Die Nigeria - Connection

​Callolo und seine Herzallerliebste - Eine humorvolle Geschichte 

Die Nigeria - Connection

Hatte ich eigentlich davon berichtet, dass ich meiner Herzallerliebsten, nach- dem sie mich endlos gelöchert hatte, vor einigen Monaten einen Computer geschenkt habe? Täglich war ich Stundenlang damit beschäftigt, sie in die Grundkenntnisse einzuweisen. Inzwischen kennt sie sich besser aus als ich. Täglich probiert sie neue Programme aus, und gestern ist das Unausbleibli- che auch passiert:

Als ich aus der Stadt kam, fiel sie mir um den Hals und teilte mir zwischen

Weinen und Lachen mit: „Callolo, wir haben für alle Zeiten ausgesorgt.“

„Wie? Was? Spinnst du?“

„Callolo, wir bekommen zehn Millionen Euro.“

„Von wem?“

„Von einem nigerianischen Erdölminister. Der will das Land verlassen mit einhundert Millionen Euro. Aber dafür braucht er eine Kontonummer außer- halb von Afrika, wohin er das Geld vor seiner Ausreise überweisen kann.“

„Die kann er sich doch jederzeit einrichten lassen.“

„Eben nicht, Callolo. Er hat ganz viele Leute überprüft und uns als die seri- ösesten ausgewählt. Wir müssen ihm jetzt nur unsere Bankverbindung mit- teilen, und dann überweist er das ganze Geld, von dem wir zehn Prozent bekommen.“

„Schatz, ich weiß zwar, dass du an alle möglichen Geister glaubst, aber an einen nigerianischen Erdölminister solltest du besser nicht glauben. Das ist alles Schwindel.“

„Ja, wenn du meinst, Callolo“, schmollt sie, „ich hatte mich schon so gefreut.“

„Ich meine nicht nur, liebe Nai, ich weiß, dass hinter diesen Offerten Betrü- gerbanden stehen, die schon viele Gutgläubige um all ihr Hab und Gut gebracht haben.“

Nai gibt sich einsichtig. Das Thema scheint erledigt.

Aber dann sehe ich Tage später auf meinem Kontoauszug eine Abbuchung von vierzigtausend Baht.

„Nai, kannst du mir bitte erklären, was das zu bedeuten hat?“

„Callolo, das ist für die Steuer, damit das Geld ausgeführt werden darf.“

Ich setze mich sofort ans Telefon und lass diese Überweisung rückgängig machen.

„Sag mal, Nai, hast du immer noch nicht begriffen, dass wir ausgeplündert werden sollen, und dass die Banditen glauben, in dir das ideale Opfer gefun- den zu haben?“

„Aber das wäre für uns doch eine Riesen-Chance.“

„Nai, kein Mensch verschenkt für eine Kontonummer zehn Millionen Euro. Du bist wirklich noch viel naiver als ich dachte.“

Kaum hatte ich das gesagt, traf eine neue Mail ein. Darin hieß es, neue Pro- bleme seien aufgetaucht, die aber leicht zu beheben seien, wenn wir sofort hunderttausend Baht nachschießen würden. In einer Woche wäre dann die gesamte Summe auf unserem Konto.

„Merkst du langsam, was hier abläuft?“ fragte ich meine Herzallerliebste. Ich glaube nicht, dass ich sie überzeugt habe.

„Wenn man in einer Lotterie gewinnen will, muss man vorher doch auch etwas investieren, Schatz.“

„Stimmt“, entgegne ich, „aber wenn du erst einmal angefangen hast, bei dieser Betrüger-Mafia einzuzahlen, dann lassen sie nicht mehr locker, bis du nichts mehr hast.“

Nai zeigt sich uneinsichtig. Was bleibt mir übrig? Ich habe die Vollmacht über mein Thai-Konto für sie sperren lassen.

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Dracomir Pires 15.01.23 15:00
Nai leitet sich vom Wort Naiv ab
Lieber Callolo, du solltest deine Nai mal so richtig zur Brust nehmen. Geht nicht, gibts nicht.