Zeitungen zum Geschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Stuttgarter Zeitung» zur Frankreich-Wahl

In anderen Demokratien müsste ein Parteichef oder Staatspräsident nach einer solchen Schlappe, einem solchen politischen Eigentor den Hut nehmen.

In Frankreich, wo der Präsident von Verfassungswegen eine sehr starke Stellung hat, kann sich Emmanuel Macron bis auf Weiteres im Elysée-Palast halten. Er hat durch seine Sprecher schon vor einer Woche prophylaktisch verlauten lassen, ein Rücktritt käme für ihn nicht in Frage. Wie es scheint, hat er das Ausmaß seiner persönlichen Niederlage bis heute nicht erkannt: Als wäre nichts, hat er am Sonntagabend nach Bekanntwerden der Resultate einen feierlichen Appell an alle politischen Kräfte außer dem RN erlassen, mit einer "demokratischen und republikanischen" Front die Machtübernahme durch die Lepenisten zu verhindern. Dass er sie selber der Macht nähergebracht hat, scheint Macron entgangen zu sein.


«Münchner Merkur»» zu Söder/Merz

Bis zu 36% könnten CDU und CSU bei der Bundestagswahl einfahren.

Diese Zahl hat Friedrich Merz jetzt ins Unions-Schaufenster gestellt. Das war mutig. Was, wenn die CDU nach den Septemberwahlen im Stimmungstief versinkt? Oder die "Brandmauer" im Osten bröckelt? Und was, wenn die Parteigranden zu dem Ergebnis kommen, dass 30 Prozent plus X zwar drin sind - aber nur mit einem anderen Kandidaten? Obwohl die Ampel gerade in nie gekannte demoskopische Tiefen vorstößt, bleibt die Union wie festgetackert bei 30 Prozent. Das hänge mit der Unbeliebtheit ihres Anführers zusammen, ätzen dessen Widersacher. Markus Söder wäre nicht Markus Söder, würde er sich diese Chance entgehen lassen. Als Gute-Laune-Bär der Union tingelt er durch die Talkshows, fachsimpelt mit Markus Lanz über Fußball und schäkert mit Ina Müller. Söder zelebriert seine Beliebtheit, die Merz fehlt. Der Bayer bleibt in Lauerstellung.


«de Volkskrant»: Amerikas Wähler halten Bidens Kandidatur für falsch

AMSTERDAM: Zur Debatte um die erneute Präsidentschaftskandidatur von Joe Biden heißt es am Montag in der niederländischen Zeitung «de Volkskrant»:

«In den letzten Tagen haben prominente US-Demokraten ihre Unterstützung für Joe Biden zum Ausdruck gebracht. Sie spielten Bedenken gegen seine Kandidatur herunter. Je lauter die Amerikaner riefen, dass der 81-jährige Biden zu alt ist, desto lauter tönt es aus der Parteiführung, dass er die richtige Wahl sei. Die Unterstützung für Biden ist zur Schwachstelle für eine Partei geworden, die Angst vor Erneuerung hat. Die Frage ist, wie lange die Parteiführung das durchhalten wird.

Ob von links oder rechts, die US-Demokraten brauchen die Unterstützung der amerikanischen Wähler, um Trump im November zu besiegen. Doch die Wähler lassen immer wieder erkennen, dass sie die Kandidatur Bidens für eine schlechte Idee halten. Vor dem Fernsehduell zwischen Biden und Donald Trump hielten noch 27 Prozent der Wähler Biden für geistig fit genug, um erneut Präsident zu werden. Danach waren es nur noch 20 Prozent.»


