Beckenschwimmer wollen «oben mitspielen»

WM-Silber motiviert weiter

Foto: epa/Patrick B. Kraemer
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YEOSU (dpa) - Auch heftiger Regen und Wellen können Finnia Wunram nicht aufhalten. Die 23-Jährige gewinnt Silber. Die Euphorie aus dem Freiwasser ist bei den Beckenschwimmern um «Topstar» Florian Wellbrock angekommen. Die Wasserballer durften sich auf eine Belohnung freuen.

Die Freiluft-Fete soll auch unters WM-Hallendach getragen werden: Beflügelt vom «historischen Ereignis» bei den Freiwasserschwimmern wollen die Becken-Asse in Südkorea nachlegen. «Die Euphorie ist schon in der Mannschaft angekommen», sagte Teamchef Bernd Berkhahn am Freitag. Zwei Tage bevor seine Sportler erstmals in der Halle angreifen wollen, kämpfte sich Finnia Wunram zum Abschluss der Wettbewerbe im Hafenbecken von Yeosu durch Sturm, Regen und Wellen zu Silber über 25 Kilometer. Wasserball-Bundestrainer Hagen Stamm erlebte mit seinem Team in einer packenden Partie die «süßeste Niederlage» seiner Karriere und ist dem WM-Ziel ganz nah.

Mitreißende Weltmeisterschaftsauftritte versprach auch Berkhahn, während sein aussichtsreichster Goldkandidat Florian Wellbrock im Becken seine Bahnen zog. «Wir wollen hier wieder mitspielen in der Weltspitze, mit dabei sein und für Aufmerksamkeit sorgen», sagte Berkhahn. Medaillenziele nannte er keine.

Das tat auch Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen nicht, doch Angst vor einer Nullnummer wie zuletzt zweimal bei Olympischen Spielen scheint er nicht zu haben. «Ich bin überzeugt, dass wir in Gwangju deutsche Beckenschwimmer sehen werden, die sich in Final- und Medaillenrängen wiederfinden werden», sagte er.

Für die Rolle des Hoffnungsträgers ist derzeit niemand besser geeignet als Zehn-Kilometer-Champion Wellbrock. Seinen WM-Titel habe der 21-Jährige erstmal verarbeiten müssen, sagte Berkhahn. Doch Sorgen macht sich der Trainer des Ausnahmekönners nicht: Er sei «positiv überrascht», wie gut Wellbrock dies gelinge. Zudem sei sein Schützling «sowohl physisch als auch psychisch» in einer guten Verfassung.

Dasselbe konnte man wahrlich auch von Wunram behaupten. In ihrem über fünfstündigen Rennen bei widrigen Bedingungen musste sich die 23-Jährige am Ende nur Ana Cunha aus Brasilien geschlagen geben. «Ich bin gerade einfach nur froh, dass es durch ist. Dass da Silber bei rausgesprungen ist, ist natürlich noch umso schöner», sagte Wunram fröstelnd, aber glücklich. Ihr Akku war leer. «Vielleicht ein bisschen feiern, vielleicht ein bisschen Kuchen», meinte sie zum weiteren Tagesprogramm.

Ihr Coach Berkhahn freute sich im rund anderthalb Stunden entfernten Gwangju mit ihr. Um das Rennen am Bildschirm verfolgen zu können, habe er sich extra einen neuen Datenpass gekauft. Die letzten 200 Meter verpasste er trotzdem - «Verbindung abgerissen».

Zweimal Gold, einmal Silber, zweimal Bronze lautet die Bilanz der Freiwasserschwimmer. «Insgesamt war diese ganze Woche der Hammer für uns», fasste Freiwasser-Bundestrainer Stefan Lurz die erfolgreichsten Weltmeisterschaften seines Teams seit 2013 zusammen. Kurschilgen sprach auch mit Blick auf erstmals vier deutsche Olympia-Starter in dieser Disziplin gar von einem «historischen Ereignis».

Lurz hofft nun, «dass das jetzt ein bisschen ins Becken rübergetragen wird für die kommende Woche». Auch er dachte an Wellbrock: «Da hilft es natürlich, so einen "Topstar" dabei zu haben.»

Einen wirklichen Topstar hat Stamm bei seinen Wasserballern nicht dabei. Seine Mannschaft überzeugt bei der WM dafür mit Willen und Teamgeist. Beim 7:8 (2:1, 2:3, 3:2, 0:2) gegen Italien zeigte Deutschland seine bislang beste Turnierleistung, schnupperte lange am sensationellen Sieg gegen den Olympia-Dritten und sicherte Rang zwei ab.

Dafür wollte Stamm sein couragiertes Team belohnen. «Ich werde heute ein Bier ausgeben für die Jungs, vielleicht auch zwei», kündigte der deutsche Mr. Wasserball an. Ein Sieg am Sonntag (11.30 Uhr/MESZ) gegen das internationale Leichtgewicht Südafrika bringt bei der ersten WM-Teilnahme seit sechs Jahren das ersehnte Viertelfinale.

Abseits des Wassers erklärte Kurschilgen, sich im Zwist mit dem früheren Chefbundestrainer Henning Lambertz nicht mehr äußern zu wollen. «Wir sollten uns jetzt auf das Wesentliche konzentrieren», sagte er und meinte den Sport.

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