Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Münchner Merkur» zu Ukraine/Scholz

Warum verfolgte Putin so verbissen seinen Plan, russisches Gas künftig durch die Ostsee zu leiten, obwohl es doch an Pipeline-Kapazitäten über europäisches Festland nie fehlte? Auch geostrategischen Minderbegabungen wie Kanzler Olaf Scholz, der in der Ostseepipeline partout nur ein rein privatwirtschaftliches Projekt erkennen will, müsste es jetzt dämmern: Der Pipelinebau ist seit Jahren ein zentraler Teil der Moskauer Kriegsvorbereitungen gegen die Ukraine.

Nur wenn gesichert ist, dass ein Überfall auf das Nachbarland nicht Russlands einträgliche Gaslieferungen an Westeuropa gefährdet - und das täte es, gäbe es neben der Leitung durch die Ukraine nicht den Bypass über die Ostsee - kann Putin seine Panzer losschicken. Die Merkel-Putin-Pipeline hat Europa in eine sicherheitspolitische Drei-Klassen-Zone verwandelt. Höchste Zeit, dass Scholz den Fehler korrigiert. Der Kanzler muss Putin klarmachen: Greift er die Ukraine an, ist die Pipeline tot.


«Neatkariga Rita Avize»: Moskau will zurück zu Einflusssphären

RIGA: Zu den Gesprächen zwischen Russland und den USA meint die national-konservative lettische Tagezeitung «Neatkariga Rita Avize» am Montag:

«Es ist Russland, das Ultimaten auf den Tisch legt. Aber was will Moskau? Es will die internationale Ordnung verändern, die entstanden ist, nachdem Russland (die Sowjetunion) den Kalten Krieg verloren hat. Russland will die Ergebnisse dieses Krieges, den einige Kommentatoren auch als Dritten Weltkrieg bezeichnen, revidieren und zu der Ordnung zurückkehren, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Zur sogenannten Ordnung von Jalta und Potsdam mit streng getrennten Einflusssphären.

Russland fordert faktisch dazu auf, die Veränderungen im menschlichen Denken, die sich in den vergangenen hundert Jahren vollzogen haben, abzuschreiben und zur eher primitiven Großmachtlogik zurückzukehren, die in den internationalen Beziehungen vor dem Ersten Weltkrieg vorherrschte: Wir teilen die Welt auf und die «Kleinen» sollen gefälligst ruhig bleiben. Wenn man sich russische Propaganda anhört, wird diese Idee dort rund um die Uhr ausgestrahlt: Wir und die USA werden in Europa den Ton angeben, aber in Asien und Afrika werden wir auch China mit ins Boot holen.»


«Washington Post»: Impfvorschriften helfen bei Kampf gegen Corona

WASHINGTON: Zur Entscheidung des Obersten Gerichts, eine von US-Präsident Joe Bidens Regierung verfügte Impf- oder Testpflicht in größeren Firmen zu blockieren, schreibt die «Washington Post»:

«Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, dass das Impfmandat von Präsident Biden eine Überschreitung der vom Kongress (an die für Arbeitssicherheit zuständige Bundesbehörde) übertragenen Befugnisse darstellt, sollte Ansporn für andere sein, die diese Befugnis haben, Impfvorschriften voranzutreiben. Der Kongress sollte ausdrücklich Impfvorschriften auf Bundesebene zulassen. Basierend auf einem Jahr Erfahrung ist nun klar, dass Impfstoffe schwere Krankheitsverläufe verhindern und dass Impfvorschriften dazu führen, dass mehr Menschen geimpft werden. (...)

Bidens Impfpflicht auf Bundesebene hat viele Unternehmen dazu veranlasst, mit deren Umsetzung zu beginnen, so dass sich die Mühe gelohnt hat. Nichts hindert ihn daran, die Kanzel zu nutzen - wie er es getan hat -, um Impfungen als wichtigstes Mittel gegen das Virus zu bewerben. Die Impfstoffe sind sicher, wirksam, kostenlos und reichlich vorhanden; das ist ein Segen, von dem viele andere Länder nur träumen können.»