«Wall Street Journal»: Peinliches Ergebnis für Macron

NEW YORK: Zum Ausgang der ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich schreibt das «Wall Street Journal»:

«Wenn Sie mit Emmanuel Macron in einem Kasino sind, dann ahmen sie nicht seine Einsätze nach. Der französische Präsident zockte, indem er eine kurzfristige Wahl zur Nationalversammlung ansetzte, und am Sonntag endeten er und seine Zentrumspartei auf einem schwachen dritten Platz im ersten Wahlgang. Die großen Sieger waren die Parteien der Rechten und der Linken (...) Das ist ein peinliches Ergebnis für Macron, der die unnötige kurzfristige Wahl ansetzte, nachdem das Rassemblemt National gut bei der kürzlichen Wahl zum Europäischen Parlament abgeschnitten hatte. Seine Wette war, dass die Wähler wieder nüchtern würden, wenn es um die Nationalversammlung ginge. Sie schenkten sich stattdessen noch einen Doppelten ein, mehr daran interessiert, eine Botschaft der Unzufriedenheit auszusenden als an Macrons Version einer zentristischen Nüchternheit.»


«Wyborcza»: Sorge um Biden, Angst vor Trump

WARSCHAU: Die polnische Tageszeitung «Gazeta Wyborcza» schreibt am Montag zur Debatte um die Kandidatur des 81-jährigen US-Präsidenten Joe Biden für eine zweite Amtszeit:

«Wir haben diesmal das schlimmste Duell in der Geschichte der US-Präsidentschaftsdebatten erlebt. Es warf die berechtigte Frage auf, ob der 81-jährige Joe Biden, der häufig den Faden verlor und sich bei den Zahlen irrte, in der Lage ist, weiter um seine Wiederwahl zu kämpfen, geschweige denn das mächtigste Land der Welt weitere vier Jahre zu regieren. Spitzenpolitiker der Demokraten versichern dem Präsidenten ihre Unterstützung, aber der Handel mit Namen potenzieller Kandidaten für die Rettungsaktion läuft auf Hochtouren.

Vizepräsidentin Kamala Harris schnitt in einem Interview nach der Debatte am besten ab. Sie hob hervor, dass das Duell anderthalb Stunden gedauert habe, Bidens Amtszeit dagegen bereits dreieinhalb Jahre. Und dass es das Regieren sei, für das die Präsidenten gemessen werden sollten. Vielleicht ist dieser gute Auftritt ein Fingerzeig für das demokratische Establishment. Nicht, dass Harris die ideale Kandidatin wäre. Sie ist nicht populär, und manche sind der Meinung, dass Amerika leider noch nicht reif für eine schwarze Präsidentin ist. Es ist einfach ein Beweis dafür, dass jemand Jüngeres als Biden - vielleicht der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom - in der Lage wäre, effizienter gegen Trump zu kämpfen.»


«Pravda»: Macrons größter Feind ist seine eigene Politik

BRATISLAVA: Die slowakische Tageszeitung «Pravda» schreibt am Montag über die Parlamentswahl in Frankreich:

«(Präsident Emmanuel) Macron bezeichnete seine erfolgreicheren größten Gegner, die Nationale Sammelbewegung RN von Marine Le Pen und das linke Unbeugsame Frankreich LFI, als Gefahr, die sogar zu einem Bürgerkrieg führen könne. Die Frage ist daher, warum er sich entschied, Wahlen auszurufen, bei denen sehr wahrscheinlich ist, dass die RN ihren Triumph von der EU-Wahl wiederholt und womöglich der aufgehende Stern der Ultrarechten, Jordan Bardella, Premier wird.

Macron setzte auf das Schüren von Angst vor Konflikten zwischen den «Extremen», als die er neben RN auch das linke LFI einordnete. (...) Der größte Feind Macrons ist aber seine eigene, streng rechtsgerichtete, antisoziale und neoliberale Politik und das rücksichtslose Durchsetzen umstrittener Gesetze wie zum Beispiel die Erhöhung des Rentenalters sowie das Leugnen von Problemen von ländlichen Regionen und Peripherie.»


