Lung Sen macht sich Gedanken

​Pattayas Walking Street vor 30 Jahren

Pattayas Walking Street vor 30 Jahren: aus einem Fischerdorf wurde eine Stadt. Sie hat heute vieles zu bieten, für jeden Geschmack. Nur eines ist sie nicht mehr: ein Seebad. Das Foto wurde vor dem Schneider Jack & Dave (heute vis-a-vis der Lucifer-Diskoth
Pattayas Walking Street vor 30 Jahren: aus einem Fischerdorf wurde eine Stadt. Sie hat heute vieles zu bieten, für jeden Geschmack. Nur eines ist sie nicht mehr: ein Seebad. Das Foto wurde vor dem Schneider Jack & Dave (heute vis-a-vis der Lucifer-Diskoth

Seit über 30 Jahren gibt es die Soi Diamond. Gegründet von Khun Pornchai und seiner Gattin Khun Suwanna. Das Hotel Diamond Beach Resort, gebaut von dem Ehepaar, gab der Soi den Namen. Anfangs waren hier nur kleine Läden und Restaurants. Das Geld kam vom damals einzigen Massagesalon in Südpattaya, der V.I.P.-Massage in der heutigen Süd-Pattaya Road, einsam gelegen, wo heute die Tukcom zu finden ist. Bald aber siedelten sich Bars in der Soi Diamond an, und eine richtige Attraktion war und ist noch heute die sich drehende Carousel-Bar, eröffnet seinerzeit vom Chefkoch des Royal Cliff Beach Resort. Max bot an einer Eckbar die billigsten Schnitzel der Stadt an und eine der ersten GoGo-Bars war das "Firehouse" unter deutscher Leitung. Immer mehr Bars und A-GoGos kamen hinzu, heute ist diese Seitenstraße aus dem Nachtleben Pattayas nicht mehr wegzudenken.

Gründerjahre

Lung Sen blickt zurück auf "die gute alte Zeit", da ihn viele fragen, wie es denn damals gewesen sei. Der Aufschwung vom Fischerdorf zum Badeort begann bereits in den 60ern. Da gab es in der heutigen Walking Street noch keine offenen Beer-Bars. Bis 1969 Khun Suthep, Besitzer vom damals vornehmsten Restaurant Pattayas, dem "Coral Reef", zusammen mit seinem Partner Ed Headley die Wand der zum Lokal gehörenden "Outrigger Bar" abreißen ließ. Das war nun die erste offene Bar, der kurz darauf viele andere folgten. Heute bereut Khun Suthep diesen Beschluss. Aber wäre nicht er der Erste gewesen, wäre ein anderer auf die Idee gekommen. Im "Coral Reef" wurde Jazz gespielt und dazu sang die farbige Amerikanerin Gladys fast wie Elle Fitzgerald. Suthep eröffnete später das "Thai Village Restaurant" am Strand bei der heutigen Royal Garden Plaza. Neben dem Restaurant gab es eine Beer-Bar mit einem Mädchen namens Oy. Das war die beste und lustigste Freischaffende, die Lung Sen kannte. Sie wechselte später in die Soi Diamond in die "Chiquita Bar", die sich in kurzer Zeit zum Treffpunkt der Junggesellen entwickelte. Oy war eine der wenigen, die ihr Geld sparte. Später betrieb sie als Mama San ihre eigene Bar in der Soi Wong-Amat. Ed Headley eröffnete 1980 eine GoGo-Bar mit Männern in einer Seitenstraße, die heute als "Boyz Town" bekannt ist. Und zwar an der Stelle, wo heute eine Unterwasser-Tanzshow geboten wird. Ed ist somit der Gründungsvater eines Ortes, an den nicht nur Gleichgeschlechtliche hingehen, sondern auch viele Frauen und Ehepaare. Denn dort wird viel an Unterhaltung geboten, die nichts mit Sex zu tun hat.

