Wilhelm, Witwer, 66 Jahre alt, kam nach seinem letzten Urlaub in Deutschland voller Empörung an unseren Stammtisch und berichtete, dass man ihn zu Hause, in Old Germany, wie einen Aussätzigen, wie einen Kriminellen behandelt hätte. Und warum? Er hatte sich dazu bekannt, gelegentlich hier in Thailand sexuelle Angebote gegen Geld angenommen zu haben.
Carlos meint, die Frage, ob Sex gegen Geld okay ist, muss jeder für sich selbst beantworten. Sie ist moralischer Natur, und was jeder Einzelne für sich als moralisch definiert ist seine Privatsache. Die sogenannte "öffentliche Moral" darf man wegen ihrer instrumentarisierten und völligen Verlogenheit ruhig außer Acht lassen.
Die ATM-Maschine der gesamten Familie
Aber eines möchte er doch gern deutlich machen: Als Farang, der mit einer Thai verheiratet ist, zahlt man auch, zahlt und zahlt. Man ist die ATM-Maschine der Familie. Ist es in Europa anders? Dort verfügt die Ehefrau im Zweifelsfall über die Zweit-Kreditkarte des Mannes oder über sein Konto.
"Schämst du dich nicht?" wurde Wilhelm in Deutschland gefragt.
"Du nutzt diese armen Geschöpfe aus, die sich aus Not prostituieren müssen."
Carlos kennt diese Neiddiskussionen schon länger, weiß auch, dass sie mit der Wirklichkeit nur wenig zu tun haben.
Die süßesten Früchte kriegen die Europäer eher nicht, es sei denn, sie machen Urlaub in Thailand. Dann nutzen sie diese natürlich gerne und ausreichend oder gar ausschweifend, um zu Hause wieder den Biedermann zu spielen.
Carlos lebt schon zu lange hier, so dass viele Fragen ihn gar nicht mehr berühren. Dass die sexuelle Freiheit hier total akzeptiert ist, dass jeder hier nach seiner Fasson leben kann, ist längst das weltweite Markenzeichen von Pattaya geworden.
Jeder weiß, dass Thailand neben all den kulturellen Attraktionen und Aktivitäten auch Sex im Angebot hat. Da gibt es junge Frauen, die scharf sind auf einen Farang für eine Nacht oder für immer. Da gibt es Lady-Boys, die in der Lage sind, einen Farang aus seiner Lebenskurve zu schleudern, oder junge Männer, die frustrierte europäische Senioren über Nacht in Sexhelden verwandeln.
Tatsache ist: Thailand steht nicht nur für Kultur, für gutes Essen, für Buddhismus und angenehmes Klima. Viele, wenn nicht die meisten Touristen, zieht es nach Thailand wegen des Sex.
Und warum? Weil sie in Europa davon seit Jahren nichts mehr bekommen haben oder nicht genug. Arme Kerle, die vielleicht nicht attraktiv genug sind oder schon zu alt. Das spielt hier alles keine Rolle. In Thailand können sie wieder auftanken.
Carlos war schon in vielen Ländern unterwegs. Aber er hat noch kein Land außer Thailand kennen gelernt, wo ein Blick so oft zum Kontakt führte, eine erste Begegnung ins Bett und die nächste eine Hochzeit einleitete. Hier trifft man wirklich Menschen, die einem mit einer Offenheit begegnen, als sei man seit Jahren miteinander vertraut. Hier trifft man überall Menschen, die einen verzaubern mit Blicken, mit Bewegungen, mit Anzüglichkeiten wie soll man das den Leuten in Europa erklären? Sie werden es nicht verstehen, es sei denn, sie kommen mal nach Thailand. Allerdings gilt auch hier der Spruch: Ohne Moos nichts los.
Ein neuer Markt für Thailand
Für die Schweden dürfte Thailand schon bald das Super-Paradies werden, denn dort gilt Prostitution als Straftatbestand, der neuerdings mit bis zu einem Jahr Gefängnis bedroht ist. Nicht für die Prostituierte, sondern für den Freier! Ein neuer Markt für Thailand und eine Option für frustrierte Schweden, die sogar ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen könnte.
Carlos meint: Sexualität ist eine Triebfeder des Lebens, sie kann zu Höchstleistungen führen und die Kultur befördern. Für Pattaya mag das etwas theatralisch klingen, weil hier eher der Geldtransfer in den Isaan befördert wird. Aber auch der ist wichtig und notwendig.
Sex gegen Geld das ist in den Augen von Carlos nur dann kriminell, wenn es mit Gewalt zu tun hat oder mit Kinderprostitution. Dagegen wird und dagegen muss eingeschritten werden.
Viele Thais, die keine Lust haben, sich mit schlecht bezahlter Arbeit die Hände schmutzig zu machen, bieten sich in Bars, in Massage-Salons oder auf der Straße den Farangs an. Anschließend wird das Geld in der nächsten Disco oder Karaoke-Bar mit Freunden auf den Kopf gehauen, denn PC, Handy, i-Phone oder i-Pad hat man ja längst.
Carlos weiß und versteht nicht, was die schwedische Regierung dazu veranlasst hat, das Gesetz zu verschärfen gegen erwachsene Menschen, die einvernehmlich, wenn auch gegen Geld, miteinander Sex haben wollen. Öffnet sie damit der Erpressung nicht Tor und Tür?
Lange hat Carlos darüber nachgedacht, ohne eine Antwort auf diese Frage zu finden.
Für ihn gilt: Der Kavalier genießt und schweigt.
Dass er dafür irgendwann einmal in Thailand im Knast landen könnte, hält er für ziemlich ausgeschlossen. Schließlich ist das Sexgewerbe in den Touristenstädten dieses Landes für viele Menschen eine lebensnotwendige Einnahmequelle.
Und nicht nur für die. Ganze Geschäftszweige - wenn auch illegal - leben davon und werden alles dafür tun, dass dieses Geschäft weiterhin brummt.