Der Weihnachtseinkauf

Callolo und seine Herzallerliebste - Eine humorvolle Geschichte 

Der Weihnachtseinkauf

"Callolo, weißt du, was ich mir zu Weihnachten von dir wünsche?"

"Es gibt kein Weihnachten in Thailand."

"Aber Callolo!"

Wir standen im "Big C", und um uns herum funkelte und glitzerte die Kitschdekoration, während aus den Lautsprechern Weihnachtslieder plärrten. Mir war schnell klar, dass meine Argumentation nicht sehr überzeugend war.

"Weihnachten ist ein Fest für die Christen, und was du hier siehst, das ist nur darauf gerichtet, Farangs zum Kauf zu bewegen."

"Ja, für ihre Liebsten", ergänzte meine Herzallerliebste meinen Satz, um nach einer kurzen Pause fortzufahren: "In deinem Fall bin ich das doch oder?"

"Die Thais versuchen aus allem ein Geschäft zu machen", entgegnete ich verärgert.

"Aber Weihnachten ist doch das Fest der Liebe." Nai schaute mich mit ihrem unwiderstehlichen Charme an. "Und Liebe ist international. Das sieht man doch an uns."

Es hatte gar keinen Zweck, auf Konfrontationskurs mit ihr zu gehen. Außerdem hatten wir vor Jahren schon gemeinsam in Deutschland Weihnachten gefeiert. Ich konnte ihr also nichts vormachen. Schweigend gingen wir nebeneinander weiter. Ich hoffte, das Thema hätte sich zumindest für heute erledigt, da begann sie es von der anderen Seite: "Callolo, was wünschst du dir eigentlich von mir?"

Ihr Überrumpelungsversuch war gelungen.

"Ich? Äh gar nichts. Was sollte ich mir wünschen? Ich brauche nichts."
"Du sollst dir ja auch nichts wünschen, was du brauchst, sondern etwas, worüber du dich freuen würdest."

Langsam dämmerte mir, warum wir heute, am dritten Adventssonntag, in diesem Kaufhaus waren. Das war kein Zufall, sondern von meiner Herzallerliebsten geschickt eingefädelt worden.

"Callolo, sag mir doch bitte, womit ich dir zu Weihnachten eine Freude machen kann, bitte!" "Mir fällt nichts ein."

"Eine Uhr vielleicht oder ein modisches Hemd?" hakte sie nach, "oder wie wäre es mit einem Bildband über Thailand?" Ich schüttelte den Kopf: "Ich möchte jetzt einen Kaffee trinken."

"Später, Callolo, später. Ich weiß jetzt, was ich dir schenken möchte." "Und das wäre?"

Sie dirigierte mich zum nächsten Juwelier.

"Schau mal, Callolo, diesen vergoldeten Bilderrahmen. Dazu lass ich ein Foto von mir machen, und dann stellen wir ihn auf dein Nachtschränkchen. Dann siehst du mich immer, bevor du einschläfst und als erstes beim Aufwachen."

Ich wagte schon gar keinen Einwand mehr, zeigte nur schüchtern auf den Preis: 9.800 Baht.

"Kein Problem, Callolo, du schenkst mir zu Weihnachten 10.000 Baht, und ich schenke dir diesen wunderschönen Partnerschaftsrahmen."

Jetzt erst entdeckte ich den zweiten Rahmen. Im ersten steckte das Bild einer Frau, im anderen das eines Mannes. Meine Herzallerliebste ist wirklich clever, manchmal denke ich, zu clever. Natürlich wusste sie, dass diese Rahmen zusammengehören, und dass, wenn sie mir einen schenkte, ich ihr den anderen schenken musste. Hatte ich denn überhaupt noch eine Chance? Ich gab ihr das Geld und ging auf einen Kaffee ins nächste Restaurant. Als sie kurz darauf kam, entschuldigte ich mich und kaufte das passende Gegenstück, wohl wissend, dass ich nun beide Geschenke bezahlt hatte.

In meinem Kopf spukten Rachegedanken. Welches Foto sollte ich in diesen Rahmen klemmen? Ich besaß eines von meinem Großvater, aufgenommen kurz bevor er mit einhundertunddrei Jahren gestorben war. In seinen jungen Jahren hatte er mir sehr ähnlich gesehen. Aber dann dachte ich: Was hätte ich davon, wenn meine Herzallerliebste beim Einschlafen und beim Aufwachen stets diesen Greis vor Augen hatte? Das würde unserer Beziehung sicher nicht gut tun.

Einige Tage später ging ich in einen Fotoladen und ließ ein Jugendfoto von mir vergrößern.
Anschließend kaufte ich in einer Apotheke ein paar Pillen, die mich in den Zustand zurückversetzen sollten, in dem ich mich befand, als dieses Bild entstand. Es sollten ja fröhliche Weihnachten werden. Und wie hatte meine Herzallerliebste ganz richtig gesagt?: Weihnachten ist das Fest der Liebe.

Callolo und seine Herzallerliebste und Angekommen in der Wirklichkeit

Callolo und seine Herzallerliebste

In 130 heiteren Kurzgeschichten hat Autor Carolus in zwei Büchern sich mit unterschiedlichen Erfahrungen, die sich aus dem Zusammenleben zwischen Thais und Farangs ergeben, verfasst. Die humorvollen Geschichten behandeln das Eheleben zwischen Nai und Callolo. Im Leben der beiden wird viel Toleranz abverlangt. Dass es trotzdem immer wieder ein Happy End geben kann, beweist der Autor, im ersten Buch, in vielen unerwarteten Entwicklungen. Im zweiten Werk hat der Autor seine „rosarote Brille“ abgenommen und erzählt auf ehrliche und gewohnt charmante Weise über Probleme und Schwierigkeiten, die in seiner nicht mehr ganz taufrischen Beziehung zu Nai entstehen.

Die beiden Taschenbücher können Sie im FARANG-Onlineshop bestellen.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Jürgen Franke 23.12.19 22:32
Herr Knauer, mit Ihrer Meinung sind Sie
bestimmt nicht alleine. Auch in meiner Familie gab es nie etwas, was man unter Überraschung zu verstehen hatte. Um Liebe oder Zuneigung auszudrücken, gibt es viele andere Möglichkeiten.
Thomas Knauer 23.12.19 18:16
Da hab ich wohl die Ausnahme entdeckt, Geschenke gibt es weder zu Weihnachten noch zu Geburtstagen oder sonstigen Anlässen. Weder erwünscht noch erwartet. Hat mit Liebe ja auch nur sehr wenig zu tun, Aufmerksamkeit und Zuwendungen sind das Lebenselixier unserer Beziehung