Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Samstag

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Selenskyj sagt armen Ländern große Getreidelieferungen aus Ukraine zu

KIEW: Die Ukraine will nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Hilfe der westlichen Industriestaaten Getreide für 150 Millionen Dollar an die ärmsten Länder der Erde liefern. «Ernährungssicherheit ist eines der Schlüsselelemente globaler Stabilität», sagte der 44-Jährige am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Das Programm «Getreide aus der Ukraine» präsentierte er als wichtigen Schritt zur Bekämpfung der weltweiten Lebensmittelkrise.

Nach dem Ende der russischen Seeblockade habe die Ukraine über ihre Schwarzmeerhäfen bereits 12 Millionen Tonnen Lebensmittel in 40 Länder verschifft. «Davon sind mehr als 2,5 Millionen Tonnen für Länder bestimmt, die nicht nur von Nahrungsmittelknappheit, sondern auch von einer schweren Krise betroffen sind», berichtete Selenskyj. Mit der neuen Getreideexportinitiative sollen seinen Angaben nach diese Lieferungen ausgebaut werden. Laut dem ukrainischen Präsidenten bereitet das Land 60 Getreideschiffe für arme Länder vor. Finanziell unterstützt werde Kiew dabei von mehr als 20 Ländern, die bereits 150 Millionen Dollar für die Lieferungen zugesagt hätten.

Die Initiative dient offenbar dazu, die bislang im Ukrainekrieg weitgehend neutralen Staaten Afrikas und Asiens auf Kiews Seite zu ziehen. Moskau seinerseits hatte zuletzt dem Westen die Schuld an der weltweiten Lebensmittelkrise gegeben. Seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine stellte Kremlchef Wladimir Putin als Abwehr westlicher Hegemonieansprüche dar. Russland versucht nach Experteneinschätzungen so, sich an die Spitze der Antikolonialbewegung zu setzen und die Sympathien der ärmeren Länder zu gewinnen. Die meisten dieser Länder haben - im Gegensatz zum Westen - noch nicht eindeutig Stellung bezogen in dem Krieg.


Kuleba: Erhalten über befreundete Staaten Waffen von Drittländern

PARIS: In ihrem Kampf gegen die russischen Invasoren erhält die Ukraine nach den Worten ihres Außenministers Dmytro Kuleba auch Waffen von bisher unbekannter Seite. «Wir erhalten nicht nur Waffen aus den Lagern unserer engsten Freunde. Sondern diese Freunde arbeiten auch mit Drittländern zusammen, um Ausrüstung von ihnen zu kaufen und an uns zu liefern», sagte er der französischen Zeitung «Le Parisien».

Auf die Frage, ob diese Drittländer damit einverstanden seien, sagte er in dem am Freitag veröffentlichten Interview: «Die meisten sagen öffentlich, dass sie es nicht tun, aber es geschieht hinter den Kulissen.»


Macron: Mehr Geld für Getreide aus Ukraine an Sudan und Jemen

PARIS: Der französische Präsident Emmanuel Macron will sechs Millionen Euro zusätzlich für Getreidelieferungen aus der Ukraine in den Jemen und den Sudan im Rahmen des Welternährungsprogramms bereitstellen. «Die schwächsten Länder dürfen nicht den Preis für einen Krieg zahlen, den sie nicht gewollt haben», sagte Macron am Samstag in einer Videobotschaft auf Twitter. Anlass war der Holodomor, die Hungersnot, die der damalige Sowjetdiktator Josef Stalin in den Jahren 1932/33 gezielt in der Ukraine herbeigeführt hatte. Bis zu vier Millionen Menschen starben damals.

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine verschärfe die Destabilisierung von Lieferketten und drohe der Welt mit einer Nahrungsmittelkrise, so Macron. Frankreich habe sich wie die Ukraine für Solidarität entschieden.


Mindestens 13 Verwundete bei Beschuss von Millionenstadt Dnipro

DNIPRO: Bei erneuten russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Industriestadt Dnipro sind mindestens 13 Menschen verletzt worden. «Vier davon sind im Krankenhaus, darunter ein 17-Jähriger», teilte der Militärgouverneur der Region Dnipropetrowsk, Walentyn Resnitschenko, am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Unter den Trümmern der getroffenen Wohnhäuser werden noch weitere Opfer vermutet.

