Lung Sen macht sich Gedanken

Bahtbusse geben immer wieder zu reden.
Bahtbusse geben immer wieder zu reden.

Walter ist ein liebenswürdiger, besonnener Mensch. Nichts kann ihn aus der Ruhe bringen - nie sah Lung Sen ihn aufgeregt oder hitzig debattieren. Immer freundlich kam nie ein böses Wort über seine Lippen über die Thais, die er als seine Gastgeber ansieht. Und als Gast in einem fremden Land muss man die dort geltenden Gesetze, die Mentalität der Leute und die andere Lebensart akzeptieren. Es wäre nicht falsch, ihn als "Mann von Welt” zu bezeichnen.

So wird er nie verstehen, warum sich die Residenten immer wieder über die Bahtbusfahrer ärgern.

Warum sie sich über Sitten und Gebräuche der Thais aufregen, warum sie dauernd alles besser wissen und das auch noch laut verkünden oder in Leserbriefen aller Welt beibringen wollen.

Sein Motto lautet: Lass sie es machen, wie sie es gewohnt sind. Wie können wir es wagen, uns in die Lebensweise der Thais einzumischen? Man stelle sich vor, das würden die Ausländer in Deutschland machen. Würde sich der Deutsche etwa etwas von Ausländern sagen lassen? Kein Thai würde über hier lebende Ausländer so schmählich reden, wie der Deutsche zu Hause über die Gastarbeiter, die doch die Rentenkassen füllen und Steuern zahlen.

Da fährt Walter mit seinem schmucken Auto langsam aus der Einfahrt auf die Hauptstrasse. Er übersieht einen Bahtbus. Der Fahrer desselben macht eine Vollbremsung, um einen Unfall zu vermeiden. Es gelingt ihm, obwohl sich sein Auto dabei zweimal um die eigene Achse dreht. Geschockt steigt Walter aus, geht zu dem Fahrer des Bahtbusses und entschuldigt sich. Der Fahrer nimmt höflich die Entschuldigung mit einem Lächeln und einem "Wai” an (zusammenlegen der Hände vor dem Gesicht, thailändische Höflichkeitsform und Gruss). Ein ausländischer Fahrgast jedoch schreit den Walter an und beschimpft ihn. So lautstark und frech, dass der Bahtbusfahrer den Mann aussteigen lässt, sich weigert, ihn weiter zu transportieren.

Es gibt immer auf der ganzen Welt gute und schlechte Leute. Dass die Fahrer der Bahtbusse immer wieder verteufelt werden, liegt nicht zuletzt an den Residenten selbst. Nach den vielen Jahren im Lande haben sie die Lebensweise des Gastvolkes immer noch nicht begriffen - oder wollen das auch gar nicht. Sie brüllen immer noch herum, statt wie hier üblich höflich mit einem Lächeln zu argumentieren. Jeder kann einmal aus der Haut fahren. Sicher, auch Lung Sen. Dazu muss es aber einen deftigen Grund geben. Auch Thais bleiben nicht immer ruhig. Meinungsverschiedenheiten werden durchaus auch mal lautstark ausgetragen. Nach mehreren Jahrzehnten im Land hat Lung Sen gelernt, wann es angebracht ist, seiner Meinung deftig Ausdruck zu geben.

Doch zurück zu Walter. Er hat völlig recht mit seiner Aussage: "Wir sind doch hier, weil es nicht so ist wie in Deutschland.” Wie wahr! Und trotzdem wollen die Residenten "deutsche Sitten” hier einführen. Weiter: "Wenn es ihnen nicht gefällt, ja, warum bleiben sie dann hier?” Gut gefragt.

Lung Sen stellt sich die Frage auch und denkt: Wahrscheinlich können sie gar nicht zurück. Sie kommen mit der deutschen Lebensweise nicht mehr zurecht, sind dort ausgestiegen, weil es ihnen nicht mehr passte. Aber müssen sie dann hier einführen wollen, was sie von zu Hause weg trieb?

Jeder sollte einmal in sich gehen und über die vielen Vorteile des Lebens in Thailand nachdenken. Die niedrigen Lebenshaltungskosten, billige Miete, angenehmes Klima und nicht zuletzt wunderschöne Frauen, die ja so anschmiegsam sind, so zärtlich, so lieb - und so teuer. Wie weltweit, geht das meiste Geld des Mannes an seine Frau oder Freundin. In Thailand noch dazu an ihre Familie. Und weil die Herren dadurch immer weniger Bares besitzen, wird gespart wo man nur kann. So kommt es zu den Auseinandersetzungen um die nunmehr schon berühmten 5 Baht für eine Fahrt mit dem Bahtbus. Oder die Aufregung wegen unterschiedlichen Preisen für Thais und Farang. Es ist doch seltsam, dass nur Residenten diesen "Ärger” haben. Kaum ein Urlauber hat sich darüber erregt, findet 10 Baht als angemessen und stört sich nicht daran, dass die Thais nur die Hälfte bezahlen. Doppelte Preise? Wer, wie Lung Sen, Freunde auf Sylt hat, der weiss, dass die Sylter weniger in den Restaurants bezahlen als die dort Urlaub verbringenden Leute. So ist es auch in Oberbayern, denn von dort kommt Lung Sens Schwager. Geht Lung Sen alleine ein Bier trinken, bezahlt er 3,50 Euro. Mit dem Schwager zusammen aber kostet die halbe Mass nur noch 2,50 Euro - im gleichen Lokal.

Liebe Residenten, hadert doch nicht immer um Dinge, die ihr sicher nicht ändern könnt. Besteht nicht immer auf dem, was ihr "Recht” oder gar "aus Prinzip” nennt. Letzteres ist ein furchtbares Wort. Prinzipienreiter sind die schlimmsten aller Menschen. Jeder hat sich über sie schon geärgert, und sie haben mehr Feinde als Freunde. Deshalb vergesst schnell alles, was ihr als euer "gutes Recht” einstuft. Keiner von uns hat das Recht, den Thais vorzuschreiben, was sie tun und lassen müssen. Dass Thais ihre eigenen Regeln haben, sollte doch nun wirklich jeder wissen. Und daran können und werden wir nichts ändern - so viel da auch geschimpft und geschrieben wird. Lung Sen zitiert noch einmal Walter: "Leben und leben lassen!” Wem es nicht passt, der soll einmal in die Provinz fahren, in das Dorf seiner Angebeteten. Dann wird er bald feststellen, wie viel schöner es doch in dem betrügerischen Pattaya ist.

Lung Sen denkt: In allen Orten, die von Touristen heimgesucht werden, wird gemauschelt. Das war schon immer so und wird sich auch nie ändern. Wer hier lebt, der muss das in Kauf nehmen oder eben gehen. Schimpfen, diskutieren, debattieren und Leserbriefe schreiben wird nicht das Geringste am Zustand ändern. Damit schafft sich jeder nur Feinde und ist, ausser in der Clique von Gleichgesinnten, nicht gerne gesehen. Und zudem: Wer sich viel ärgert, wird schneller alt, stirbt früher. Welch’ ein Segen!

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