Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Handelsblatt» zu Lindner

Der FDP-Chef will an der Schuldenbremse nichts ändern. Die großen Reformvorschläge, etwa Kredite für Investitionen auszunehmen oder ein neues Sondervermögen aufzulegen, möchte er sowieso nicht umsetzen. Das lässt sich noch begründen. Reformen wie diese haben durchaus Schwächen. Man kann nach Abwägung zu dem Ergebnis kommen, sie lieber sein zu lassen.

Aber Lindner blockiert nicht bloß bei den großen Reformen. Er will gar nichts ändern. Damit verhindert der Finanzminister auch allerhand kleinere Anpassungsvorschläge von Ökonomen, die durchaus sinnvoll sind. Und diese Ideen kommen allesamt von Wissenschaftlern, die wahrlich nicht im Verdacht stehen, die von Lindner gefürchtete Schuldenorgie auslösen zu wollen.


«Stuttgarter Zeitung» zu Klimaurteil in Straßburg

Die Bedeutung von Gerichten für den Klimaschutz dürfte zunehmen.

Am 12. April wird ein Beschluss in einem Verfahren gegen Shell erwartet. 2021 hatte ein Gericht geurteilt, Shell müsse den CO2-Ausstoß deutlicher senken; dagegen war der Ölkonzern in Berufung gegangen. Vieles sei außerhalb der eigenen Macht und sei Sache der Politik. So wandert die Verantwortung im Kreis. Nach dem Urteil nun könnte das vorbei sein.


«Frankfurter Rundschau» zu Debatte über Paragraf 218

Was vom Bericht der Expertenkommission zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs bekannt ist, lässt hoffen: Die Zeit der Diffamierung könnte vorbei sein.

Richtet sich die Ampel nach den Empfehlungen, wird Paragraf 218 aus dem Strafgesetzbuch verschwinden. Dort hatten die Bestimmungen, unter welchen Voraussetzungen eine Abtreibung vorgenommen werden darf, nichts zu suchen. Wenn eine Frau über ihren Körper selbst bestimmt, verübt sie keine Straftat, sondern nimmt ein Grundrecht wahr. Wegfallen sollten auch die Pflicht zur Beratung und die Drei-Tage-Frist, die Schwangere bis zum Eingriff einhalten müssen. Diese Gängelung unterstellt, dass sie sonst nicht in der Lage wären, eine reifliche Entscheidung zu treffen. Die Frist ist zudem nutzlos. Jedenfalls ist keine Statistik bekannt, wonach ungewollt Schwangere sich in diesen drei Tagen umentschieden hätten. Statt dessen sollte der Staat das Beratungsangebot ausbauen. Dann können Schwangere Hilfe auch in erreichbarer Entfernung finden.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Schutz vor Klimawandel

(.) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat deutlich gemacht, dass jeder Staat dazu verpflichtet ist, geeignete Maßnahmen zu ergreifen - damit in Zukunft Menschenrechte überhaupt noch wahrgenommen werden können.

Das liegt auf der Linie des grundlegenden Klimabeschlusses des Bundesverfassungsgerichts: Heute muss gehandelt und auch in Freiheitsrechte eingegriffen werden, um unzumutbare Einschnitte in der Zukunft zu vermeiden. Keine Frage: Wer Recht sät, wird Rechtsprechung ernten. (.) Gerichte spielen (.) ihre wichtige Rolle - sie sind aber nicht Herren der Gezeiten. Ferne Betroffene des Klimawandels müssen politisch ernst genommen werden - aber nicht als Sammelkläger vor Weltgerichten, die es nicht gibt. Die Angst vor dem Jüngsten Gericht ist nicht justiziabel.


«Münchner Merkur» zu Kriminalitätsstatistik

Schaffen wir das wirklich? Die Kriminalstatistik 2023 untermauert in Zahlen das Störgefühl, das sich in den letzten Jahren bei vielen Bürgern eingestellt hat.

Manche meiden nachts den öffentlichen Raum, vor allem in den Städten. Doch die Politik blendet das Problem der importierten Kriminalität zu oft aus. Gerade die, die sich im "Kampf gegen Rechts" gar nicht wehrhaft genug zeigen können, flüchten sich hier gern in Ausreden und Zahlenklauberei. Dabei liegt die Konsequenz auf der Hand: Der bei der Integration der vielen jungen Männer überforderte Staat muss Migration stärker begrenzen, wenn er verhindern will, dass Zuwanderer ihre Verhaltensmuster aus Macho-Kulturen, vor denen sie ja eigentlich fliehen, bei uns ausleben. Der Rechtsstaat muss wehrhaft sein, und er muss jenen, die von seinen Segnungen profitieren, aber sich nicht an seine Regeln halten wollen, das viel deutlicher als bisher zu verstehen geben.


