ihrer Industrie investieren

PARIS: Zur Industriepolitik Europas angesichts der Konkurrenz durch China und die USA schreibt die französische Tageszeitung «Le Monde» am Dienstag:

«(...) In der Tat häufen sich die Bedrohungen für die europäische Industrie. Auf der Pekinger Automobilmesse, die bis zum 4. Mai läuft, zeigen die chinesischen Hersteller die Maßlosigkeit ihres Geschäftsmodells, das ihre Konkurrenten auf dem alten Kontinent in Angst und Schrecken versetzt. (...) Die Wolken kommen auch aus den USA, mit dem Inflation Reduction Act, diesem Hilfsprogramm in Höhe von fast 370 Milliarden Dollar, das die grüne Wende der US-Industrie beschleunigen soll (...).

Die Unternehmerlobbys in Frankreich, Italien und Deutschland sind der Ansicht, dass die europäische Industrie ohne eine stärkere Reaktion niedergewalzt wird. (...) Als Reaktion darauf hat die EU-Kommission in Brüssel staatliche Beihilfen in größerem Umfang genehmigt, eine Liste der kritischen Rohstoffe erstellt (...) und ihre handelspolitischen Schutzinstrumente gestärkt. Das ist eine wichtige Wende. Aber sie reicht angesichts der chinesischen und amerikanischen Dampfwalzen bei Weitem nicht aus.

Um den Anschluss nicht zu verlieren, fehlt der EU der Lebensnerv der Industrie: Geld, das heißt ein großes EU-weites Budget, das das 2026 auslaufende Konjunkturprogramm ablösen und gemeinsame Investitionen ermöglichen könnte. (...) Von einer gemeinsamen Wirtschaftsstrategie hängt die Fähigkeit der EU ab, Innovationen und hochwertige Arbeitsplätze hervorzubringen und ihr wertvolles Sozialmodell zu finanzieren. Also nichts Geringeres als ihre Zukunft und ihr Platz in der Welt.»


«Hospodarske noviny»: Debatte über EU-Austritt ist absurd und dumm

PRAG: Vor 20 Jahren, am 1. Mai 2004, sind Tschechien, Polen, die Slowakei und sieben weitere Staaten der EU beigetreten. Dazu schreibt die liberale Zeitung «Hospodarske noviny» aus Prag am Dienstag:

«Wir Tschechen reden ständig darüber, ob wir in der EU bleiben oder uns für einen Czexit entscheiden sollen. Das ist eine völlig stupide Debatte. Wir dürfen uns nicht zu der Hirnlosigkeit verleiten lassen, dass Tschechien die EU-27 verlassen sollte. Stattdessen sollten wir eine ganz andere Debatte führen, dafür aber mit aller Kraft: Lasst uns endlich laut und stolz sagen, dass (auch) wir die EU sind. Und lasst uns gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten eine Vision erarbeiten, wie sich die Gemeinschaft verändern und entwickeln soll. Von der absurden Debatte, ob man weiter in der EU sein soll oder nicht, sollten wir zu der Frage übergehen, welche Europäische Union wir künftig gerne hätten. (...) Ein Beispiel ist die Verteidigungspolitik: (...) Man muss alles versuchen, um das amerikanische Interesse an Europa aufrechtzuerhalten, aber man muss zugleich so viel wie möglich unternehmen, um die Verteidigungszusammenarbeit innerhalb Europas zu stärken.»


«The Times»: Über Invasion von Rafah muss Israel allein entscheiden

LONDON: Zum Gaza-Krieg meint die Londoner «Times» am Dienstag:

«Nach fast sieben Monaten Krieg in Gaza gerät Israel unter Druck, sein Vorgehen gegen die Hamas zu überdenken. Insbesondere die Biden-Administration hat die Regierung von Benjamin Netanjahu gedrängt, von einer umfassenden Invasion von Rafah, der südlichen Grenzstadt des Gazastreifens zu Ägypten, abzusehen. (...)

Israel wird gesagt, dass es an einer Weggabelung angelangt sei; dass es sich entscheiden müsse zwischen der Isolation, die aus einer endlosen militärischen Besatzung resultiert, und Zugeständnissen in Bezug auf eine palästinensische Staatlichkeit, die den Weg für ein breiteres regionales Sicherheitsarrangement ebnen könnten. Viele Israelis lehnen es verständlicherweise ab, dass sie vor eine strategische Wahl gestellt werden, selbst wenn es um befreundete und ihnen wohlgesonnene Verbündete geht. (...)

Nur wenige Nachbarn Israels scheinen etwas dagegen zu haben, dass die Hamas, die nur wenige Freunde in der Region hat, gebändigt oder gar enthauptet wird. Aber alle fürchten eine Radikalisierung der palästinensischen Diaspora. Israel weiß das besser als der mit erhobenem Zeigefinger agierende Westen. Die schwierige Entscheidung, die vom Timing und diplomatischen Manövern abhängt, muss Israel allein treffen.»


