Belgien siegt 2:1 und wirft Brasilien raus

​«Keine Minute aufgegeben»

Belgische Fans in Brüssel feiern den Sieg über Brasilien. Foto: epa/Stephanie Lecocq
Belgische Fans in Brüssel feiern den Sieg über Brasilien. Foto: epa/Stephanie Lecocq


KASAN (dpa) - Der Rekordweltmeister ist raus. Brasilien scheitert gegen sehr starke Belgier im WM-Viertelfinale und muss die Jagd nach dem sechsten Titel auf 2022 verschieben. Ein Eigentor leitet die Niederlage ein.

Neymar ließ sich enttäuscht auf die Knie fallen, Belgiens Goldene Generation feierte ihren Viertelfinal-Triumph ausgelassen mit einer La Ola vor den eigenen Fans. Mit einer über weite Strecken titelreifen Vorstellung und etwas Glück haben die Roten Teufel Rekordweltmeister Brasilien entzaubert und sind nur noch zwei Siege vom ersten WM-Titel entfernt. Angetrieben von den überragenden Eden Hazard und Kevin De Bruyne warfen die Belgier am Freitag vor 42.873 Zuschauern in Kasan die Südamerikaner mit einem 2:1 (2:0) aus dem Turnier. In der Schlussphase musste das Team allerdings zittern.

Belgien steht zum zweiten Mal nach 1986 in einem WM-Halbfinale und kann am Dienstag gegen Nachbar Frankreich erstmals den Sprung ins Endspiel schaffen.

«Wir haben keine Minute aufgegeben», sagte Belgiens Trainer Roberto Martínez. «Die Jungs haben es verdient». Seine Spieler seien «ganz spezielle Leute und alle Belgier sollten stolz auf sie sein.» De Bruyne dachte schon an die kommende Aufgabe: «Wir sind in den Top Vier, aber jeder will dieses Finale spielen».

Foto: epa/Tatyana Zenkovich
Foto: epa/Tatyana Zenkovich

Die Titelträume der Seleção um Superstar Neymar, der erneut durch Schauspielerei auffiel, endeten dagegen 1459 Tage nach der 1:7-Demütigung gegen Deutschland erneut vorzeitig - auch wenn die Leistung deutlich besser war als vor vier Jahren. Fernandinho mit einem Eigentor (13. Minute) und der Ex-Wolfsburger De Bruyne (31.) besiegelten den Viertelfinal-K.o. für die letzte nicht-europäische Mannschaft im Turnier. Der eingewechselte Ex-Leverkusener Renato Augusto konnte nur verkürzen (76.).

Im Duell der besten Offensive gegen die stärkste Defensive der WM übersprangen beide Teams die Abtastphase und suchten den schnellen Weg nach vorne. Für die Belgier, die mit zwölf Toren in der Vorrunde und im Achtelfinale schon vor der Partie den stärksten Angriff der Weltmeisterschaft gestellt hatten, probierte es De Bruyne bereits in der zweiten Minute mit einem Distanzschuss, der jedoch knapp am Tor vorbeiflog.

Martínez ließ sein Team erstmals im Turnier mit einer Viererabwehrkette antreten. Die Defensive der Roten Teufel wirkte jedoch in der Anfangsphase alles andere als sicher. Nach einer Neymar-Ecke hatten die Westeuropäer Glück, dass Thiago Silva nur den Pfosten traf.

Vorne kamen sie immer besser ins Spiel. Ein Schuss von Hazard wurde von Brasiliens Abwehr noch geblockt (9.), dann leisteten die Südamerikaner Schützenhilfe: Fernandinho bugsierte den Ball bei seinem ersten Russland-Einsatz von Beginn an nach einer Ecke von Nacer Chadli mit dem Oberarm ins eigene Tor.

Mit der Führung wurden die Belgier sicherer und zeigten bei schnellen Angriffen immer wieder tolle Kombinationen. In der 31. Minute demonstrierte Martínez' Mannschaft eindrucksvoll ihre Konterstärke: Nach einem Eckball der Brasilianer startete Romelu Lukaku ein Solo über den halben Platz, bediente De Bruyne, und dieser traf mit einem satten Rechtsschuss zum 2:0.

Brasilien wirkte geschockt, kam offensiv nur selten gefährlich zum Abschluss. Und wenn, dann war Belgiens Keeper Thibaut Courtois zur Stelle. Einen Distanzschuss von Philippe Coutinho parierte er exzellent (37.). Auf der Gegenseite lenkte Alisson einen Freistoß von De Bruyne über die Latte (41.). Belgien führte den Rekordweltmeister phasenweise vor, hatte zwischendurch sogar Zeit für Kabinettstückchen. Der Vorsprung hätte zur Pause auch größer sein können.

Nach dem Seitenwechsel änderte sich das Bild. Brasilien drängte auf den Anschluss. Der eingewechselte Roberto Firmino verpasste eine Hereingabe von Marcelo am Fünfmeterraum nur ganz knapp (51.), dann scheiterte Neymar mit seinem Versuch, einen Elfmeter zu schinden (53.). Drei Minuten später hätte der slowakische Schiedsrichter Milorad Mazic auf den Punkt zeigen können: Vincent Kompany hatte Gabriel Jesus im Strafraum getroffen, doch nachdem die Szene vom Videoassistenten überprüft worden war, entschied sich der Unparteiische gegen einen Elfmeter.

Belgien sorgte nur noch ganz selten für Entlastung. Hazard verzog nach einem Konter knapp (62.), dann gelang dem kurz zuvor eingewechselten Renato Augusto der Anschluss. Eine schöne Lupf-Flanke von Coutinho verwertete er per Kopf (76.). Brasilien drückte aufs Tempo, hatte weitere Gelegenheiten, doch die Belgier brachten den Vorsprung auch dank Courtois, der in der Nachspielzeit einen Neymar-Schuss klasse über die Latte lenkte, über die Zeit. Im Halbfinale wird ihnen Thomas Meunier fehlen, der für ein taktisches Foul seine zweite Gelbe Karte sah.

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