Ohne T-Shirt und in Shorts (rechte Person) in den Tempel? Benehmen: Glückssache.
Um es vorweg zu sagen: Carlos ist kein Moralist. Er schaut nur zu, er schaut genau hin, und dann bildet er sich eine Meinung, seine eigene, und er ist dankbar dafür, dass er diese im FARANG als Diskussionsbeitrag veröffentlichen darf.
Er hat die Erfahrung gemacht, dass die Thais, von Ausnahmen bei Taxifahrern und sogenannten Staatsdienern abgesehen, in der Regel gegenüber Farangs freundlich und respektvoll sind, solange diese sich an die Sitten des Landes halten. Hingegen verlieren sie jeden Respekt vor Touristen und Expats, die sich daneben benehmen. Und davon gibt es leider viele. Sie kommen aus allen Ländern der Welt hierher, und oft benehmen sie sich nur deshalb daneben, weil die Sitten und Gebräuche dieses Landes ihnen nicht vertraut sind.
Auch die Toleranz hat Grenzen
Die Thais sind tolerant genug, um über unwissentliche Tabuverletzungen hinwegzusehen. Aber es gibt Grenzen, Eskapaden, die diese Touristen sich im eigenen Land nie getraut hätten. Und da hört die Toleranz auf.
Thailand genießt als Reiseland in die Bankensprache übersetzt immer noch ein AA-Ranking. Von einigen innenpolitischen Problemen abgesehen, die von den meisten Touristen gar nicht bemerkt werden, ist dieses Land ein Urlaubs-, Sonnen-, Palmen- und Meeres-Paradies. Viele Millionen Menschen aus aller Welt kommen Jahr für Jahr hierher, um all das zu genießen, was die Werbung verspricht: Bestes Wetter, blaues Meer, weißer Strand, goldene Tempel und Menschen, die jeden Fremden lächelnd mit einem Wai begrüßen. Das alles hatte einmal Gültigkeit. Aber nicht nur NINO hat inzwischen einiges durcheinandergebracht. Wo man früher immer zu einer bestimmten Zeit auf Sonne hoffen durfte, kann jetzt plötzlich eine mehrtägige Regenperiode folgen. Das blaue Meer ist immer öfters zu einer Drecksbrühe verkommen, und der weiße Strand gleicht zuweilen einer Müllhalde.
Im Zeitalter des Globalismus darf man das aber nicht einseitig sehen. Die Dreckhalden, die von verantwortungslosen Thais allenthalben am Rande der Nebenstraßen errichtet werden, finden ihre Ergänzung bei den Farangs, denn die verhalten sich häufig ebenso unverantwortlich, egoistisch und total unangepasst.
Wenn europäische Touristinnen ihre üppigen Brüste am Jomtien-Strand nackt der Sonne entgegenstrecken, dann wissen sie möglicherweise nicht, dass sie damit nicht nur das Sittengefühl der Thais verletzen, sondern dass sie damit auch gegen das thailändische Gesetz verstoßen. Die Thais, die das sehen, ignorieren diesen Tabubruch, der als Gesichtsverlust gilt. Wenn Ben auf den goldenen Buddha klettert, um sich von seiner Freundin fotografieren zu lassen, dann begeht er den gleichen Fehler wie Hans-Georg, der einem Thai-Kind durchs Haar fährt. Er hat sich nichts dabei gedacht, trotzdem hat er sich total daneben benommen. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, sich vor Reiseantritt über Sitten und Gebräuche im Urlaubsland zu informieren.
Andere Farangs mieten sich kurzfristig in einem Condo ein. Früher waren sie jedes Jahr auf Mallorca. Jetzt versuchen sie, die altgewohnten Praktiken hier einzuführen: Morgens in aller Frühe belegen sie die Liegen am Pool mit Handtüchern und anderem Schnickschnack.
Im Condo von Carlos ist das so geregelt: Wenn eine Liege 30 Minuten reserviert ist, ohne dass jemand sie benutzt, dann gilt sie als frei. Das Handtuch, das Buch oder was sonst noch darauf lag, kann an der Rezeption abgeholt werden.
Der Unterschied zwischen sozial & asozial
Für Thais ist die Ästhetik, das Äußere, das Makellose und Wohlgeformte der Inbegriff der Kultur. Deshalb haben sie auch Probleme mit den Farangs, die sich halbnackt in Shorts und verschwitzten T-Shirts in überfüllte 10-Baht-Taxis quetschen oder im gleichen Outfit am Abend bedenkenlos ein Feinschmeckerlokal ansteuern. Was sind das für Leute? Haben die keinen Spiegel? Leider sind die Gastwirte in der Nebensaison auch auf solche Typen angewiesen. Carlos hat sich schon des Öfteren mit diesen Leuten angelegt. Wenn er dann zur Antwort bekommt: "Im Urlaub laufe ich rum, wie es mir passt, und wenn ich nackt rumlaufen will, laufe ich nackt rum", dann fällt ihm nur der Unterschied ein zwischen sozial und asozial.
Thais schauen in der Regel einfach weg und denken sich ihren Teil. Gleichzeitig geht der Respekt vor den Farangs massiv verloren, vor allem in den Tourismuszentren.
Carlos kennt den Vorwurf einiger Leser, die ihm einseitige Stellungnahme für die Thais vorwerfen. Dazu ist zu sagen: Carlos bemüht sich, beide Seiten gegeneinander abzuwägen. Er hält sich nach wie vor für neutral. Aber es gibt doch objektive Situationen, in denen man sich klar entscheiden muss, wo Rücksichtslosigkeit, Egoismus und Geschmacklosigkeit als das benannt werden müssen was sie sind: Eine Beleidigung gegenüber der Gesellschaft.
Was soll er sagen, wenn nicht mehr ganz junge Männer abends um 22 Uhr, nur mit einer Badehose und einer Bierflasche bekleidet, lärmend durch die Walking-Street marschieren? Benehmen: Glückssache.
Was soll er sagen, wenn vor den Augen von Kindern und Erwachsenen am helllichten Tag ein Paar am Dongtan-Strand kopuliert? Benehmen: Glückssache.
Und wenn der 80-jährige Alex mit seinem 18-jährigen Geliebten Nop händchenhaltend durch die Stadt flaniert? Ist Carlos wirklich der Einzige, der das als peinlich empfindet?
Als Gäste in Thailand verstehen wir vielleicht nur einen Teil der hiesigen Kultur. Aber Carlos meint, wenn wir die Grundkultur des Landes beachten würden, aus dem wir kommen, dann gäbe es die meisten der Probleme nicht, denen Farangs ausgesetzt sind oder denen sie sich hier aussetzen. Carlos würde es schon genügen, wenn jeder Ausländer den Thais den Respekt erweisen würde, den er für sich selbst als selbstverständlich einfordert. Aber er hat den Eindruck gewonnen: Davon sind wir noch meilenweit entfernt.
Ich schätze: ........., weil man hier für kleines Geld die Sau raus lassen kann/die Puppen tanzen lassen kann! (Aber das ist mein Eindruck.)