Das Schreckgespenst Ölförderung ist zurück

​Mobile Förderanlage der ‚PTTEP Thailand‘ vor Koh Samui – Derzeit nur Erdgas-Mission

Was geht da vor – vor Koh Samuis Küste?
Was geht da vor – vor Koh Samuis Küste?

THAILAND: Wie ein Lauffeuer verbreitete sich Ende Mai 2014 die Nachricht über die Insel Koh Samui und dann über soziale Netzwerke hinaus in die weite Welt: „Ölplattform vor dem Strand Lamais gesichtet!“ – FARANG-Recherchen haben ergeben, dass derzeit keine akute Gefahr einer Ölförderung in der Region besteht. Die mobile Plattform der ‚PTTEP‘ Thailand  zur Erforschung von Erdgas-vorkommen ist nach einer Woche abgezogen worden. Dennoch geht seither die Angst um: Was geht da vor – vor Koh Samuis Küste, und droht der Urlaubsregion doch noch das Schicksal einer massiven Öl- und Erdgasausbeutung im Inselarchipel?

Für Aufregung sorgte die ‚Crest Spartan 8‘ vor dem Lamai Beach. Zuerst hatten Fischer das schwimmende Forschungsschiff der ‚PTTET Thailand‘ entdeckt. Fotos: sg
Für Aufregung sorgte die ‚Crest Spartan 8‘ vor dem Lamai Beach. Zuerst hatten Fischer das schwimmende Forschungsschiff der ‚PTTET Thailand‘ entdeckt. Fotos: sg

Es sind stets die schlechten Nachrichten, die beim Thema Ölförderung ein weltweites Echo hervorrufen. Das ist auch in Thailand nicht anders. Dass vor den Küsten des Königreiches im Golf von Thailand schon seit Jahren von Großkonzernen wie Chevron und PTT Öl und Erdgas gefördert werden, haben die meisten nicht verinnerlicht – meist aus Unkenntnis. Obwohl sich Unfälle bisher in überschaubaren Grenzen hielten, trägt die Reputation der Ölförderung Unbehagen in Touristengebiete wie Pattaya, Koh Samet, Koh Chang oder ins 500 Kilometer weiter südlich gelegene Koh Samui.

„Die Ölpest im Ferienparadies: Blaues Meer, leuchtend-weißer Sandstrand, sattgrüne Palmen – jetzt ist alles nur noch schwarz!“ Europas größte Zeitung, BILD, verbreitete vor nicht einmal einem Jahr Angst und Schrecken mit dieser Schlagzeile über die Situation auf der Ferieninsel Koh Samet. BILD: Nach einem Pipeline-Leck im Golf von Thailand habe die 13-Quadratmeter-Insel seit dem 29. Juli mit schlimmen Folgen zu kämpfen.

Aufschrift auf dem linken Stützpfeiler des stählernen Giganten: Einsatzbeginn am 17. Mai 2014.
Aufschrift auf dem linken Stützpfeiler des stählernen Giganten: Einsatzbeginn am 17. Mai 2014.

Koh Samet kam damals durch den schnellen Einsatz von Rettungsteams mit einem dunkelblauen Auge davon. Der Chef der Firma PTT Global Chemical übernahm die volle Verantwortung für das Unglück: „Wir werden alles tun, um die Folgen so schnell wie möglich zu beseitigen”, sagte er. Das Unternehmen, dem die ramponierte Pipeline gehört, ist eine Tochterfirma des staatlichen Ölkonzerns PTT.

Diese Geschichte trug dazu bei, dass Residenten und Urlauber auf den Inseln im Golf von Thailand regelrecht in Panik verfallen, wenn das Thema Ölförderung einen aktuellen Bezug erhält. Auf Koh Samui sorgte in der letzten Mai-Woche eine schwimmende Erforschungsplattform der ‚PTT Exploration & Production PCL Thailand‘ (PTTEP.TH) für helle Aufregung.

Schiff wieder weg: Verunsicherung bleibt

Laien hielten den Aufbau für einen Öl-Bohrturm.
Laien hielten den Aufbau für einen Öl-Bohrturm.

In Sichtweite des berühmten Lamai-Strandes und des Fischerdorfes Hua Thanon schaukelte am 26. Mai plötzlich die mobile Plattform ‚Crest Spartan 8‘ in den Wellen, Heimathafen Singapur. Betreiber ist die PTTET Thailand. Dass das Schiff mit dem gigantischen Aufbau und einer Stützvorrichtung für Bohrungen nach wenigen Tagen wieder verschwand, beruhigte die Gemüter keineswegs. Viele befürchten seither, dass eine vor vier Jahren öffentlich gewordene Öloffensive von Konzernen wie PTT, Chevron oder NuCoastal im Inselbereich Koh Samui wieder aufleben könnte.

Damals hatte das Oberste Verwaltungsgericht in Bangkok Ölförderplänen eine vorübergehende Abfuhr erteilt. Nicht zuletzt wegen riesiger Proteste, die sich im Sommer 2010 auf Koh Samui gegen die Ölfirmen formiert hatten – in erster Linie aber wegen Verfahrensfehlern in der Genehmigungsphase. Das Gericht urteilte, die politischen Institutionen und Vereinigungen, wie die Tourism Authority of Thailand (TAT) sowie die Fischereiverbände, seien nicht ausreichend über das Vorhaben der Ölförderung im Lebensraum Koh Samuis informiert worden. Danach war es schlagartig ruhig um das Thema geworden. Bis die ‚Crest Spartan 8‘ Ende Mai 2014 aufkreuzte.