«Washington Post»: Uni-Demos könnten politische Kultur der USA stärken

WASHINGTON: Zu den Protesten gegen den Gaza-Krieg an US-Universitäten und antisemitischen Vorfällen im Zuge dieser Demonstrationen schreibt die «Washington Post» am Dienstag:

«Antisemitismus ist widerlich und widerspricht demokratischen Werten. Institutionen, die ihn verurteilen, machen von ihrem Recht auf «Gegenrede» guten Gebrauch. Doch was sollen sie darüber hinaus tun? Die freie Meinungsäußerung ist für die Demokratie auch unentbehrlich. (...) Illiberale Amtshandlungen sind die falsche Antwort auf illiberale Worte.

Glücklicherweise bietet die Verfassung in der Auslegung des Obersten Gerichtshofes Leitlinien, die sowohl ausgewogen als auch äußerst praktikabel sind. Der erste Verfassungszusatz schützt sogar höchst anstößige oder bigotte Äußerungen - sofern es sich nicht um tatsächliche Belästigung, Bedrohung oder Aufstachelung zur Gewalt handelt. Und er erlaubt provokative Demonstrationen, die vernünftigen und eng zugeschnittenen Beschränkungen darüber unterliegen, wie, wann und wo sie stattfinden. Regeln müssen unparteiisch durchgesetzt werden, und zwar auf eine Weise, die das Gericht als «standpunktneutral» bezeichnet hat.

Die politische Kultur der USA steht unter Druck, könnte aus diesem Moment aber gestärkt hervorgehen, was sowohl ihren Widerstand gegen Antisemitismus als auch ihr Engagement für die Redefreiheit angeht. Mit genügend Entschlossenheit, Verfassungstreue und moralischer Klarheit wird sie das auch.»


«La Vanguardia»: Viel Lärm um wenig

BARCELONA: Die spanische Zeitung «La Vanguardia» kommentiert am Dienstag die Entscheidung des spanischen Regierungschefs Pedro Sánchez, im Amt zu bleiben:

«Pedro Sánchez hat sich selbst in Schwierigkeiten gebracht, als er am vergangenen Mittwoch seinen legendären Brief veröffentlichte und damit die Tür für seinen möglichen Rücktritt öffnete. (...) Es handelte sich dabei nicht um eine Pose, sondern er fühlte sich als Opfer einer gegen seine Umgebung gerichteten Kampagne, um ihn zu brechen. (...) So konnte er seiner Klage über die abstoßenden Praktiken einiger politischer, medialer und juristischer Kreise Nachdruck verleihen. (...)

Das Problem für Sánchez ist, dass seine Entscheidung nicht unbedeutend war: Er hat das Land fünf Tage in Atem gehalten, wie es noch kein politischer Anführer zuvor getan hat. In einer solchen Situation wäre es normal gewesen, im Amt zu bleiben oder nach Hause zu gehen, aber nicht so lange eine Hamlet-Debatte in der Öffentlichkeit zu führen. (...) Nur zu sagen, dass er an der Spitze der Regierung weitermachen wird, «wenn möglich mit mehr Kraft», wird die These all derer nähren, die glauben, dass es sich von Anfang an um ein Theater handelte. Auf jeden Fall sieht es nicht so aus, als ob er so (...) das politische Klima verbessern könnte. Vielmehr wird die Opposition sich ermutigt fühlen, ihn nun noch heftiger zu kritisieren.»


«Tages-Anzeiger»: Islamismus bleibt eine Bedrohung

ZÜRICH: Zur Islamisten-Demonstration in Hamburg heißt es am Dienstag im Schweizer «Tages-Anzeiger»:

«Jüngere Islamisten haben oft nur einen Pass - den deutschen. Palästinenser, Libanesen oder Syrer wiederum lassen sich meist nur mit größter Mühe oder gar nicht in ihre frühere Heimat abschieben. Die Behörden konzentrieren sich dabei zu Recht auf terroristische Gefährder und verurteilte Straftäter. (.)

Neben dem Kampf gegen den Rechtsextremismus bündelt der Staat seine Kräfte seit Jahren vor allem gegen den muslimischen Extremismus. Ihn zu beobachten und mit den Mitteln des Rechtsstaats einzudämmen, hat oberste Priorität.

In der Politik links der Mitte fehlt es hingegen oft noch an der Einsicht, dass der Staat auch gegen islamistische Propaganda unterhalb der Strafbarkeitsschwelle robuster vorgehen sollte, um Druck auf deren Verbreiter auszuüben. Verbote allein lösen das Problem jedenfalls nicht, das belegt schon der Umstand, dass Deutschland sich jetzt mit Nachfolgern von Organisationen herumplagt, die bereits einmal verboten wurden. Der Islamismus wird auf absehbare Zeit eine Bedrohung bleiben.»


