Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Dienstag

Foto: epa/dpa
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Selenskyj fordert erneut Sondertribunal für Russland

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Forderung nach einem Sondertribunal wegen des russischen Angriffskriegs gegen sein Land bekräftigt. Zwar arbeite die Ukraine bereits mit vielen Ländern und Organisationen wie dem Internationalen Strafgerichtshof zusammen, «damit jeder russische Mörder die verdiente Strafe erhält», sagte er am Dienstagabend in seiner täglichen Videoansprache. «Aber leider reichen die verfügbaren internationalen Rechtsinstrumente für Gerechtigkeit nicht aus.»

«Selbst vor dem Internationalen Strafgerichtshof ist es immer noch unmöglich, die höchste politische und militärische Führung Russlands für das Verbrechen der Aggression gegen unseren Staat - für das Hauptverbrechen - vor Gericht zu stellen», beklagte Selenskyj. Daher werde neben dem Internationalen Strafgerichtshof ein Sondertribunal benötigt. «Und wir tun alles, um ein solches Tribunal zu schaffen.» Der ukrainische Staatschef hatte schon im September vor der UN-Vollversammlung für ein Sondertribunal geworben.

Er erinnerte daran, dass schon im Januar 1942, lange vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, von den Alliierten in London der Grundstein für die juristische Verfolgung der Kriegsverbrechen der Nazis gelegt wurde. Die damalige St. James-Erklärung leitete den Weg zum späteren Nürnberger Tribunal ein.

In Zusammenarbeit mit westlichen Partnern müsse die notwendige Rechtsarchitektur entwickelt werden, damit das Tribunal funktioniere, damit wie nach dem Zweiten Weltkrieg wirklich für Gerechtigkeit gesorgt werden könne, forderte Selenskyj.


Ukraine meldet zahlreiche russische Luftangriffe auf Infrastruktur

KIEW: Russland hat am Dienstag nach Angaben des ukrainischen Generalstabs zahlreiche Objekte der zivilen Infrastruktur in der Ukraine beschossen.

Insgesamt seien 26 Luftangriffe sowie ein Raketenangriff registriert worden, heißt es in einer Mitteilung der Militärführung in Kiew. «Und es besteht weiterhin die Gefahr, dass der Feind Raketenangriffe auf kritische Infrastruktureinrichtungen tief im Hinterland startet.» Der Generalstab kritisierte einmal mehr, dass der Nachbar Belarus den Angriffskrieg Russlands weiter unterstütze und weiterhin sein Territorium und seinen Luftraum für Raketen- und Luftangriffe «zur Verfügung» stelle.


Zitat: Ukrainischer Außenminister zu Patriot-Flugabwehrsystemen

«KURZ GESAGT: Patriots und Transformatoren sind das, was die Ukraine am meisten braucht.»

(Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Dienstag am Rande von Gesprächen mit den Außenministern der Nato-Staaten in Bukarest. Polen hatte zuvor angeregt, deutsche Patriot-Flugabwehrsysteme in der Ukraine zu stationieren, nachdem Deutschland eine Verlegung von Patriots nach Polen angeboten hatte.)


Außenminister der Nato-Staaten diskutieren über Umgang mit China

BUKAREST: Die Außenminister der 30 Nato-Staaten beraten an diesem Mittwoch zum Abschluss eines Treffens in der rumänischen Hauptstadt Bukarest über den Umgang mit China. Zudem soll es Gespräche mit Vertretern der Partnerländer Bosnien-Herzegowina, Georgien und Moldau geben.

China wurde im neuen strategischen Konzept des Bündnisses als «Herausforderung» eingestuft. Nun muss diskutiert werden, was dies für Konsequenzen haben soll.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am ersten Tag des Treffens, der Krieg in der Ukraine habe die gefährliche Abhängigkeit von russischem Gas unter Beweis gestellt. Dies sollte das Bündnis nun zum Anlass nehmen, die Abhängigkeiten von anderen autoritären Staaten wie China zu überprüfen. Ziel müsse es sein, sich der Abhängigkeiten bewusst zu sein und die eigene Verwundbarkeit zu verringern.

Als Beispiel nannte Stoltenberg die Abhängigkeiten im Bereich der seltenen Erden. Diese Metalle werden zum Beispiel für die Herstellung von Brennstoffzellen, Motoren, LEDs oder Glasfaserkabeln gebraucht.


