Kurz gefragt - Rolf Schulze

Der Deutsche Botschafter im Gespräch mit Martin Rüegsegger

Kurz gefragt mit Rolf Peter Gottfried Schulze
Kurz gefragt mit Rolf Peter Gottfried Schulze

Rolf Peter Gottfried Schulze ist der neue deutsche Botschafter in Bangkok. Er hat an der Nouvelle Sorbonne in Paris, in Trier, Freiburg und Cambridge studiert und trat 1980 in das Auswärtige Amt ein. Vor seiner Berufung nach Bangkok war er von 2007 bis 2011 Botschafter in Hanoi. Der 58-Jährige ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Magazin DER FARANG-Herausgeber Martin Rüegsegger führte durch das Gespräch.

Herr Botschafter, Sie waren schon an vielen verschiedenen Orten auf der Welt. Was sind Ihre ersten Eindrücke von Thailand?

Thailand ist ein faszinierendes Land, das eine außerordentliche Entwicklung vollbracht hat. Gerade Bangkok ist ein beeindruckendes Beispiel dafür. Wie viele meiner Landsleute bin auch ich überwältigt von der Freundlichkeit der Menschen in Thailand.

Die meisten Jahre Ihrer diplomatischen Laufbahn haben Sie in asiatischen Ländern verbracht, so in Japan, China und Vietnam. Haben Sie ein Faible für diesen Kontinent und seine Menschen?

Asien hat mich schon früh begeistert. Aber wie so vieles im Leben, spielte auch bei der Entwicklung meines beruflichen Lebensweges der Zufall eine große Rolle. Mein erster Auslandsposten hat mich nach Port-of-Spain geführt, ein spannender Einstieg in das neue Berufsfeld der Diplomatie. Die spanischsprachige Welt konnte ich auch bei einem Einsatz in Madrid Anfang der 90er Jahre wieder besuchen. Aber in der Tat ist es so, dass ich vor allem von Asien, seinen Menschen und seiner Jahrtausende alten Kultur begeistert war und bin. Meine ersten Schritte in Asien führten mich nach Tokyo, das in den 80er Jahren weltweit für seine innovativen Produktionstechniken geschätzt wurde. Zehn Jahre später ging ich nach Peking, dessen wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Entwicklung nach wie vor beeindruckt. Die letzten vier Jahre war ich als Botschafter in Vietnam – das Leben der Menschen dort hat sich ebenfalls im Vergleich zu früheren Jahren stark verändert. Viele technische Errungenschaften erleichtern den Menschen das Leben im Alltag. Nun bin ich Botschafter in Thailand – ein Wunschposten von mir. Thailand und Deutschland verbinden lange kulturelle, wissenschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen. Ich freue mich, daran mitwirken zu können, dass diese Beziehungen sich weiterhin fruchtbar und intensiv entwickeln.

Die deutsche Auslandsvertretung wird an ihrer Arbeit gemessen. Gute Arbeit ist gute Werbung für Deutschland. Wie sehen Sie Ihre künftigen Aufgaben? Wo wollen Sie Schwerpunkte setzen?

Die guten Beziehungen zwischen zwei Ländern werden in unterschiedlichen Bereichen deutlich. Dazu gehören Handelsbeziehungen ebenso wie Wissenschaftskooperation, Kulturbegegnungen oder die Beschäftigung mit der Sprache eines anderen Landes. Hier in Thailand gibt es eine beeindruckende Vielfalt der Zusammenarbeit, die sich über die Jahrzehnte hinweg fruchtbar entwickelt hat. Zu den Beziehungen gehören jedoch immer auch die Menschen, die gemeinsam beschließen, ein Projekt durchzuführen.

Die deutsche Botschaft ist eine Serviceeinrichtung – für die Menschen aus Deutschland und aus Thailand...

Für mich ist es in der Tat von vorrangigem Interesse, dass die deutsche Botschaft als Serviceeinrichtung handelt und wahrgenommen wird. Das bedeutet, dass wir in allen Bereichen im Rahmen unserer Möglichkeiten Menschen und Unternehmen aus beiden Ländern mit Rat und Tat zur Seite stehen und ihnen den Umgang mit der Behörde, die die Botschaft ja auch ist, so weit wie möglich erleichtern. So haben wir beispielsweise vor einiger Zeit bei der Visa-Erteilung ein Terminvergabesystem eingeführt, das Wartezeiten erheblich verringert hat.