«NZZ»: Islamismus muss auch politisch stärker bekämpft werden

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Dienstag die Reaktionen in Deutschland auf die Islamisten-Demo in Hamburg:

«Deutschlands Linke ist noch immer nicht in der Realität der von ihr gefeierten Migrationsgesellschaft angekommen. Sonst wäre der Aufschrei nach der islamistischen Kundgebung am Samstag in Hamburg größer. Dort waren es schließlich neben Neuankömmlingen und Migranten der zweiten und dritten Generation auch Deutsche mit Migrationshintergrund, die sich hinter verfassungsfeindlichen Parolen wie «Kalifat ist die Lösung» versammelten.

Auf Feinde der freiheitlichen Demokratie wird offenbar nur dann aus allen politischen und zivilgesellschaftlichen Rohren geschossen, wenn sie Müller oder Meyer heißen und ein rechtsextremes Weltbild haben. Die Bekämpfung von religiösem Extremismus mit Migrationshintergrund hingegen genießt keine politische Priorität. (.)

Sicher, auch linke Politiker sehen, dass der Islamismus ein Problem ist - aber erst da, wo er die Strafbarkeitsgrenze überschritten hat. So wichtig und richtig Rufe nach Polizei und Gerichten sind: Damit ist es nicht getan. Vielmehr bedarf es einer politischen und gesellschaftlichen Anstrengung, um den islamistischen Sumpf trockenzulegen.»


Internationale Pressestimmen zum Spiel Bayern München - Real Madrid

MÜNCHEN: Der FC Bayern und Real Madrid trennen sich in einem packenden Halbfinal-Hinspiel der Champions League mit 2:2. Das schreibt die internationale Presse.

Spanien:

«Mundo deportivo»: «Ein Duell, in dem beide Mannschaften ihre Momente hatten. (...) Ein Unentschieden, mit dem keine der beiden Mannschaften zufrieden war, denn sie hatten aufgehört, zu spekulieren und wollten mehr Tore. (...) Im Bernabéu entscheidet sich, wer einer der beiden Finalisten sein wird.»

«As»: «Für Vinicius gibt es keine Hölle. Der Brasilianer brachte Madrid in Führung und machte den Ausgleich in München perfekt. Ancelottis Team atmete dank eines außergewöhnlichen Kroos auf, (..). Vinicius war etwas anderes, ein Teufel.»

«Marca»: «Vini entscheidet über ein Finale im Bernabéu. Der Brasilianer eröffnet das europäische Clásico nach einem stratosphärischen Pass von Kroos und rettet Madrid am Ende mit einem Elfmeter gegen unwiderstehliche Bayern, angeführt von Musiala und Sané. (...) München. Bayern. Synonyme für Leiden, für Qual, ganz besonders in einem Europapokal-Halbfinale.»

«El País»: «Madrid stirbt nie.»

Frankreich:

«Le Parisien»: «Und nun? Rendezvous am 8. Mai, das Rückspiel in Spanien, für das es sich lohnt, sich den Abend freizuhalten.»

Schweiz:

«Blick»: «Schon wieder ein mitreißendes Hinspiel mit mehreren Wendungen in der heißen Phase der Champions League! Wie schon oft in dieser Saison. Jetzt auch im Halbfinal zwischen den beiden Giganten Bayern und Real. Viele Chancen, viel Herz, zwei Penaltys, ein 2:2.»

«Tagesanzeiger»: «0:1, 2:1, 2:2 ? Bayern mit Willen, Real mit Abgeklärtheit.»

Großbritannien:

«The Guardian»: «Das Rückspiel nächste Woche im Bernabéu verspricht ein Kracher zu werden!»

«The Sun»: «Harry Kane hat den ersten der beiden Kämpfe mit Jude Bellingham gewonnen. Aber ob der Kapitän Englands es bis nach Wembley schafft, bleibt abzuwarten.»

Italien:

«La Gazzetta dello Sport»: «Im Rückspiel am kommenden Mittwoch (8. Mai) ist noch alles möglich. Zwischen zwei Teams, die mit Talent und Entschlossenheit ein weiteres denkwürdiges Spiel des Wettbewerbs lieferten.»

Österreich:

«Kleine Zeitung»: «Fragt man Fußball-Fans danach, warum sie den FC Bayern nicht ausstehen können, bekommt man sehr oft die Antwort zu hören, dass der Dusel und der Umgang mit den damit eingefahrenen Erfolgen den deutschen Rekordmeister, der noch dazu oftmals kein spielerisches Feuerwerk abbrannte, sondern durch Effizienz auftrumpfte, jahrzehntelang so unsympathisch gemacht hat. Wer sich das Halbfinal-Hinspiel der Champions League zwischen den Bayern und Real Madrid angeschaut hat, dachte sich lange, dass sich die Rollen vertauscht haben.»

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