Wirt Dick oder auch Dankwart Schröter eröffnete vor 30 Jahren das noch heute bestehende "Alt Heidelberg". Es ist das älteste deutsche Restaurant an gleicher Stelle, kurz vor dem Eingang zur Walking Street. Dort stand bis 1976 ein großer Tamarinden-Baum. Ein prächtiger, gut gewachsener Baum mit dickem Stamm und riesigem Blätterdach. Leider fuhren an denselben öfters Autos, was einen Thai störte. Der kam bei Nacht und Nebel und sägte den Baum mit einer Kettensäge ab. Seither können Sägen dieses Typs nicht mehr von Privatleuten gekauft werden. Kurz darauf wurde der zweite, ebenso große Baum, mit Tüchern zum Mönch geweiht, auf das dieser stehen bleiben möge. Und er steht tatsächlich immer noch in der Nähe von "Marlowe Tailor" in der Walking Street. Der Schneider war übrigens ein Gründungsvater von Pattaya, zusammen mit "Kings Tailor". In den 70er Jahren eröffnete Dolf Riks sein indonesisches Restaurant gleichen Namens an der Abbiegung Beach Road in die Süd-Pattaya Road. Das war ein Gourmet-Tempel, der von Berühmtheiten wie Jonny Wayne aufgesucht wurde. Auch Arndt von Bohlen und Halbach war oft Gast und es war herrlich anzusehen, wie er nach dem Essen sein Make-up erneuerte, dann in die einzige Regenbogenbar Pattayas ging und alle jungen Männer zu sich in das Royal Cliff Hotel einlud.

Gute alte Zeiten

Als es die Promenade noch nicht gab, wir verdanken sie übrigens Khun Anusak Rodboonmee, dem ersten Bürgermeister der zur Stadt erklärten Gemeinde Pattaya im Jahre 1978, konnte man am Strand sitzen und von den Garküchen Nudelsuppen und anderes verzehren. Die Autos parkten direkt unter den Palmen, und am Strand gab es Schatten unter den großen, einladenden Pilzen aus Palmwedeln. Diese Idylle fiel dem Geldhunger der Stadt zum Opfer. Erst wurde die Promenade gebaut, dann wurden die Pilze durch Werbesonnenschirme ersetzt. Wie viel haben wohl Coca Cola, Pepsi und nun Bangkok Hospital Pattaya dafür an die Stadt bezahlt? Proteste gab es lauthals, aber damals wie heute ohne Erfolg.

Dann kam die Zeit der Videos. Vorreiter war Dieter im "Haus München". Nachmittage und Abende verbrachte man nun damit, die neusten Filme zu schauen. Viele Lokale zogen nach. Im Herbst 1978 eröffnete die erste GoGo-Bar mit Tänzerinnen ihre Pforten. Die "Tahitian Queen" lag weit ab vom damals noch recht noblen Ortskern. Dort, wo sie noch heute zu finden ist, nämlich bei der Soi 12. Es war damals undenkbar, eine solche "Obszönität" in der heutigen Walking Street zuzulassen.

Was gab es in der Naklua Road? Ganz wenige Häuser und zwei Massagesalons der eindeutigen Kategorie. Von einem steht heute noch die Fassade in der Nähe der Soi Pothisarn. Sonst aber gab es da nichts. Und wie sah es aus hinter dem Hügel im Royal Cliff? Dieses First-Class-Hotel hatte neben einer Bowling-Bahn damals schon einen eigenen Massagesalon.

Die Bahtbusse bekamen in den 70ern ihren Namen, denn jede Fahrt kostete einen Baht. Nun muss man bedenken, dass es damals für eine DM auch nur sieben Baht zurück gab. Die Strandstraße wurde in beiden Richtungen befahren, denn die heutige Second Road war noch im Bau, und außerdem gab es dort noch kein einziges Lokal oder eine Beer-Bar. Ärger mit den Fahrern hatte man nicht – wie auch heute, wenn man sich an die Regeln hält.

Lung Sen denkt

Schön war es ja. Gemütlicher. Jeder kannte jeden. Heute versinkt viel in der Anonymität und Lung Sen kritisiert die vorherrschende Geldgier. Gewiss, Zeiten ändern sich und man muss sich anpassen.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.