Erster Staatsbesuch für Biden - US-Präsident empfängt Macron

WASHINGTON: US-Präsident Joe Biden wird Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zu einem Staatsbesuch in Washington empfangen. Macron ist der erste ausländische Gast, für den Biden seit Beginn seiner Amtszeit einen offiziellen Staatsbesuch abhält. Das Programm dauert mehrere Tage - am Mittwoch wird Macron unter anderem mit US-Vize Kamala Harris zusammentreffen. Macron wird bei der Reise von seiner Ehefrau Brigitte und mehreren Ministerinnen und Ministern begleitet. Am Abend steht ein Abendessen der Macrons mit dem US-Präsidenten und seiner Ehefrau Jill auf dem Programm.

Am Donnerstag soll es unter anderem eine offizielle Begrüßungszeremonie und eine gemeinsame Pressekonferenz mit Macron und Biden geben. Auch eine gemeinsame Abschlusserklärung ist geplant. Für den Abend ist ein festliches Staatsdinner angesetzt. Im Anschluss an das Programm in Washington will Macron in die Metropole New Orleans im US-Bundesstaat Louisiana weiterreisen. Die Gegend im Süden der USA ist besonders französisch geprägt.

Die US-Regierung betont, dass Frankreich der älteste Verbündete der Vereinigten Staaten sei. Im Mittelpunkt der Gespräche zwischen Biden und Macron solle der russische Angriffskrieg auf die Ukraine stehen, sagte ein US-Regierungsvertreter. Weitere Themen seien China, Iran und die gemeinsame wirtschaftliche Zusammenarbeit etwa im Energiebereich. Im vergangenen Jahr hatte es in den Beziehungen zwischen den beiden Nato-Partnern ordentlich geknirscht, weil Frankreich wegen eines neuen Sicherheitsbündnisses im Indopazifik ein Milliarden-Geschäft für U-Boote entging.


Nato verspricht Ukraine weitere Hilfe

BUKAREST: Die Nato hat der Ukraine weitere Unterstützung bei der Abwehr des russischen Angriffskriegs zugesagt. Bei einem Treffen in Bukarest verabschiedeten die Außenminister der 30 Bündnispartner am Dienstag dazu eine gemeinsame Erklärung. Darin heißt es: «Aufbauend auf der bisher zur Verfügung gestellten Unterstützung werden wir nun der Ukraine helfen, ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken, ihre Bevölkerung zu schützen und den Desinformationskampagnen und Lügen Russlands entgegenzutreten.» Dabei gehe es auch um Wiederherstellung der Energie-Infrastruktur und Schutz der Bevölkerung vor Raketenangriffen. Die Unterstützung werde geleistet «so lang wie nötig».

Mit Blick auf den Wunsch der Ukraine nach Aufnahme in die Nato machten die Minister allerdings deutlich, dass es vorerst kein beschleunigtes Verfahren geben wird. Erneut wurde auf die Beschlüsse eines Nato-Gipfels 2008 verwiesen. Damals hatten die Bündnisstaaten vereinbart, die Ukraine und Georgien aufzunehmen - gleichzeitig aber festgelegt, dass sie zuvor Programme für Nato-Kandidaten durchlaufen müssen. Solche Programme haben bislang nicht einmal begonnen.

Zu Russland heißt es in der Erklärung, die anhaltende Invasion gefährde Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Moskau verwehre mit skrupellosen Angriffen auf die zivile Infrastruktur Millionen Ukrainern den Zugang zur menschlichen Grundversorgung. Der Krieg habe zudem die globale Nahrungsmittelversorgung getroffen und gefährde die weltweit schwächsten Länder und Bevölkerungsgruppen.

«Alle, die für Kriegsverbrechen (...) verantwortlich sind, müssen zur Rechenschaft gezogen werden», heißt es in dem Text weiter. Man verurteile Grausamkeiten gegenüber der ukrainischen Zivilbevölkerung sowie Verstößen gegen Menschenrechte. Als Beispiele werden Zwangsumsiedlungen, Folter und eine barbarische Behandlung von Frauen und Kindern genannt.


Sohn von früherem Putin-Vertrauten vor Gericht

OSLO: Der Sohn eines früheren russischen Top-Beamten mit Verbindungen zu Kremlchef Wladimir Putin hat Vorwürfe in einem Prozess wegen Drohnenflügen in Norwegen von sich gewiesen. «Nicht schuldig», sagte der Angeklagte Andrej Jakunin nach Angaben der Nachrichtenagentur NTB am Dienstag zum Verfahrensauftakt vor einem Gericht im nordnorwegischen Tromsø. Dort wird ihm vorgeworfen, auf einer Segelreise in Spitzbergen im Sommer unerlaubterweise Drohnen fliegen gelassen zu haben. Ihm drohen mehrere Monate Gefängnis.

