Aromaten

​Callolo und seine Herzallerliebste - Eine humorvolle Geschichte 

Aromaten

Meine Herzallerliebste war wieder einmal den halben Tag irgendwo unterwegs. Ich hatte mir selbst das Frühstück gemacht und mein Mittagessen gekocht. Da ich ihre Allüren aus jüngster Zeit kenne, war ich darüber auch nicht besonders verärgert oder gar verbittert. Ich öffnete nach dem Lunch eine Flasche Wein und las in einem Buch, als sie, völlig durchnässt, heimkam.

„Wo warst du so lange?“ fragte ich sie

„Shopping.“

„Und was hast du gekauft?“

„Nichts.“

„Wieso nichts?“

„Ich habe nichts Passendes gefunden.“

Sie verschwand im Bad, dann im Schlafzimmer und kam danach, wie aus dem Ei gepellt, zu mir zurück ins Wohnzimmer.

„Was machst du, Callolo?“

„Ich lese.“

„Das sehe ich. Was liest du?“

„Über Aromaten.“

„Über Aromaten? Das interessiert mich. Was sind Aromaten? Parfüm-Automaten?“

„Es ist schwierig zu erklären.“

„Dann lies es mir doch bitte vor, Callolo.“

„Also gut.“

Sie goss sich ein Glas Wein ein, setzte sich neben mich und lauschte hochinteressiert und mit offenem Mund meinen Worten:

„Aromaten sind Kohlenwasserstoff- Verbindungen von Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H) in eigenartiger, nämlich ringförmiger Molekül-Struktur. Typischer Vertreter ist das Benzol, dessen Molekül aus sechs Kohlenstoff- und sechs Wasserstoffatomen besteht, dem sogenannten Benzolring. Benzol entsteht in der Glut der Kokskammer bei der Verkohlung der Steinkohle. Die Weiterbehandlung mit katalytischer Druckraffination gibt dem Benzol dazu eine vorbildliche Reinheit. Hieraus und aus der ringförmigen Molekül- Struktur erklären sich seine hervorragenden Kraftstoff –Eigenschaften.“

Mit offenem Mund und aufgerissenen Augen hörte sie zu, sah mich dabei an, als ob ich ihr gerade ein Weltgeheimnis eröffnete.

„Diese bestechenden Vorzüge von Benzol“, fuhr ich fort, „prägen in wohlabgestimmter Mischung mit besten Benzinen den einmaligen Charakter des klassischen Benzolgemischs, dem blaugrün schimmernden Kraftstoff ohne jeden Tadel – mit lauter Vorzügen.“

Plötzlich sprang Nai auf und rief: „Ja, blaugrün schimmernd! Jetzt weiß ich, welches Kleid ich kaufen muss, um morgen, beim Geburtstag meiner Freun- din, groß herauszukommen.“

Und damit griff sie zu ihrer Tasche und einem Regenschirm und rauschte davon.

Technisches Verständnis?

Kaum. Aber blaugrün schimmernd.

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