Lung Sen macht sich Gedanken . . .

Terroranschläge, Tote und Verletzte, Terroristen ge- ­fangen genommen - wann immer der Fernseher einge­schal­tet wird, werden wir mit solchen Nachrichten bombardiert. Was aber heisst Terror überhaupt? Angst und Schrecken verbrei­ten, Panik hervorrufen, die ordentliche Gesellschaft stören - das hat Lung Sen in einem Buch gelesen. Tatsächlich tun dies ja die Terroristen auch. Aber nicht alle Terroristen sind Terroristen im Sinne obiger Erklärungen, vielmehr sind viele von ihnen Freiheitskämpfer, die zu ter- ­roris­tischen Massnahmen grei­fen. Lung Sen muss nicht Palästina oder das Baskenland, den Irak oder Afghanistan als Beispiel aufführen. Da sind Freiheitskämpfer, aber Thailand hat sie in den fünf südlichsten Provinzen. In allen Ländern oder Teilen von Ländern wollen sie nur das eine: Autonomie oder gar einen eigenen Staat. Selbstverwaltung, weil sie sich von der jeweiligen Regierung unverstanden oder gar unter­drückt fühlen.

Sprach man denn im 2. Welt­krieg von den Wider­ständlern als Terroristen? Nein, höchstens Rebellen oder Aufständische wurden sie ge­nannt. Und im Gegensatz zu den heutigen Freiheitskämpfern griffen sie nur das Militär der Fremd­macht an. Keine Zivilisten. Und da liegt der grosse Denkfehler der heutigen Kämpfer für Unabhängigkeit: Sie meinen, mit terroristischen Mitteln, ohne Rücksicht auf Zivilisten oder Unbeteiligte, etwas zu erreichen. Tatsächlich drängen sie sich auf diese Art und Weise selbst ins Abseits, werden von der Welt als Terroristen bezeichnet - obschon sie es vom Gedanken her nicht sind.

Warum Lung Sen so tief­gründig denkt? Nun, in Pattaya werden wir alle andauernd wirklich terrorisiert. Durch die Motorradfahrer zum Beispiel. Aber auch den Autoverkehr. Jeder geht mit Angst und Schrecken über die Strasse. Selbst als Autofahrer ist keiner vor diesen aberwitzigen Mo- ­ped­fahrern gefeit. Wutsch, rast wieder einer kurz vor dem Auto vorbei. Vor Schreck tritt man auf die Bremse, und schon fährt hinten einer auf. Terror auf der Strasse. Die Motorradfahrer haben sich so in die Ecke der Unbeliebten gedrängt. Obwohl sie, wie die oben genannten Freiheits­kämpfer, in ihrer Gedankenwelt sich keines Fehlers bewusst sind.

Nicht zu vergessen die Baht-busfahrer. Auch Terroristen! Meinen immer und überall halten zu können, verbreiten Angst und Schrecken mit unverschämten Preisen. Oder dann, wenn sie den Knüppel hervorziehen, um den Fahrpreis einzutreiben. Sie scheinen nicht zu merken, wie sie durch ihr rüdes, terroristisches Verhalten immer unbeliebter werden.

Oft genug wurde in Leserbriefen von Musik-Terror geschrieben. Ja, auch eine Form von Terror, wenn die thailändischen Nachbarn bei ihrer Party nachts die Musikanlage voll aufdrehen. Oder wenn eine Karaoke-Bar bis in den frühen Morgen grässlichen Gesang lautstark verbreitet. Aber genauso wenig wie die Motorrad- und Baht-busfahrer sind sie sich bewusst, die ordentliche Gesellschaft zu stören. Das Denken dieser Leute verläuft in Bahnen, die der Farang nicht nachvollziehen kann. Genauso, wie er die Welt der Freiheitskämpfer nicht versteht, wenn sie zu terro­ristischen Mitteln greifen.

Genug von diesem Thema. Als Lung Sen seine morgend­lichen Laufübungen machte, kam er an einer Seitenstrasse vorbei. Dort stank es fürch­terlich. Wieder eine wilde Müllkippe, mitten in der Stadt (Strasse von der North Pattaya Road zur Soi Potisan).Trotz des grossen Hinweisschildes auf eine Strafe. Nein, sie lernen es immer noch nicht, unsere lieben Thais, dass Müll eben auf die offizielle Müllkippe gehört. Warum geht es nicht in ihren doch so grossen Kopf, dass sie nicht nur die Umwelt verschandeln, sondern auch das Grundwasser verschmutzen. Ist es denn so schlimm, ein paar Kilometer weiter zur städtischen Müllkippe zu fahren? Müssen sie denn immer so bequem sein? Es ist nämlich tatsächlich nur Bequemlichkeit, die die Thais zu solchem Verhalten veranlasst, wie Thai-Freunde von Lung Sen bestätigen. Eine Strafe haben sie nicht zu befürchten, denn keiner überwacht das Gelände. Also wird alles so bleiben wie seit Jahrzehnten.

Wäre das für den neuen Bürgermeister, oder gar Bürger­meisterin, nicht die Gelegenheit, sich zu profilieren? Oder scheitert das wieder an der allgegenwärtigen Korruption? Wenn ein städtischer Kontrol­leur einen Strafzettel ausfüllen will, bekommt er von der gerade Müll abladenden, auf frischer Tat erwischten Person ein “Trinkgeld” zugesteckt - und schon verschwindet der Block, und der Müll wird “entsorgt”. Vielleicht scheiterte auf die gleiche Weise die Säuberung der Beach Road von “Bordsteinschwalben”. Da werden ein paar Baht “Trink­geld” gegeben, und man kann sitzen bleiben. Wieder ein Knackpunkt für das neue Stadt­oberhaupt, das am 4. Mai gewählt wird. Deshalb ist der Alkoholausschank ab Samstag um 18 Uhr bis Sonntag um 24 Uhr verboten - genau wie am 26. und 27. April. Denn an diesem Sonntag sind in ganz Thailand Wahlen zu den Provinzparlamenten.

Der Leser wird gemerkt haben: Es ist alles nicht so einfach in einem Land, einer Stadt, wo die Korruption (=Bestechung) so offensichtlich gang und gäbe ist. Hier kann man sich alles für ein “Trinkgeld” erkaufen. Gemäss dem Gesetz darf es keine Bars geben, wo sich Damen (oder Herren) für Sexdienste anbieten. Dass es überhaupt GoGo-Bars gibt, liegt einzig und allein an den “Trinkgeldern”, die die Besitzer verteilen. Und dann kommt die typisch thailändische Aus­legung für solche Etablisse­ments: Hier bieten sich Damen (oder Herren) an zur Begleitung von Urlaubern, um diesen die Schönheiten des Landes zu zeigen. Und schon ist das Gewissen beruhigt und dem Gesetz Genüge getan.

Lung Sen denkt: Kleine und grosse Korruption gibt es überall. Mal mehr, mal weniger versteckt. Bestechung im grossen Stil ist auch in westlichen Ländern gut versteckt üblich. In ärmeren Ländern ist die kleine Korruption eher z-u Hause als in reichen Staaten. Man bessert so sein dürftiges Gehalt auf. Das gesamte Staatswesen müsste umgebaut werden, um die Bestechungen einzudämmen. Wirklich abschaffen kann die Bestechlichkeit wohl keiner.

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