Insgesamt sind nach Behördenangaben sieben Wohnhäuser durch den Angriff beschädigt worden. Zudem wurde ein Lager zerstört. Die Rettungskräfte suchen nach einem Lagermitarbeiter, der vermisst wird.

Neben Dnipro traf es am Samstag auch die Kleinstadt Tschassiw Jar im ostukrainischen Gebiet Donezk. In der unter ukrainischer Kontrolle stehenden Stadt wurde ein Mehrfamilienhaus getroffen, dabei seien drei Menschen verletzt worden, teilte der Militärgouverneur der Region, Pawlo Kyrylenko, mit.

Auf der Gegenseite beklagen die von Russland unterstützten Separatisten in Donezk den anhaltenden Beschuss der Großstadt durch ukrainisches Militär. Am Samstag sei dadurch eine Person getötet und eine weitere verletzt worden, heißt es.


Polen und Litauen wollen Ukraine zum Sieg verhelfen

KIEW/WARSCHAU: Die Regierungschefs von Polen und Litauen haben bei einem Solidaritätstreffen mit ihrem ukrainischen Kollegen Denis Schmyhal in Kiew erneut ihre Unterstützung für den Kampf der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg beteuert. «Dieser Krieg kann nur ein Ergebnis haben: Entweder gewinnt die Ukraine oder ganz Europa verliert», sagte Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki nach Angaben der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Litauens Regierungschefin Ingrida Simonyte schrieb nach dem Treffen auf Twitter: «Unsere Unterstützung für die Ukraine muss und wird weitergehen bis zu ihrem und unserem Sieg.»

Anlass des Besuchs der Regierungschefs der beiden EU- und Nato-Länder mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Schmyhal war ein Treffen des sogenannten Lublin-Dreiecks zum offiziellen Gedenken an die verheerende Hungersnot Holodomor vor 90 Jahren. Das Lublin-Dreieck ist ein 2020 in der polnischen Stadt Lublin unterzeichnetes informelles politisches Bündnis der drei Staaten, um die West-Annäherung der Ukraine zu fördern.

Am Samstag unterzeichneten die drei Regierungschefs in Kiew eine Vereinbarung, die diese Zusammenarbeit weiter vertiefen soll. Schmyhal hob nach Angaben von PAP hervor, eine der wichtigsten Aufgaben der internationalen Unterstützung für die Ukraine sei es, die Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine zu untersuchen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.


Ukraine und Russland tauschen erneut Gefangene aus

KIEW/MOSKAU: Russland und die Ukraine haben bereits zum dritten Mal innerhalb einer Woche Kriegsgefangene ausgetauscht. «Uns ist es gelungen, zwölf unserer Leute zu befreien», teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte den Austausch von neun Soldaten mit russischer Staatsangehörigkeit. Russlands Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert inzwischen seit mehr als neun Monaten.

Bei den Ukrainern handelt es sich nach Angaben aus Kiew um neun Soldaten und drei Zivilisten, die als vermisst gemeldet worden waren. Bei den «Russen» soll es sich um Bewohner der «Donezker Volksrepublik» im Osten der Ukraine handeln. Separatisten in der Region hatten sich 2014 mit Unterstützung Moskaus für unabhängig von Kiew erklärt. Im September 2022 ließ Kremlchef Wladimir Putin die Region als eines von vier ukrainischen Gebieten annektieren.

Die neue Bereitschaft Moskaus zu Austauschen erklärt die US-Denkfabrik Institute for the Study of the War damit, dass der Kreml die zunehmende Unzufriedenheit der eigenen Bevölkerung über die Mobilmachung eindämmen wolle. Viele Russen fürchten um Angehörige.


Klitschko ruft nach Kritik Selenskyjs zu Zusammenhalt auf

KIEW: Der Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew, Vitali Klitschko, hat nach Kritik von Präsident Wolodymyr Selenskyj vor politischem Streit gewarnt. «Der Schlüssel des Erfolgs der Ukraine nach dem Angriff Russlands auf unser Land ist der Zusammenhalt, sowohl national als auch international», sagte Klitschko der «Bild am Sonntag». «Wir müssen weiter gemeinsam dafür sorgen, das Land zu verteidigen und die Infrastruktur zu schützen.»

Selenskyj hatte am Freitag Kritik an Klitschko geäußert, der nach seinen Erfolgen als Box-Weltmeister in die Politik ging. Der Präsident bemängelte, dass die Wiederherstellung der Stromversorgung gerade in der Hauptstadt nach russischen Angriffen nur langsam vorangehe.