«Guardian»: Regierungschefs dürfen beim Klimaschutz nicht nachgeben

LONDON: Die britische Zeitung «Guardian» kommentiert am Dienstag die Frage, wie es mit dem Umwelt- und Klimaschutz in Europa weitergeht:

«Letzten Monat zeigte eine Meinungsumfrage in Deutschland, Frankreich und Polen, dass eine Mehrheit in jedem der Länder eine ambitioniertere Politik gegen den Klimanotstand unterstützen würde. Dieselbe Studie ergab auch eine unerwartet breite Unterstützung für gesamteuropäische Maßnahmen, um grüne Ziele mit anderen Prioritäten wie wirtschaftlicher Sicherheit zu verbinden. Wer hätte das gedacht, in einer Zeit, in der Warnungen vor einem «grünen Backlash» verbreitet sind?

Leider stehen Europas Politiker nun auf einer anderen Seite. Aufgeschreckt durch Bauernproteste - die von radikal rechten Parteien schnell als neue Front in ihrem Kulturkrieg genutzt wurden - waren Brüssel und nationale Regierungen damit beschäftigt, einen ungeordneten, panischen Rückzug von Umweltzielen anzukündigen. Seit dem Jahreswechsel häufen sich die Kehrtwenden und Kapitulationen. (...)

Vor fünf Jahren beschrieb Frau von der Leyen das Ziel, Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, als Europas Mondlandungsmoment, und ergänzte, dass der Green Deal «unsere neue Wachstumsstrategie ist - es ist eine Strategie für Wachstum, die mehr zurückgibt, als sie nimmt». Wenn Investitionen auf dem richtigen Niveau getätigt werden und denjenigen, die an vorderster Front des Wandels stehen, Unterstützung garantiert wird, ist die Mehrheit der Europäer weiterhin bereit, sich auf diese Reise einzulassen. Angesichts des politischen Gegenwinds müssen Regierungschefs aufhören nachzugeben und für ihre Sache eintreten.»


«Rzeczpospolita»: Das Gespenst einer PiS-Herrschaft schwebt über Polen

WARSCHAU: Zum Ausgang der Kommunalwahlen in Polen und dem guten Abschneiden der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS schreibt die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» am Dienstag:

«Nach den Kommunalwahlen sollte die (Mitte-Links-)Koalition von Regierungschef Donald Tusk nicht ruhig schlafen. Die Rechte hat etwas, worauf sie aufbauen kann, und das Gespenst einer Herrschaft der (nationalkonservativen) PiS schwebt immer noch über Polen. Die größte Oppositionspartei ist nach acht Jahren Herrschaft, Machtwechsel und internen Streitigkeiten immer noch sehr stark. Noch nie hat es in Polen eine Situation gegeben, in der eine Partei, die in die Opposition gewechselt ist, so große Unterstützung bekam. Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski hat recht, wenn er Mark Twain paraphrasiert, dass die Gerüchte über den Tod der PiS übertrieben seien. Seiner Partei geht es gut. »


«Information»: Hoffnung, dass Xi sein Gleichgewicht findet

KOPENHAGEN: Die linksliberale dänische Tageszeitung «Information» kommentiert am Dienstag das Verhältnis zwischen China und Russland:

«Ist China dabei, eine rote Linie zu überschreiten, indem es Russland militärisch in seinem Krieg gegen die Ukraine unterstützt? In der vergangenen Woche haben die USA begonnen, vor einem wachsenden technologischen Beistand Chinas für den russischen Krieg zu warnen, und Washington droht damit, dass das ernste Konsequenzen haben könnten.

Bislang hat China Russland rhetorisch, diplomatisch und wirtschaftlich unterstützt, aber scheinbar nicht mit Waffen oder direkter Förderung der russischen Rüstungsindustrie. Wenn China jetzt aber auch diese Grenze überschreitet, könnte das Chinas Verhältnis zu Europa einen unwiderruflichen Schaden zufügen.

Es würde auch das Vertrauen zwischen Peking und Washington weiter untergraben, das aber notwendig ist, wenn die beiden Seiten gemeinsame Lösungen für einige der größten Herausforderungen der Welt finden wollen - wie zum Beispiel den Klimawandel - und wenn sie vermeiden wollen, dass Konflikte, bei denen die Streitkräfte der beiden Länder Gefahr laufen, einander gegenüberzustehen - wie in Taiwan -, aus dem Ruder laufen.

Es wäre naiv zu glauben, dass Xi seine enge Beziehung zu Putin aufgibt. Aber es gibt viele Gründe dafür zu hoffen, dass er sein Gleichgewicht wiederfindet und die rote Linie nicht überschreitet.»


