Zeitungen zum Geschehen am Sonntag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Berliner Morgenpost» zu Massentourismus

Die Auswüchse des Massentourismus sind in vielen europäischen Reisezielen zu einem großen Problem geworden: in Venedig, Rom, Paris, Amsterdam oder Berlin, um nur ein paar Brennpunkte zu nennen. Auch Spanien macht da keine Ausnahme: In Urlaubshochburgen wachsen die Proteste der Einheimischen. Der Protest richtet sich besonders dagegen, dass immer mehr Wohnungen in Ferienunterkünfte verwandelt werden und das ohnehin schon geringe Wohnraumangebot noch knapper und teurer wird.

Viel zu lange schaute man in den spanischen Rathäusern diesem Wildwuchs zu, an dem Plattformen wie Airbnb oder Booking gut verdienen. Erst jetzt, wo sich die Wohnungsnot in sozialen Sprengstoff verwandelt, suchen spanische Stadtregenten nach Lösungen. Ob die Entscheidung Barcelonas, alle privaten Ferienunterkünfte von 2029 an zu verbieten, der richtige Weg ist, darf bezweifelt werden. Gerade für junge Leute und Reisende mit kleinem Budget ist Airbnb eine beliebte Alternative. Sinnvoller wäre, dieses Angebot in nachhaltige Bahnen zu lenken.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur EM und den Videoassistenten

Ist das noch Fußball oder schon Forensik? (.) Beide Entscheidungen [im Spiel Deutschland gegen Dänemark] waren zwar regelkonform.

Der Schiedsrichter konnte sie nicht nur so treffen, er musste es. Dennoch bleibt ein mulmiges Gefühl. Ist der Fußball nicht auf einem Irrweg, wenn er im Zeitalter technischer Kontrollierbarkeit mit allen Mitteln Aufklärung sucht? Ohne Frage hat die Einführung des Videoassistenten dem Sport etwas von der emotionalen Unmittelbarkeit genommen, und man kann, regelphilosophisch, fragen, ob es sinnvoll ist, Maßstäbe zu setzen, die sich der Wahrnehmung vor Ort entziehen. Das aber ist der unvermeidliche Preis des Strebens nach Gerechtigkeit, wenn man diese partout will. Abseits ist dann eben auch Abseits, wenn es das menschliche Auge nicht sieht.


«El Mundo»: Bidens letzter Dienst

MADRID: Die spanische Zeitung «El Mundo» kommentiert am Sonntag Joe Bidens TV-Debakel:

«In einem seiner besten Momente fragte Ali G den Leiter der Drogenfahndung, warum sie Hunde und nicht intelligentere Tiere wie zum Beispiel Delfine einsetzten. Ali G ist eine fiktive Figur, die von dem britischen englischen Komiker Sacha Baron Cohen geschaffen wurde, aber die Idee ist so verrückt, dass sie auch Joe Biden hätte einfallen können, dessen kognitiven Verfall nach der ersten Wahldebatte niemand mehr zu leugnen wagt. Es macht Sinn, ein von einem senilen Biden regiertes Amerika einem kraftvollen Donald Trump vorzuziehen, aber es ist ein falsches Dilemma, das uns hierher gebracht hat: Joe Biden ist nicht in der Lage zu kandidieren, und die Fiktion zu am Leben zu erhalten, dass er es doch wäre, war eine beschämende Unverantwortlichkeit.

Biden war ein guter US-Präsident und die Geschichte wird das anerkennen. Es überraschen die Europäer, die ihn verachten und Trumps Isolationismus loben, als ob sein Handelsprotektionismus und seine Weigerung, sich in die Konflikte anderer einzumischen, uns nützen würden. (...) Aber es geht nicht nur um Amerikas Engagement für Europa, sondern um sein Engagement für die Demokratie selbst. Donald Trumps autoritäre Tendenz ist klar und das ist der grundlegende Fehler: einen gescheiterten Putschisten als legitimen Kandidaten für die Präsidentschaft zu behandeln. (...) Es ist Sache der Wähler, seine Rückkehr zu verhindern, aber es liegt an der Demokratischen Partei, ihnen eine glaubwürdige Alternative zu bieten.»


«The Sunday Times»: Großbritannien braucht einen Neustart

LONDON: Die Londoner «Sunday Times» kommentiert die bevorstehenden Parlamentswahlen in Großbritannien:

«Die Konservativen haben das Recht zu regieren tatsächlich verwirkt. In der Opposition müssen sie sich neu formieren, regenerieren, interne Kämpfe verweigern und aufhören, allen anderen die Schuld an ihrer Misere zu geben (was interessanterweise weder Premierminister Rishi Sunak noch Finanzminister Jeremy Hunt versucht haben). Kühne Denker sollten ermutigt werden. Die Tories müssen die Prinzipien wiederentdecken, die sie vor dem Brexit zu einer natürlichen Regierungspartei gemacht haben - fiskalische Verantwortung, Toleranz, Redefreiheit und Respekt vor Traditionen und Institutionen. (...)

Großbritannien braucht einen radikalen Neustart. Wenn die Tories eine Zeit lang in die Opposition gehen müssen, kann das nur eine Labour-Regierung bedeuten. Der Labour-Vorsitzende Keir Starmer sollte dafür gelobt werden, dass er seine Partei zurück in den Mainstream gebracht hat. (...) Großbritannien muss besser werden - als Ort zum Leben, Arbeiten und Wirtschaften. Im Jahr 2019 wusste Boris Johnson, dass viele derjenigen, die ihn unterstützten, ihm ihre Stimme nur «geliehen» hatten und dabei unsicher über das Ergebnis waren. Wir vermuten, dass dies auch auf Starmer zutreffen könnte, sind aber der Meinung, dass er seine Chance verdient hat. Das Ausmaß der Herausforderung ist immens. Die erschöpften Konservativen sind nicht bereit dafür und sie sind ihr auch nicht gewachsen. Manchmal ist ein Wechsel die einzige Option.»


«NZZ am Sonntag»: Biden hat sein Versprechen vergessen

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag» kommentiert den Wahlkampf von US-Präsident Joe Biden:

«Im Wahlkampf 2020 hatte Joe Biden noch versprochen, ein Übergangspräsident zu sein. In vier Jahren würde er einer neuen Generation Platz machen. Viele glaubten, das könnte seine Vize Kamala Harris sein. Doch Biden vergaß sein Versprechen und Harris erwies sich eher als Fehlbesetzung denn als Zukunft der Partei. Und spätestens als Donald Trump wieder als republikanischer Herausforderer auftauchte, war für Biden klar: «Den werde ich wieder schlagen.» Er glaubt, dass nur er dazu in der Lage ist. Biden ist auch überzeugt zu wissen, was das Beste für Amerika ist. Das ist wichtig für einen Politiker - doch das reicht nicht. Ein Politiker muss es auch verkörpern. Biden kann das nicht mehr. Wird ihm das seine Frau Jill verklickern? Oder sein früherer Chef Barack Obama? Oder seine engsten Berater? Wahrscheinlich nicht. Sie hätten dies schon vor zwei Jahren tun sollen. Nun ist es zu spät, und das wissen sie.»

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