«The Telegraph»: Westen muss auf Invasion der Ukraine gefasst sein

LONDON: Die Londoner Zeitung «The Telegraph» kommentiert am Montag die Lage im Westen angesichts der Ukraine-Krise:

«Der chaotische Rückzug der USA aus Afghanistan hat Präsident Joe Biden geschadet, der immer mehr einer lahmen Ente gleicht. Boris Johnson wird von innenpolitischen Problemen geplagt und kämpft um seinen Verbleib im Amt. Präsident Emmanuel Macron muss sich in drei Monaten einer Wahl stellen. Und die Deutschen haben eine neue Regierung und sind in Sachen Energielieferungen auf Russland angewiesen. Wladimir Putin könnte glauben, dass darum jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, mehr als nur Säbelrasseln zu betreiben. (...)

Dass Putin die Androhung weiterer Sanktionen ernst nimmt, ist unwahrscheinlich, und er weiß, dass der Westen wenig oder gar keinen Appetit auf ein militärisches Engagement in der Ukraine hat. Dies alles könnte Teil eines geopolitischen Bluffs von Putin sein - oder auch der Vorbote einer Invasion. Die westlichen Staats- und Regierungschefs müssen auf Letzteres gefasst sein, aber es ist keineswegs klar, dass sie diese Bedrohung ernst genug nehmen.»


«Rzeczpospolita»: Die Impfgegner in Polen haben gewonnen

WARSCHAU: Aus Protest gegen den Einfluss von Impfgegnern haben die Corona-Berater von Polens Regierung fast geschlossen aufgegeben. Dazu schreibt die Zeitung «Rzeczpospolita» aus Warschau am Montag:

«Der Rückzug einer Mehrheit von Mitgliedern des Medizinischen Rats (der Regierung) muss einen mit Trauer erfüllen. Denn das ist im Grunde ein Sieg der Bewegung von Impfgegnern, die in letzter Zeit in Polen an Stärke gewonnen haben. Schließlich sind es Politiker, die offen mit diesen Bewegungen sympathisieren, die heute der (nationalkonservativen Regierungspartei) PiS die Mehrheit im Parlament sichern. Betrachtet man die Landkarte mit den Impfquoten, dann kann man deutlich sehen, dass es dort am schlechtesten läuft, wo die eingefleischte Wählerschaft der PiS lebt.

Es ist eine traurige, aber wahre Feststellung: Die Sicherheit der Mehrheit der Polen ist abhängig von den Umfragewerten der PiS - und von Rechenspielen im Parlament. Es ist egal, ob morgen Hunderte von Polen an Covid-19 sterben und sich Hundertausende infizieren. Im Parlament müssen genug Stimmen (für die Projekte der PiS) zusammenkommen und basta.»


«The Guardian»: Biden muss seinen Kurs ändern

LONDON: Der Londoner «Guardian» beschäftigt sich am Montag mit innenpolitischen Problemen von US-Präsident Joe Biden:

«Joe Bidens Gegner stellen ihn als einen Anführer dar, der schläfrig wirkt und dessen Energie schwindet. Wenn sich dieser Eindruck einmal festsetzt hat, wird es schwer, daran noch etwas zu ändern. In der Politik gibt es wenig Spielraum für eine Neubewertung. Deshalb muss der Präsident seinen Kurs ändern und einen klaren Blick auf seine Gegner innerhalb wie außerhalb (seiner Partei) haben. Der «gemäßigte» Flügel der Demokraten hat die Klimapläne des Präsidenten bereits ausgehöhlt. Diese Demokraten sind, wie die meisten Republikaner, von einer Klasse von Parteispendern abhängig, die Gesetze, die Unternehmensgewinne beeinträchtigen würden, unwirksam machen will. Im Wahlkampf sagte Biden, er werde sich mit dieser Bedrohung auseinandersetzen. Im Amt hat er dies nicht getan.»


«Kommersant»: Enttäuschende Bilanz nach Bidens erstem Amtsjahr

MOSKAU: Zur Bilanz von US-Präsident Joe Biden in seinem ersten Amtsjahr schreibt die Moskauer Tageszeitung «Kommersant» am Montag:

«Am 20. Januar begeht US-Präsident Joe Biden das erste Jahr seit seiner Amtseinführung. Die Ergebnisse bis zu diesem Jahrestag sind - freundlich ausgedrückt - bescheiden. Wichtige Gesetzesvorhaben des Weißen Hauses hängen in der Luft, der Oberste Gerichtshof der USA hat einen der Erlasse der Administration zur Impfpflicht für Amerikaner für unrechtmäßig erklärt. Zugleich steigt die Zahl der Covid-19-Erkrankungen. Die Inflation schlägt Rekorde, das Rating Bidens - Negativrekorde. Die Bilanz des ersten Amtsjahrs des US-Präsidenten ist enttäuschend.»

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