Ungarn gegen Flüchtlingsverteilung

Einwanderer in Ungarn. Foto: epa/Balazs Mohai Hungary Out
Einwanderer in Ungarn. Foto: epa/Balazs Mohai Hungary Out

BUDAPEST/BERLIN: Zur Eindämmung der irregulären Migration schlägt der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban vor, dass Flüchtlinge außerhalb des EU-Gebiets auf den Abschluss ihres Asylverfahrens warten sollen. «Leider sind wir Europäer nicht in der Lage, das zu regeln», sagte der konservative Politiker in einem Interview von «Bild», «Welt» und «Politico». Grund seien unterschiedliche politische Vorstellungen: So stehe Deutschland der Migration positiv gegenüber, während Ungarn das für zu riskant halte.

Sein Land unterscheide klar zwischen Gastarbeitern und Migranten, Deutschland mache das nicht, sagte Orban. Ungarn wolle keine «Gemeinschaften haben, die unsere wichtigsten europäischen Werte nicht respektieren». Dazu gehörten die Gleichberechtigung, keine Homophobie und kein Antisemitismus. Allerdings steht Ungarns Regierung selbst wegen homophober Gesetze und Kampagnen mit antisemitischen Untertönen in der Kritik. Ein Gesetz aus dem Jahr 2021 etwa verbietet es, Jugendlichen Informationen über Homosexualität, Transsexualität oder Geschlechtsanpassung zukommen zu lassen.

Den von den EU-Innenministern Anfang Juni ausgehandelten Asyl-Kompromiss lehnte Orban erneut ab. Wenn die EU sage, dass sie Migranten künftig in der EU verteilen werde, sei das eine Botschaft an die Schleuser, dass sie ihr Geschäft weiterbetreiben könnten. Der Ministerpräsident bekräftigte, dass sein Land sich an der Verteilung von Flüchtlingen in der EU nicht beteiligen und auch keine Ausgleichszahlungen leisten werde. Schon jetzt gebe sein Land mehr als zwei Milliarden Euro aus, um den Schengen-Raum vor illegalen Einwanderern zu schützen - dafür habe das Land «keinen einzigen Cent aus Brüssel» bekommen.

Vorgesehen sind in dem EU-Asylkompromiss zahlreiche Verschärfungen, um irreguläre Migration zu begrenzen - insbesondere aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Asylanträge von Migranten, die aus Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent stammen, sollen bereits an den EU-Außengrenzen innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden. In dieser Zeit will man die Schutzsuchenden verpflichten, in streng kontrollierten Aufnahmeeinrichtungen zu bleiben. Wer keine Chance auf Asyl hat, soll umgehend zurückgeschickt werden. Denkbar ist, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt.

Katastrophen wie der Untergang eines Schiffes mit Hunderten Flüchtlingen vor Griechenland können laut Orban nur verhindert werden, indem man allen Flüchtlingen klarmache: «Ihr könnt das Gebiet der Europäischen Union nicht betreten können, ohne dass über euren Antrag entschieden wurde.»

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michael von wob 01.07.23 08:30
@ Jürgen
Von der Landkarte verschwunden ist richtig, aber leider nicht aus den Köpfen vieler Ossis ! Ganz Europa hat für die Freiheit dieser braunen Ecke auch noch reichlich bezahlt !
Jürgen Franke 01.07.23 08:10
Herr Cieslar, offensichtlich ist es bis zu
Ihnen noch nicht durchgedrungen, dass die DDR seit über 30 Jahren von der Landkarte verschwunden ist.
Bodo Cieslar 01.07.23 00:00
Zensur
Unbequeme Kommentare werden leider nicht veröffentlicht. Merkel-DDR-Loyalität. Schade!
Peter Joe 28.06.23 16:00
Die Falschen kommen
Die wo wir wollen die kriegen wir nicht und die wo wir kriegen die wollen wir nicht.
Ingo Kerp 28.06.23 12:30
Egal wie recht der Orban haben mag, er hat es sich mit der EU verscherzt und die wird auch einen richtigen Fingerzeig von ihm nicht annehmen. Also wurschtelt man weiter mit offenem Ausgang ohne Erfolg in der Migrationspolitik, die keine Politik ist.
Jürgen Franke 28.06.23 10:50
Die EU war grundsätzlich eine
gute Idee, wenn die Stimmanteil der Länder sich nach der Stärke des Volkes richten würde. Der Euro war eine Fehlkonstruktion, da die Wirtschaftskraft der Länder zu unterschiedlich ist.