Zeitungen zum Geschehen am Samstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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Strategische Lage sollte systematisch geschwächt werden

ZÜRICH: Zum Vorgehen Israels und des Westens gegenüber dem Iran heißt es am Samstag im Leitartikel der «Neuen Zürcher Zeitung»:

«Israel muss . mit der Gefahr iranischer Atombomben leben. Erpressbar ist es nicht, denn sein eigenes Atomarsenal dient als wirksame Abschreckung. Ein erfolgversprechender Weg für Israel und den Westen besteht deshalb nicht in einer militärischen Konfrontation. Vielmehr sollte es darum gehen, Irans strategische Lage systematisch zu schwächen. (.)

Auch Israel hätte Möglichkeiten, Iran auf dem Schachbrett der Machtpolitik wirksamer entgegenzutreten. Die mit Teheran verbündete Hamas muss entscheidend geschwächt werden, aber die Verelendung der Bevölkerung im Gazastreifen führt den Terroristen zwangsläufig neue Kräfte zu. Der Übergang von der jetzigen massiven Kriegführung zu gezielteren Einzelaktionen gegen Hamas-Kaderleute wäre im besten Interesse Israels.

Auch die Bereitschaft, über die Schaffung eines Palästinenserstaates zu reden, wäre keine Kapitulation, sondern ein Schritt zur Schwächung der Extremisten in der palästinensischen Gesellschaft. Damit ließen sich auch die Beziehungen zu den Araberstaaten verbessern. Eine solche Annäherung ist genau das, was Iran verhindern will. Wenn sich Israel von nüchternem Kalkül leiten lässt statt von Emotionen und innenpolitischem Opportunismus, hat es die stärkeren Karten.»


«La Stampa»: Israels Vergeltung symmetrische Antwort

ROM: Die italienische Tageszeitung «La Stampa» beschäftigt sich am Samstag mit dem mutmaßlichen Vergeltungsschlag Israels gegen den Iran in der Region Isfahan:

«Israel stand vor einem dreifachen Problem: die iranische Aggression fünf Tage zuvor nicht ungestraft durchgehen zu lassen, nicht in eine wachsende Kriegsspirale mit Teheran einzutreten und zudem Washington nicht herauszufordern. Der Angriff auf Isfahan war «symmetrisch, aber nicht verhältnismäßig» und erfüllte praktisch alle Bedingungen. Er hat gezeigt, dass man in der Lage ist, innerhalb des Irans zuzuschlagen, und zwar in der Nähe von Atomkraftwerken, ohne sie zu zerstören. Und dass man sich nicht an die Anweisungen aus Washington halten muss.»


«Die Presse»: Nächste Eskalation ist in Nahost nur Frage der Zeit

WIEN: Die österreichische Zeitung «Die Presse» schreibt über die gespannte Lage im Nahen Osten:

«Für arabische Regierungen ist es derzeit kaum denkbar, weiter auf Israel zuzugehen, ohne dass zuvor die Waffen im Gazastreifen schweigen und ohne dass eine dauerhafte Lösung für die Palästinenser gefunden wird. Doch das ist nach dem Terrorüberfall der Hamas und Israels Gegenoffensive in Gaza nun noch schwieriger als zuvor.

Derweil führen Israel und der Iran ihren Schattenkrieg weiter. Israels Militär versucht, Teherans Einfluss mit Luftangriffen im Libanon und in Syrien zurückzudrängen - so wie bei der folgenreichen Attacke auf Anführer der Revolutionsgarden auf dem Gelände des iranischen Konsulats in Damaskus. Und je näher der Iran an den Bau einer Atombombe heranrückt, desto wahrscheinlicher wird, dass auch seine Nuklearanlagen ins Visier geraten. Mag sein, dass die gefährliche Spirale aus Schlägen und Gegenschlägen vorerst durchbrochen wurde. Doch die nächste Eskalation ist nur eine Frage der Zeit.»


«The Guardian»: Nahostkonflikt hat sich auf vier Fronten ausgeweitet

LONDON: Der Londoner «Guardian» kommentiert am Samstag den mutmaßlich von Israel ausgeführten Angriff auf eine Luftwaffenbasis im zentraliranischen Isfahan:

«Das Ziel war offenbar, keinen nennenswerten Schaden anzurichten, sondern jetzt nur zu zeigen, was man tun könnte. Wenn es bei dieser Reaktion auf den iranischen Angriff auf Israel bleibt, dann ist sie bei Weitem nicht so schlimm wie viele vorhergesagt hatten. Die optimistische Sichtweise ist, dass beide Seiten meinen oder zumindest das Gefühl haben, behaupten zu können, dass sie die gegenseitige Abschreckung bis zu einem gewissen Grad wiederhergestellt haben. Ein Moment des Aufatmens ist willkommen. Aber echte Erleichterung wäre verfrüht.

Seit dem entsetzlichen Angriff der Hamas am 7. Oktober sowie Israels Reaktion darauf in Form seines tödlichen Angriffs auf den Gazastreifen steht die Gefahr eines regionalen Flächenbrands im Vordergrund der internationalen Besorgnis. Eine Eskalation ist keine drohende Gefahr mehr, sondern bereits eingetreten. Der Konflikt hat sich auf vier Fronten ausgeweitet: zunehmende Gewalt im Westjordanland, fast tägliche Feuergefechte mit der Hisbollah an der libanesischen Grenze, wodurch Zehntausende im Südlibanon und im Norden Israels vertrieben wurden, und die nun offene Konfrontation zwischen Israel und dem Iran nach Jahren des Schattenkriegs.»


«de Volkskrant»: Israel und Iran können eine Eskalation vermeiden

AMSTERDAM: Zum mutmaßlich von Israel ausgeführten Angriff auf eine Luftwaffenbasis im zentraliranischen Isfahan heißt es am Samstag in der niederländischen Zeitung «de Volkskrant»:

«Sollte Israel es dabei belassen und die Iraner ansonsten verschonen, ergibt sich für beide Länder ein willkommener Ausweg aus der Eskalation der Gewalt. (...) Die Beziehungen zwischen Israel und dem Iran könnten dann wieder zum Status vor dem 1. April zurückkehren, als Israel den iranischen Botschaftskomplex in Damaskus beschoss und damit die «Spielregeln» der Kriegsführung durcheinanderbrachte. Dabei war ein hochrangiger General des iranischen Korps der Revolutionsgarden getötet worden.

Allgemein wurde eine blutige Kettenreaktion befürchtet, bei der ein Luftangriff den nächsten auslöst. Der iranische Vergeltungsschlag von letzter Woche könnte als Warnung und Aufforderung zugleich verstanden werden. Frei übersetzt: Ihr spielt mit dem Feuer, lasst uns zu den alten Spielregeln zurückkehren. Dieses Angebot scheint angenommen worden zu sein. Der begrenzte Angriff Israels ermöglicht es beiden Seiten, die Eskalationsleiter hinabzusteigen.»

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