Lung Sen macht sich Gedanken

Während Lung Sen diese Zeilen schreibt, tobt auf den Strassen Pattayas der Wasserkrieg, auch „Songkran“ genannt oder das thailändische Neujahrsfest. Das fällt genau genommen auf den 13. April eines jeden Jahres. Jede Gemeinde Thailands kann sich aber einen Tag zwischen dem 12. und 19. April als Hauptfesttag aussuchen, an dem die Wasserschlacht stattfindet.

Denn eine solche ist an diesem Tag zu erwarten – nicht nur in Pattaya, sondern in praktisch in jedem Dorf. Es wäre falsch zu behaupten, dass nur da, wo Touristen sind, der „Songkram Nam“, der Wasserkrieg, zu suchen ist. Der Unterschied zu Pattaya liegt in der Länge: Lung Sen beobachtete die ersten Wasserwerfer in Pattaya bereits am 9. April, und es steigerte sich Tag für Tag bis zum grandiosen Abschluss am 19. April. Auf dem Lande ist es eben nur ein Tag.

Aber es soll bloss keiner schimpfen! Alle waren gewarnt, wussten, was sie in dieser Zeit erwarten würde. Einkäufe konnten auf den Vormittag verlegt werden, und wer später ausging wurde eben nass, brachte aber, wenn schlau, seine Wertsachen in Plastik verpackt in Sicherheit.

Das traditionelle Fest kam, wie jedes Jahr, am 13. April nicht zu kurz. Denn nur an diesem Tag werden die Buddhafiguren gewaschen, giesst man Wasser über die Hände von Älteren oder Respektpersonen. Auch diese völlig friedliche Zeremonie wurde um einige Tage verlängert. In Bangkok dauerten die Feierlichkeiten wie auch das Wasserwerfen drei Tage. Verboten wurde das Verwenden jeglichen Pulvers.

Wer ist zuständig für die Einhaltung von Verboten Die Polizei. Hier gibt Lung Sen den Kommentar eines höheren Polizeibeamten wider, gelesen in der Bangkok Post: „Das Wasserwerfen war schlimm. Überall standen Stände, an denen Pulver verkauft wurde.“ Tatsächlich! Und wer, wenn nicht dieser Beamte und seine Kollegen, hätte dies unterbinden müssen

Gesetze in Thailand sind eine Sache für sich. Ein Gesetz schafft man, um das Leben miteinander in gute Bahnen zu lenken, Kriminelles zu unterbinden oder mit einer Strafandrohung als Abschreckung etwas gegen die Gesellschaftsregeln zu tun. Um Ruhe und Ordnung in die Gesellschaft zu bekommen, müssen sie aber durchgesetzt werden.

Genau hier beginnen die Eigenheiten der thailändischen Vollstreckung von Gesetzen. Kaum ein Polizist wird von sich aus etwas gegen einen Gesetzesbrecher unternehmen. Er schaut nicht nur zu, wie bei Rot über die Ampel gefahren wird, er würde sogar zusehen, wie eine Person über ein Fenster in ein Haus einsteigt. Oh, da hat wohl jemand seinen Hausschlüssel verloren, so sein Gedankengang.

Aktiv werden hiesige Polizisten erst bei einer Anzeige oder bei Befehlen „von oben“. Deshalb z. B. die vielen Helmkontrollen bei Motorradfahrern oder das Jagen (sieht übrigens sehr witzig aus) von Händlern an den Stränden Pattayas. Diese Einsätze werden „von oben“ angeordnet. Nun, die Händler sind mitschuldig. Sie könnten sich eine Verkaufsbewilligung im Rathaus holen. Die Motorradfahrer hingegen sind und bleiben dumm. Wenn mal ein Helm aufgesetzt wird, so ist dieser unter dem Kinn zu 80 Prozent nicht verschlossen. Das müssten die Polizisten genauso bestrafen wie das Fahren ohne Helm, denn beides kommt auf das Gleiche hinaus: Kein Schutz bei einem Sturz!

Ein anderes Gesetz besagt: Elefanten gehören nicht ins Stadtgebiet. Gut und sehr richtig! Dann aber, lieber Vater Staat, hilf bei den Ausgaben zur Ernährung dieser Dickhäuter. Denn diese Kosten sind sehr hoch, da die Tiere nicht in einem natürlichen Umfeld leben, Futter und vieles mehr müssen gekauft werden. Bei diesem Verbot fehlt für die Elefanten-Führer eine Alternative.

Dann das total sinnlose Gesetz des Alkoholverkaufs. Warum, fragt sich jeder intelligente Mensch, darf Alkohol nur zwischen 11 und 14 Uhr, dann wieder ab 17 Uhr verkauft werden Abgesehen davon, dass sich nur die grossen Geschäfte an diese Verordnung halten und in den kleinen Läden der Sprit rund um die Uhr zu haben ist, würde solch ein Gesetz nur dann Sinn machen, wenn man den Verkauf von 17 Uhr bis Ladenschluss verbieten würde. Aber noch einmal: Welcher Polizist würde die Einhaltung des Gesetzes kontrollieren

Aus dem Gesetz zum Rauchverbot in klimatisierten Restaurants ist auch nichts geworden. Fröhlich wird in den meisten Lokalen, die Lung Sen besucht, nach Herzenslust gepafft. Wie könnte man auch von der Polizei verlangen, da zu kontrollieren! Dabei spielt wohl auch eine Rolle, dass die meisten Beamten rauchen.

Für Europäer ganz unverständlich ist das Gesetz, das Personen unter 20 Jahren verbietet, eine Disco, ein Pub mit Live-Musik oder eine GoGo-Bar zu besuchen. Ab dem 18. Lebensjahr ist man in den meisten europäischen Ländern volljährig. Hier aber, in den Ferien, wo sich die jungen Frauen und Männer so richtig austoben möchten, ist der Besuch einer schlappen Disco ein Gesetzesverstoss. Mit einer solchen Regelung vertreibt die Regierung junge Urlauber.

Und was soll das Gesetz mit der Sperrstunde um 1 Uhr Zwar dachte Lung Sen früher anders, er hat seine Meinung aber revidiert, weil sich die thailändische Jugend nicht gebessert, eher in ihrem Benehmen verschlechtert hat. Es war der Sinn des Gesetzes, die Jugend besser in den Griff zu bekommen.

Heute bringt das überholte Verbot sicher keine potentiellen Gäste ins Land, die sich z. B. in Spanien rund um die Uhr amüsieren können. Ausserdem halten sich die wenigsten Geschäftsinhaber an dieses Verbot. Die Strafe ist zwar drakonisch (drei Monate bleibt das Geschäft geschlossen), aber selbst diese lässt sich mit einer Zuwendung umgehen. Wie oft las Lung Sen von der Schliessung eines Nachtclubs, nur um diesen nach ein paar Tagen wieder geöffnet zu sehen. Bei vielen Gesetzen kommt hinzu, dass die Strafen lächerlich gering sind. Diese zahlen u.a. Massagesalon-Besitzer aus der Portokasse.

Nun plant die Regierung gar noch, 1.000 Gesetze zu reformieren, vielleicht ganz abzuschaffen, da sie nicht mehr zeitgemäss sind. Unter anderem geht es um Gesetze zur Prostitution (wird sie legal) und um Tabak (wird Rauchen wieder gefördert)

Lung Sen denkt, alles gut und schön. Besser wäre es, die bestehenden Gesetze durchzusetzen. Aber so lange die Polizisten nur unterrichtet werden, wie man schnell reich wird oder eine steile Karriere machen kann, wird sich in diesem Land wohl nichts ändern.

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