Ungarn verschärft Zensur für nicht-heterosexuelle Botschaften

Viktor Orban, ungarischer Ministerpräsident, nimmt an einem runden Tisch während einer Sondersitzung des Europäischen Rates in Brüssel teil. Foto: epa/Leszek Szymanski
Viktor Orban, ungarischer Ministerpräsident, nimmt an einem runden Tisch während einer Sondersitzung des Europäischen Rates in Brüssel teil. Foto: epa/Leszek Szymanski

BUDAPEST: Ungarns rechtspopulistische Regierung hat eine Regelung verschärft, die Minderjährige von den Themen Homosexualität und Transsexualität fernhalten soll. Dazu erschien am späten Dienstagabend im Gesetzblatt eine Verordnung. Demnach soll das Verbot nicht nur Bücher und Filme betreffen, sondern auch Spielzeug wie etwa Puppen und Legosteine, wie regierungskritische ungarische Medien berichteten.

Bereits seit Juni 2021 verbietet ein Gesetz, dass Bücher, Filme und andere Datenträger Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht werden, in denen Sexualität dargestellt wird, die von der heterosexuellen abweicht. Entsprechende Produkte dürfen im Einzelhandel nur verpackt und nicht in Kinder-Abteilungen angeboten werden.

Die neue Verordnung sieht vor, dass alle Produkte, die «eine Abweichung vom Geburtsgeschlecht, Geschlechtsumwandlungen, Propaganda für Homosexualität oder Darstellung von Sexualität als Selbstzweck» thematisieren, unter keinen Umständen im Umkreis von 200 Metern von Kirchen, Schulen und anderen Kinder-Betreuungseinrichtungen verkauft werden dürfen.

Die Verordnung nennt die betroffenen Produkte nicht. Jedoch hatten regierungsnahe Medien vorher beanstandet, dass nicht-heterosexuelle Inhalte bereits «in die Kinderzimmer eingezogen» seien - etwa in Gestalt von Puppen, deren Geschlecht gewechselt werden kann oder die geschlechtsneutral sind, sowie Lego-Steine in den für die LGBT-Community emblematischen Regenbogenfarben. In den regierungsnahen Medien wird zudem oft Homosexualität mit Pädophilie gleichgesetzt.

Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban hatte ihre Regelung stets mit dem Ziel des Kinderschutzes begründet. Dem lief Anfang dieses Jahres ein Pädophilie-Skandal zuwider, der Ungarn politisch tief erschüttert hat: Staatspräsidentin Katalin Novak hatte einen wegen Beihilfe zum Kindesmissbrauch verurteilten Mann begnadigt. Der Fall löste Massenproteste aus, Novak musste zurücktreten.

Der hierbei zutage getretene Widerspruch in der Regierungspolitik zum Thema Pädophilie war zudem Anlass für den Start der steilen politischen Karriere eines langjährigen früheren Mitglieds von Orbans Machtzirkeln: Peter Magyar, Ex-Ehemann der in den Pädophilie-Skandal verwickelten Ex-Justizministerin Judit Varga. Als Reaktion auf diesen Skandal outete Magyar sich überraschend als Oppositioneller. Er tritt nun mit seiner Liste für die Europawahl an und hat binnen weniger Wochen in Umfragen zweistellige Zustimmungswerte erreicht.

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