Ein besonderes Anliegen ist mir persönlich auch die Situation der hier wohnenden Deutschen. Ich möchte Ihre Leserinnen und Leser aus Deutschland herzlich einladen, sich bei der Botschaft registrieren zu lassen, damit wir sie, falls nötig, erreichen können. Informationen dazu finden Sie auf unserer Website www.bangkok.diplo.de.

Die Botschaft gibt auch einen Newsletter heraus, der sich auch an die deutsche Gemeinschaft in Thailand richtet und aktuelle Themen und Projekte vorstellt. Ansonsten finden Sie auch praktische Hinweise auf unserer Website.

Die deutsche und thailändische Wirtschaft erwarten besondere Aufmerksamkeit. Zwischen beiden Ländern boomt der Warenaustausch. Wie können die Wirtschaftsbeziehungen intensiviert werden? Welche Branchen stehen im Fokus?

Sie sagen es: Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Thailand sind bereits ausgesprochen eng und florieren auf hohem Niveau, Deutschland ist der größte europäische Handelspartner des Landes. Beachtlich sind die gemeinsamen Projekte im Bereich der Infrastruktur, die auch eine große Erleichterung für das Leben der Menschen und ihre Mobilität darstellen. Ich sehe jedoch noch ein großes Potenzial für die Intensivierung des Handels, die Zusammenarbeit der Forschung oder zukunftsweisende Kooperationsfelder wie erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

Thailand gilt als einer der bedeutendsten Wachstums- und Zukunftsmärkte für die deutsche Wirtschaft im südostasiatischen Raum und gewinnt immer mehr an Attraktivität. Schwerpunkte des Handels sind aus Deutschland chemische Produkte, Medizintechnik, elektronische Güter und Maschinenbauprodukte, ebenso wie die Klassiker der Automobilindustrie. Auch für Thailand ist der Handel mit Deutschland lukrativ. Er ist stark diversifiziert mit Schwerpunkten bei elektronischen Artikeln, Schmuckwaren, Agrargütern sowie Maschinen und Textilprodukten. Das gegenseitige wirtschaftliche Interesse ist auf beiden Seiten groß und wird sicher in Zukunft weiter wachsen.

Vorrangige Aufgaben einer Auslandsvertretung sind Diplomatie, Förderung von Wirtschaft und Kultur sowie konsularische Amtshandlungen für Thais und Deutsche. Die meisten in Thailand lebenden Landsleute sind vor dem oder im Rentenalter und wohnen fern von Bangkok. Werden Sie auf Ihre Landsleute zugehen, zum Beispiel Pattaya, Phuket oder Chiang Mai besuchen und sich die Sorgen der Frauen und Männer anhören?

Die Sorgen meiner Landsleute nehme ich sehr wichtig. Bei meinen künftigen Dienstreisen werde ich hoffentlich Gelegenheit haben, auch die Anliegen der Deutschen in den unterschiedlichen Landesgebieten kennenzulernen. Diese greife ich gerne auf und tue mein Möglichstes, um in Problemfällen Abhilfe zu schaffen. Wie an vielen touristischen Orten, kommt es, wie ich höre, auch hier immer wieder zu Ärgernissen und Beschwernissen durch Kleinkriminalität. Hier stehen wir natürlich auch im Austausch mit den Behörden des Gastlandes.

Die Botschaft steht Deutschen, die in Not geraten, mit Rat und Tat zur Seite und hilft, zusammen mit anderen Einrichtungen, eine Lösung zu finden.

Thailand will das Wirtschaftsumfeld aktiv gestalten und hofft auf weitere ausländische Investitionen. Zum anderen müssen die sozialen Probleme im Land gelöst werden. Kann Deutschland oder die EU hier mithelfen?