«Hospodarske noviny»: Prorussische Populisten tun sich zusammen

PRAG: Zu den Plänen der ungarischen Fidesz-Partei unter Ministerpräsident Viktor Orban, der österreichischen FPÖ unter Herbert Kickl und der tschechischen ANO des Ex-Ministerpräsidenten Andrej Babis, eine neue rechte Fraktion im EU-Parlament zu gründen, schreibt die liberale Zeitung «Hospodarske noviny» aus Tschechien am Montag:

«Zwar wäre es übertrieben zu behaupten, dass Babis sich mit dem schlimmsten Bodensatz der europäischen Politik verbündet. Denn in verschiedenen Mitgliedstaaten gibt es noch weit unappetitlichere Parteien. Es lässt sich aber sagen, dass er unter denjenigen politischen Strömungen, die in Europa wirklich einflussreich sind, eine der schlimmsten ausgewählt hat.

Viktor Orban hat Ungarn während seiner Regierungszeit aus einer normalen Demokratie in ein Land verwandelt, das nicht mehr ganz demokratisch ist. In Österreich liegen die Freiheitlichen in Umfragen vor der Nationalratswahl im September vorn, aber die anderen großen Parteien schließen es aus, mit ihnen in eine Koalition zu gehen. (...)

Babis hat sich definitiv eingereiht in die Riege der rorussischen Populisten. Das ist das Ende eines Mannes, der seine ANO-Bewegung einst als eine liberale und proeuropäische Kraft gegründet hatte. Hat sich seit dieser Zeit die EU grundlegend geändert - oder Babis selbst? Es dürfte das Letztere sein, falls es ihm nicht schon immer nur ums Kalkül gegangen ist.»


«Aftonbladet»: Europa hält den Atem an

STOCKHOLM: Die sozialdemokratische schwedische Tageszeitung «Aftonbladet» (Stockholm) kommentiert den Ausgang der ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich:

«Weder die Franzosen noch Macrons eigene Regierungsmannschaft waren bereit für die Neuwahl. Der Präsident hat beschlossen, sie nach einem schlechten Ergebnis bei der EU-Wahl eigenhändig auszurufen. Die Wahl ist dabei eine Angelegenheit für ganz Europa. Frankreich ist eine tragende Säule nicht nur in der Nato, sondern auch in der EU. Mit Blick auf die Spannungen - und die Spaltung - im Land kann das Ergebnis der zweiten Wahlrunde am 7. Juli nicht nur zu parlamentarischem Chaos, sondern auch zu großen Demonstrationen führen. Bis zu diesem nächsten Wahlgang haben wir nun noch eine Woche. Da Macrons Lager so weit zurückliegt, dürfte sich ein Teil seiner Wähler am 7. Juli umentscheiden. Hoffentlich retten die Franzosen ihr Land am kommenden Sonntag erneut aus den Klauen des Rechtsextremismus. Bis dahin halten sie und der Rest Europas den Atem an.»


«De Tijd»: Macron hat sich überschätzt

BRÜSSEL: Zum Erfolg der rechtsnationalen Partei Rassemblement National (RN) bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Frankreich meint die belgische Zeitung «De Tijd» am Montag:

«Letztlich sagen diese Ergebnisse noch nicht viel über die endgültige Verteilung der Sitze im Parlament aus. Denn nächste Woche gibt es eine zweite Runde in den Wahlkreisen, in denen kein Kandidat eine absolute Mehrheit erreicht hat. Und dann kommen taktische Erwägungen bei der Stimmabgabe ins Spiel. Wenn es ein RN-Kandidat in die zweite Runde schafft - was angesichts der Ergebnisse der ersten Runde kein Problem ist -, schließen sich die anderen Parteien normalerweise zusammen, um ihn zu besiegen.