Kill the drill – Tod der Ölförderung: Riesenproteste auf Koh Samui am 31. Juli 2010. 50.000 gingen auf die Straße.
Kill the drill – Tod der Ölförderung: Riesenproteste auf Koh Samui am 31. Juli 2010. 50.000 gingen auf die Straße.

Weitere Recherchen des FARANG unter Mithilfe von Koh Samuis TAT-Präsident Tangongsak Somwong (Tourism Authority of Thailand) ergaben, dass sich die Mission der ‚Crest Spartan 8‘ vor Koh Samui sehr wahrscheinlich auf künftige und bereits laufende Erdgasprojekte im Golf von Thailand bezieht. Tanongsak, der auch Vorsitzender der einflussreichen Vereinigung von Tourismusunternehmern ‚Love Chaweng‘ ist, spricht von eindeutigen Indizien für Erdgas-Aktivitäten – und nicht von Ölförderung. Für Ölbohrungen im Bereich Koh Samuis ist seiner Kenntnis nach bis heute keine neue Genehmigung erteilt worden.

Eine Milliarde Dollar an US-Konzern gezahlt

Dass hinter den Kulissen der weltweit operierenden Öl- und Erdgaskonzerne derzeit mächtige Transaktionen durchgeführt werden, beweist eine Meldung aus Hong Kong.  Thailands ‚PTT Exploration & Production PCL‘ – die sich selbst als Flaggschiff für das Finden und Fördern fossiler Brennstoffe bezeichnet – hat Ende April 2014 mächtig viel Geld ausgegeben. Eine Milliarde Dollar zahlte das Thai-Unternehmen an die amerikanische Ölfirma ‚Hess Corporation‘, die unter anderem in ganz Asien massive Anteile an Fördergebieten besitzt.  Erworben wurden Anteile und damit verbundene Bohrrechte auch im Golf von Thailand.

TAT-Präsident Somwong: Keine Ölförderung vor Samui.
TAT-Präsident Somwong: Keine Ölförderung vor Samui.

Die Firma mit Hauptsitz in New York City ist einer der großen Ölförderer der Welt. Zu den 13 agierenden Direktoren zählen einflussreiche Persönlichkeiten aus den Top-Etagen der Welt-Ölbranche, frühere Bankpräsidenten und US-Regierungsberater und auch der einstige Generaldirektor von American Express.  Da sich die Hess Corporation USA laut eigenen Angaben künftig auf den nordamerikanischen Markt konzentrieren will, stößt sie Anteile in Milliardenhöhe in Asien ab, u.a. auch in Thailand, Malaysia, Indonesien und China.

Thailands PTTET-Präsident und Generaldirektor Tevin Vongvanich sagte vor wenigen Wochen, dass diesem Kauf noch weiterer Anteilserwerb folgen würde. Es handle sich dabei um ein Projekt auf dem Festland im Süden des Landes und ein weiteres im Golf von Thailand. Ob davon auch die Urlaubsregion Koh Samui mit den Inseln Phangan und Koh Tao betroffen sein könnte, diese Antwort blieb PTTET bisher schuldig.

Thailand will Öl nicht mehr ankaufen

Dass bei Investitionen in Milliardenhöhe irgendwann auch Geld durch Rohstoffgewinnung zurückfließen muss, diese Vermutung alarmiert nun Anrainer, Umweltschützer und Tourismusverbände. Aus dem mehrfach artikulierten politischen Willen der thailändischen Finanzwelt, sich möglichst schnell unabhängig von der internationalen Erdöl- und Erdgasversorgung zu machen, leiten sich weitere Spekulationen ab. Thailand will sich mittelfristig selbst versorgen und nicht mehr teures Öl und Erdgas einkaufen. Eins und eins ergäbe dann schnell zwei…

Vor 10 Monaten auf Koh Samet: Spezialkräfte reinigen den Strand nach einem Ölunfall der PTT-Global Chemical Thailand.
Vor 10 Monaten auf Koh Samet: Spezialkräfte reinigen den Strand nach einem Ölunfall der PTT-Global Chemical Thailand. Foto: epa

Weil die Informationspolitik zähflüssig ist und Fakten nur scheibchenweise an die Öffentlichkeit gelangen, steigt die Verunsicherung von Urlaubern und Residenten in den betroffenen Regionen. An sich wäre Erdgasförderung im flachen Golf von Thailand mit durchschnittlich nur 45 Metern Wassertiefe keine große technische Herausforderung und überschaubar sicher, sagen selbst Kritiker und Experten. Warum also nicht die Karten auf den Tisch legen?

Anders sieht es seit dem 29. Juli 2013 nach dem Unfall vor Rayongs und Koh Samets Küste bei der Erdölförderung aus. Hier hat ein Bedienungsfehler mit ins Meer gelaufenen 50.000 Litern des Brennstoffes mächtig Öl ins Feuer der Gemüter geschüttet. Immerhin folgten relativ schnell das Schuldeingeständnis von PTT Thailand und eine finanzielle Entschädigung. Das sei nur eine Notbremse gewesen, nicht mehr und nicht weniger, argwöhnte Greenpeace, einer der einflussreichsten Gegner von Ölförderung im Golf von Thailand.

Mit mehr Transparenz könnte in Zukunft zumindest eine Imageverbesserung erreicht werden. Dafür müss­ten die Ölkonzerne allerdings von sich aus informieren und nicht erst nach vollendeten Tatsachen mit Eingeständnissen nachlegen. Alle schriftlichen Anfragen der FARANG-Redaktion bei PTT, PTTEP sowie Chevron und NuCoastal blieben unbeantwortet. Sie hätten sicher aus erster Quelle Interessantes zu diesem Bericht beitragen können. Diese Quelle blieb leider bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe trocken.

Samui WebTV hat einen Filmbeitrag zum Thema online gestellt: www.samui-webtv.com.

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