Deutschland unterstützt aktiv, sowohl bilateral als auch zusammen mit den EU-Partnern, zukunftsweisende Projekte in Thailand und der ASEAN-Region. Besonders vielversprechend erscheinen mir Projekte im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung, zum nachhaltigen Bauen, zu einer verbesserten Lebensmittelsicherheit sowie zur Luftreinhaltung in den Städten der Region. Die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ blickt in Thailand auf Jahrzehnte Erfahrung in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zurück und gestaltet mit den thailändischen Partnerorganisationen weiterhin engagiert zukunftsorientierte Kooperationsfelder. Was die Einführung sozialer Sicherungssysteme anbelangt, stehen wir gerne als Ansprechpartner mit einer langjährigen Expertise bereit.

Welche Bedeutung haben die Beziehungen zwischen Thailand und Deutschland in der deutschen Außenpolitik?

Thailand und Deutschland blicken auf eine lange und fruchtbare Geschichte der diplomatischen Beziehungen zurück. Im nächsten Jahr jährt sich die Unterzeichnung des sogenannten Eulenburg-Vertrags zum 150. Mal. Der preußische Staatsmann Graf Friedrich Albrecht zu Eulenburg legte mit der Unterzeichnung dieses "Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages 1862 den Grundstein für die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Thailand. Das ist ein schöner Anlass zum Feiern. Thailand als Gründungsmitglied und wichtiger Impulsgeber der ASEAN ist ein wichtiger Partner in der Region und genießt für die deutsche Außenpolitik hohe Bedeutung. Wie bereits erwähnt, gibt es hier eine ausgeprägte Infrastruktur der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit, die unter anderem mit Mitteln des Auswärtigen Amtes gefördert wird.

Wo, glauben Sie, gibt es noch Entwicklungspotenziale für die Beziehungen beider Länder?

Neben den wirtschaftlichen Entwicklungspotenzialen sehe ich noch große Entwicklungschancen bei der Zusammenarbeit mit Schulen, Universitäten, dem Goethe-Institut und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Die "PASCH"- Initiative zur Förderung von Schulen mit Deutschunterricht ist in Thailand auf großes Interesse gestoßen und hat viele begeisterte Anhänger gefunden. Das Interesse an anderen Ländern beginnt schon im Kindesalter. Die Botschaft hat sich daher schon zum dritten Mal an der National Science and Technolgy Fair beteiligt, die sich vor allem an thailändische Schülerinnen und Schüler richtet. Es wäre schön, wenn das Interesse der Kinder an Technologie aus Deutschland eines Tages dazu führte, dass sie ein Studium in Deutschland aufnehmen würden.

Welche gemeinsamen Interessen gibt es aus Ihrer Sicht für Thailand und Deutschland in Südostasien?

Deutschland und Thailand sind beide Partnerländer einer Reihe internationaler Organisationen, bei denen uns in ganz unterschiedlichen Bereichen viele Themen gemeinsam beschäftigen. Dazu gehört zum Beispiel auch der Klimaschutz, der auch für die Region Südostasien eine wichtige Bedeutung hat. Auch die Erleichterung des Handels in der Region Südostasien ist ein Anliegen, das beide Staaten in der Region eint.

Was erhoffen Sie sich von von den Deutsch-Thailändischen Beziehungen

Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit unseren thailändischen Partnern. Meine bisherigen Gespräche verliefen ausgesprochen freundschaftlich und konstruktiv. Dies ist eine gute Grundlage, um das 150. Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Thailand und Deutschland gemeinsam vorzubereiten.

Wie wird es mit dem Land in Zukunft weitergehen?

Die Zukunft kann auch ich nicht vorhersagen..., doch bin ich zuversichtlich, was die Zukunft des Landes anbelangt – Thailand verfügt über hervorragende Grundlagen, um sein dynamisches Wachstum weiterzuentwickeln. Dem Bereich Bildung kommt dabei sicher eine Schlüsselrolle zu.

Sie sind vor wenigen Wochen in Bangkok angekommen. Mit ihrer Familie? Ist der Umzug vollzogen?

Meine Familie und ich sind inzwischen in Bangkok eingetroffen. Nach einigen Renovierungsarbeiten werden wir in wenigen Tagen unser neues Zuhause beziehen können. Wir fühlen uns aber bereits jetzt sehr heimisch hier.

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