«DNA»: Europa kann Migration problemlos bewältigen

STRAßBURG: Zum geplanten Asyl- und Migrationspakt der EU schreibt die französische Regionalzeitung «Les Dernières Nouvelles d'Alsace» am Dienstag:

«Nach Jahrzehnten, in denen die extreme Rechte in Europa die Überflutung durch Migration beschwor (...), ist es ihr gelungen, in den Köpfen der Menschen die Idee zu verankern, dass diese Frage im Mittelpunkt steht. (...)

Die bevorstehenden Europawahlen sind dafür ein perfektes Beispiel. Und die Abstimmung über den Asyl- und Migrationspakt in Brüssel zeigt, wie weit diese Ideen bereits vorgedrungen sind, obwohl die Zahl der in die Europäische Union einreisenden Ausländer, wie die seriösesten Studien belegen, nicht nur keine Flutwelle ist, sondern durchaus beherrschbar ist, wenn man sich nur darum bemüht.

Dieser Pakt wird nichts regeln. In Wirklichkeit bestätigt er nur die nationalpopulistischen Obsessionen, die von den konservativen und nunmehr sozialdemokratischen Parteien übernommen wurden. Er ist (...) ein Zeichen für die extreme Nervosität der sogenannten traditionellen politischen Parteien, die keinen ideologischen Kompass mehr haben. (...)

Es geht darum, die Ankünfte so gerecht wie möglich zu verteilen, damit die EU-Länder an unseren Grenzen nicht eine Last tragen müssen, die zwar für sie zu schwer ist, aber nicht für eine Union mit 400 Millionen Einwohnern. Europa lehnt dies nicht nur ab, sondern verrät seine Ideale, indem es Flüchtlinge zu Kriminellen oder zumindest zu Verdächtigen degradiert (...) und die Asylverfahren an Drittländer auslagert, die sich so sehr um die Menschenrechte bemühen wie die Türkei, Tunesien oder Ruanda.»


«Washington Post»: Der Ukraine läuft die Zeit davon

WASHINGTON: Wegen eines innenpolitischen Streits zwischen Demokraten und Republikanern im US-Parlament liegen weitere Militärhilfen für die Ukraine derzeit auf Eis. Dazu schreibt die «Washington Post» am Dienstag:

«Die militärische Lage der Ukraine ist nicht völlig hoffnungslos. (...) Doch auf dem Schlachtfeld droht ihr Zermürbung, während die Zivilbevölkerung unter einem ständigen Beschuss durch russische Bomben, Raketen und Drohnen steht. (...)

Obwohl Russland den bemerkenswerten Kampfgeist der ukrainischen Bevölkerung nicht brechen kann, könnte dies ein Jahr sein, in dem Russland die immer dünner werdenden Frontlinien der Ukraine durchbricht. Sicherlich setzt Putin darauf sowie auf monatelange Verzögerungen in den USA und hofft auf die Rückkehr des ehemaligen Präsidenten Donald Trump ins Amt, der die republikanischen Mitglieder des Repräsentantenhauses dazu gedrängt hat, die Hilfen zurückzuhalten.

Jeder Tag, den das Repräsentantenhaus die Hilfe hinauszögert, macht den Kampf der Ukraine schwieriger und verringert die Chancen auf einen positiven Ausgang des Konflikts - selbst dann, wenn die US-Hilfe endlich ankommt. (...) Der Ukraine läuft die Zeit davon.»


«NZZ»: Israel erweitert seinen Handlungsspielraum

ZÜRICH: Nach dem israelischen Rückzug aus dem südlichen Gazastreifen schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am Dienstag:

«Der Ministerpräsident wirkt zunehmend als Getriebener, der im Spannungsfeld zwischen seinen rechtsextremen Koalitionspartnern, der ernüchterten israelischen Öffentlichkeit und den internationalen Partnern ziemlich glücklos agiert. Klar ist: Chaos ist eine schlechte Voraussetzung für die Erreichung der gesetzten Ziele. Doch der Rückzug aus dem südlichen Gazastreifen bietet nun die Chance, eine Form von Ordnung wiederherzustellen. Indem Israel den militärischen Druck in Süd-Gaza verringert, kann es seinen Handlungsspielraum sowohl militärisch als auch politisch vergrößern. Natürlich besteht das Risiko, dass sich die Hamas nun wieder stärker im südlichen Gazastreifen breitmacht. Doch je mehr sich die Terroristen aus der Deckung wagen, desto angreifbarer sind sie. Gleichzeitig hat Israel nun die Möglichkeit, eine angemessene Versorgung der palästinensischen Bevölkerung sicherzustellen und die Zerwürfnisse mit seinen Verbündeten zu kitten.»

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