Nur stellt sich diesmal die Frage, welches Lager den Herausforderer des RN in den Wahlkreisen schlagen kann: das Parteienbündnis von Präsident Macron oder das Linksbündnis Nouveau Front Populaire. Macron rechnete damit, dass sein Bündnis vorn liegen würde. Er wurde jedoch von der raschen Bildung einer Linksfront überrascht, die unmittelbar auf seine Ankündigung vorgezogener Wahlen folgte. Nun läuft Macron Gefahr, die Initiative der Linken überlassen zu müssen, wenn sein Kandidat nur Dritter wurde. Macron sah die vorgezogenen Wahlen als eine Art Volksabstimmung über seine Politik in der Mitte seiner zweiten Amtszeit. Aber er hat seine Stärke eindeutig überschätzt.»


«El País»: Einheit angesichts der extremen Rechten

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Montag den Ausgang der ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich:

«Der Sieg des Rassemblement National (...) in der ersten Runde der Parlamentswahl nimmt die (...) anderen Parteien in die Verantwortung. Entweder sie schließen sich in der zweiten Runde zusammen, um Marine Le Pens RN zu besiegen, oder sie riskieren, in einer Woche den Weg für eine rechtsextreme Regierung in Frankreich zu ebnen (...). Der Wiederaufbau der sogenannten republikanischen Front (...) dürfte nicht schwierig sein. Dabei müsste in Bezirken, in denen sich drei Kandidaten für den zweiten Wahlgang qualifiziert haben und einer von ihnen der RN angehört, derjenige zurücktreten sollte, der im ersten Wahlgang die wenigsten Stimmen erhalten hat.(...)

Ab hier werden die Dinge kompliziert. (...) Die extreme Rechte hat sich strategisch so entwickelt, dass sie weniger Ablehnung erfährt. (...) Zudem setzen viele Wähler der Mitte und der gemäßigten Rechten (...) die Partei von Le Pen mit der von Jean-Luc Mélenchon, dem Vorsitzenden von La France Insoumise, gleich. (...) Zum Glück scheint es eine Bereitschaft zu geben, diese Unterschiede zu überbrücken. Präsident Emmanuel Macron (...) rief zu einer «breiten, eindeutig demokratischen und republikanischen Union» auf. (...) Um zu verhindern, dass die extreme Rechte an die Macht kommt, müssen die anderen (...) ihre Differenzen beiseitelegen und denjenigen unterstützen, der die extreme Rechte besiegen kann.»


«Tages-Anzeiger»: Biden besiegt sich selbst

ZÜRICH: Zur Debatte um die Kandidatur des 81-jährigen US-Präsidenten Joe Biden für eine zweite Amtszeit heißt es am Montag im Schweizer «Tages-Anzeiger»:

«Was vor wenigen Tagen noch undenkbar war, erscheint nun fast eine zwingende Konsequenz zu sein: Bei den Demokraten ist eine Debatte darüber ausgebrochen, ob es einen Plan B zu Biden braucht. Und wenn ja, wie dieser aussehen könnte. Der Druck ist immens, die Optionen sind bescheiden, und für die republikanischen Kampagnenmacher ist das alles ein Schlachtfest, das sie sich nicht schöner hätten ausmalen können. (.)

Biden und seine Berater scheinen jedoch nicht daran zu denken, aufzugeben. In den zwei Tagen nach der Debatte ließen sie keine Gelegenheit aus, um zu signalisieren: Wir bleiben hier schön bei Plan A. (.)

Es gelte jetzt, die Reihen hinter Biden zu schließen, verbreiten seine Spindoktoren. Die Umfragen abzuwarten. Biden sei inhaltlich besser gewesen als Trump. Die Amerikaner würden erst beginnen, sich daran zu erinnern, warum sie Trump nicht mögen, den 78 Jahre alten Lügner, Fremdenfeind, Frauenverächter, Bilanzfälscher und mutmaßlichen Putschisten. Nur Biden könne Trump besiegen. Wobei sich der Eindruck hartnäckig hält, dass Biden in erster Linie sich selbst besiegt.»

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