Klitschko versicherte nun, dass in «Rekordtempo» an einer Lösung gearbeitet werde. «Die Stadt hat wieder Wasser und 95 Prozent Heizung, jetzt arbeiten wir vor allem daran, dass der Strom überall zurückkommt.» Klitschko ist Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt seit 2014.


Buschmann: Kriegsverbrechen in Ukraine Thema beim G7-Treffen

BERLIN: Die Justizminister der sieben größten Industrienationen (G7) wollen sich für die Verfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine einsetzen. «Wir werden vor allem über die entsetzlichen Kriegsverbrechen sprechen, die auf dem Gebiet der Ukraine verübt werden und die wir verfolgen und bestrafen wollen», sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Samstag in einem auf Twitter veröffentlichten Video mit Blick auf das G7-Treffen der Justizminister am Montag und Dienstag in Berlin. Dazu werde man eine effizientere Koordination der Ermittlungen verabreden.

«Das Völkerstrafrecht fußt auf einem kraftvollen Versprechen, nämlich Kriegsverbrechen dürfen nicht straflos bleiben, egal wo sie begangen werden, egal wer sie verübt. Dieses Versprechen zu halten, ist unsere Pflicht», sagte Buschmann. Dazu sei das G7-Treffen wichtig.

Russland führt seit dem 24. Februar einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Ukraine stößt in befreiten Gebieten nach offizieller Darstellung auf immer mehr Beweise für Gräueltaten der einstigen russischen Besatzer. Die ukrainischen Behörden registrierten nach offiziellen Angaben bislang mehr als 45.000 Kriegsverbrechen. Russland wirft wiederum der Ukraine Kriegsverbrechen vor.


Kiew gedenkt Holodomor vor 90 Jahren: «Werden Tod erneut besiegen»

KIEW: Inmitten des seit mehr als neun Monaten dauernden russischen Angriffskriegs hat die Ukraine der verheerenden Hungersnot Holodomor vor 90 Jahren gedacht. «Einst wollten sie uns durch Hunger zerstören, nun durch Dunkelheit und Kälte», schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj am Samstag in seinem Telegram-Kanal mit Blick auf Russlands Angriffe auf die Energie-Infrastruktur seines Landes. In den Jahren 1932/33 hatte der damalige Sowjetdiktator Josef Stalin gezielt eine Hungersnot in der Ukraine herbeigeführt, den so genannten Holodomor. Bis zu vier Millionen Menschen starben.

Ebenso wenig wie damals ließen sich die Ukrainer heute von den Russen brechen, betonte Selenskyj. «Wir werden den Tod erneut besiegen.» Der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, schrieb: «Die Russen werden für alle Opfer des Holodomor bezahlen und für die heutigen Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden.»

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erinnerte an die Opfer des Holodomor. «Heute sind wir uns einig, dass Hunger nie wieder als Waffe eingesetzt werden darf», sagte Scholz anlässlich einer neuen Initiative namens «Getreide aus der Ukraine». Mehrere Länder haben den Holodomor bereits als Völkermord eingestuft. In der kommenden Woche könnte Deutschland folgen: Am Mittwoch will der Bundestag dazu eine Resolution verabschieden.


London: Moskau setzt in Ukraine wohl veraltete Trägerraketen ein

LONDON: Russland setzt in der Ukraine nach Einschätzung britischer Geheimdienste veraltete Trägerraketen ein, die eigentlich für nukleare Sprengköpfe ausgelegt sind. Auf öffentlich zugänglichen Aufnahmen seien Trümmer eines mutmaßlich abgeschossenen Raketentyps zu erkennen, der aus den 1980er Jahren stamme und als nukleares Trägersystem entwickelt worden sei, hieß es am Samstag in einem Bericht des britischen Verteidigungsministeriums. Die Trägerraketen würden jetzt unbewaffnet abgefeuert, ohne die Sprengköpfe.

Obwohl diese Raketen trotzdem Schaden anrichten könnten, sei es unwahrscheinlich, dass Moskau damit ernsthafte Erfolge erreiche, hieß es von der britischen Regierung. Vielmehr hoffe der Kreml wohl darauf, die ukrainische Luftabwehr abzulenken. London wertete dies als Zeichen dafür, wie erschöpft Russlands Arsenal an Langstreckenraketen sei.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

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