Lung Sen macht sich Gedanken

Lung Sens Wecker im Isaan.
Lung Sens Wecker im Isaan.

Wie war die Freude gross, als Lung Sen in sein geliebtes Dorf im Nordosten kam. Frau Gaysorn war gerade zur Stadträtin gewählt worden. Einzige Frau unter knapp 70 Männern. Richtig stolz ist er nun auf seine liebe Gaysorn, die neben der Feld- und Hausarbeit nun zwar noch mehr zu tun hat, dieses aber bewältigen kann.

Herrlich, nach dem hektischen Pattaya, wieder die Ruhe zu geniessen. Morgens gegen 4.30 Uhr von den Hähnen geweckt zu werden, um dann wieder zufrieden einzuschlafen. Tagsüber im Garten zu arbeiten und die Schäden am Haus zu reparieren, die Lung Sen wie immer selbst entdecken musste. Gemütlich mit den Freunden, alles Thais, auf der Terrasse zu sitzen und am Abend ein paar kühle Biere zu trinken. Viel Sannuk (Spass) aber auch Probleme werden diskutiert. Mit Frau und Kindern ein Ausflug nach Nakhon Panom zum einkaufen und Kaffee trinken. Da kosten 2 Espresso, ein Capuccino, zwei Glas Milch und ein Glas Schokomilch gerade mal 120 Baht…

Dann der Aufbruch. Mit dem Auto nach Bangkok, runde 700km, Abstellen des Wagens und mit dem Taxi zum Flughafen. Dort wollte Lung Sen mit seinem Schwager wie gebucht bei der Emirates einchecken. Doch die Tickets waren annulliert worden. Oh Schreck! In Deutschland und in der Schweiz waren Termine abgesprochen. Nach Rücksprache mit dem Reisebüro in Pattaya, wo der Fehler zu suchen war, hinüber zur Thai Inter. Alles voll in der Economy Class. Also Business Class. 139.000,00 Baht! Ein hektisches einchecken, denn der Flug ging 0.30 Uhr und nun war es schon 23.20 Uhr. Lung Sen wird später berichten, wie alles geklärt wurde.

Anflug auf Zürich. Von oben blicken wir auf grüne Felder und Wälder. Dann kommt Zürich in Sicht. Herrlicher Blick auf die Stadt, in der Lung Sen einst 4 Jahre arbeitete. Landung, Passkontrolle und Gepäck abholen - alles ging sehr schnell. Sofort in das nächste Cafe´ im Flughafen und, oh Wunder, man durfte rauchen! Ganz im Freien und nicht in solchen „Käfigen“ wie in Bangkok. Danach wurde der Mietwagen abgeholt, und es ging über saubere Strassen mit geordnetem Verkehr Richtung Deutschland. Immer schön rechts halten, musste sich Lung Sen wieder und wieder sagen. Der Schwager war beeindruckt. Alles so gepflegt, schöne Gärten, Wiesen, Wälder und Felder. Jeder hielt sich an die Verkehrsordnung und, oh Wunder, keine Motorräder! Dagegen viele Menschen auf Fahrrädern oder zu Fuss unterwegs. Freilich kam sofort die Frage: „Warum laufen die alle“ „Können die sich keine Motorbikes kaufen“ Lange Erklärung von Lung Sen.

Und so sollte es bleiben. Immer wieder bekam Lung Sen von Apichet Fragen gestellt, warum das so sei, warum dies anders ist, warum, warum, warum…. Und so sah auch Lung Sen sein Land einmal mit den Augen eines Thai. Tatsächlich haben die Schweiz und Deutschland eine Ordnung, die in Thailand zu fehlen scheint. Keine stinkenden Strassen, abgesicherte Baustellen, Sauberkeit all überall, Beachtung der Gesetze, Schlösser, Burgen und Kirchen tadellos gepflegt und, man staune, Freundlichkeit unter den Menschen. Apichet war beeindruckt davon, dass sich fremde Menschen mit „Grüss Gott“ oder „Guten Tag“ begrüssten, während Thais, die sich nicht kennen, aneinander vorbei gehen, keiner den anderen beachtet.

Bei Essen und Trinken jedoch wurde noch mehr gestaunt. „Was sind denn das für Preise Für einmal Ausgehen kann ich in Thailand eine Woche leben!“ Ja, lieber Schwager, der Verdienst in Deutschland oder der Schweiz ist ja auch ganz anders. Nun folgte eine lange Erklärung über die Einkommensverhältnisse, Steuern und sonstige Abgaben. Und es wurde ihm klar, dass nicht jeder Farang ein Millionär ist. Umgekehrt aber ein Thai Millionär sein muss, um sich eine solche Reise leisten zu können. „Ihr bekommt für einen Euro 50 Baht und könnt so bestens in Thailand leben. Ich verdiene im Monat 8.000 Baht. Das sind 160 Euro. Wie sollte ich mir je Ferien in Deutschland leisten können“ Recht hat er! Farang vergessen nur zu gerne, wie billig sie hier leben, stöhnen, wenn ein Rollbraten mal 135 Baht kostet. Suchen sich Kneipen, wo das Bier nur 30 oder 35 Baht kostet. In den billigsten Lokalen in Deutschland, die Lung Sen besuchte, kostete das Glas 0.4l stolze 1,80 Euro = 90 Baht und das Tellergericht mindestens 8,50 Euro = 425 Baht. Ein Besuch auf der Reeperbahn brachte meinen Schwager zur Aussage: „Nun weiss ich, warum die Männer alle nach Thailand kommen!“ Denn um in ein Striptease Lokal zu gehen, waren schon mal 15 Euro plus Bier pro Person nötig. Was dann drinnen geboten wurde, oh je…. Da tanzte ein älteres Modell herum, zeigte etwas Busen und mehr nicht. Die zweite Tänzerin verlangte gar einen Drink, bevor sie das Oberteil abstreife. Wir gingen. Lung Sen rechnete vor: Eintritt 15 Euro, Ladydrink 30 Euro, für die Dame 200 Euro, zusammen also über 12.000 Baht für ein Schäferstündchen. Und zwar wirklich nur eine Stunde, eher weniger.

Hingegen beeindruckte ihn, dass bei Besuchen von Museen, Schlössern, etc., jeder den gleichen Preis zahlen musste. Noch mehr staunte er, als er weniger zahlte als Lung Sen. Der hatte ihn nämlich oft als Studenten ausgegeben, und diese bekommen Nachlass. Der Besuch auf dem Titlis, über 3.000m hoch, wird ein unvergessliches Erlebnis bleiben. Ewiger Schnee und Eisgrotte! Das überwältigende Panorama der Alpen - das gibt es nicht in Thailand.

Landung in Bangkok. Ewiges Warten vor der Passkontrolle, dann auf die Koffer. Nach über einer Stunde sassen wir im Taxi. Ungeordneter Verkehr, Gestank, Motorräder - ist es nicht schön, wieder in der Heimat zu sein…

Lung Sen denkt: Jedes Land hat Vor- und Nachteile. Wer nur das Gute sieht, liegt genau so falsch wie der, der nur das Schlechte sieht. Das Mittemass ist das richtige. Deshalb möchte Lung Sen Deutschland nicht missen - aber auch nicht Thailand.

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