Jakunin hat nach NTB-Angaben neben einem russischen auch einen britischen Pass, er ist in Italien wohnhaft. Mitte Oktober war er im hohen Norden des skandinavischen Landes festgenommen worden. Die Polizei beschlagnahmte Drohnen und elektrische Geräte auf seinem Boot. Der norwegische Geheimdienst PST ist der Ansicht, dass er gegen Sanktionsvorschriften verstoßen hat, die Norwegen nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine verhängt hat.

Der 47-jährige Jakunin ist Sohn von Wladimir Jakunin, dem ehemaligen Chef der russischen Eisenbahn, der einer der Gründer des Datschen-Kooperativs «Osero» gewesen war, dem auch Putin angehörte. Alle Gründungsmitglieder haben nach Putins Ernennung zum Präsidenten Karriere gemacht - entweder als Geschäftsleute oder hochrangige Beamte. Jakunin selbst ist vor ein paar Jahren allerdings aus dem engsten Umfeld Putins aussortiert worden.

Zuletzt waren in Norwegen immer wieder Drohnen über sensibler Infrastruktur gesichtet worden, unter anderem über Öl-Plattformen in der Nordsee oder Flughäfen. Mehrere russische Staatsbürger wurden im Zuge dessen festgenommen. Einzelne von ihnen wurden Berichten zufolge bereits zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt.


Moskau: Verschiebung von Atomgesprächen politisches Signal

MOSKAU: Russlands kurzfristige Absage von Konsultationen über strategische Atomwaffen mit den USA ist nach Angaben aus Moskau ein «politisches Signal» an Washington. Der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow gab am Dienstag den USA die Schuld am Scheitern des Dialogs. Wenn die USA das Gespräch wollten, sollten sie Vorschläge für eine Wiederbelebung machen, sagte Rjabkow der Agentur Interfax zufolge. Bei den Konsultationen sollte es eigentlich um die Zukunft des Vertrags über atomare Abrüstung (New Start) gehen.

Der erste Start-Vertrag wurde 1991 von US-Präsident George Bush und dem sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow unterzeichnet. Als New Start hatten ihn die Präsidenten Barack Obama und Dmitri Medwedew 2010 erneuert. 2021 wurde das Abkommen zur Begrenzung von Atomwaffen für fünf Jahre verlängert.

Allerdings ist ein wichtiges Element des Vertrags, die gegenseitige Kontrolle der jeweiligen Atomwaffenarsenale, seit Sommer ausgesetzt. Russland beklagte, wegen der Sanktionen infolge des Ukraine-Kriegs keine Inspektionsreisen in die USA mehr machen zu können, und strich seinerseits westliche Kontrollen. Die geplanten Konsultationen in Kairo wären die ersten Rüstungskontrollgespräche seit Beginn des von Russland begonnenen Kriegs gewesen.

Nun ist unklar, wann die Gespräche wieder aufgenommen werden. Jabkow wird Moskau frühestens nächstes Jahr einen Termin vorschlagen.


Russisches Militär berichtet von Angriffen im Gebiet Donezk

MOSKAU/KIEW: Das russische Militär greift nach eigenen Angaben an der Front im Gebiet Donezk weiter die ukrainischen Truppen an. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Lagebericht des russischen Verteidigungsministeriums in Moskau hervor. An dem Frontabschnitt im Gebiet Donezk wird seit Monaten um die von den Ukrainern verteidigten Städte Bachmut und Awdijiwka gekämpft. Das russische Militär zählte umliegende Ort wie Werchnokamjanske, Andrijiwka und Wodjane auf, die auch aus der Luft angegriffen worden seien.

Die Moskauer Angaben decken sich in diesem Fall mit den Berichten des Kiewer Generalstabs, der massive russische Truppenkonzentrationen an diesen Abschnitten verzeichnet. Das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) zog allerdings in Zweifel, dass Russland mit seiner Offensive bei Bachmut vorankommt.

Ein Stück weiter nördlich bei den Städten Kupjansk und Lyman wehrten russische Truppen nach Moskauer Angaben ukrainische Angriffe ab. Das passt zu ukrainischen Angaben, dass dort die Russen in der Defensive seien.

Am Dienstagmittag wurde über der gesamten Ukraine Luftalarm ausgelöst, der in der Hauptstadt Kiew zwölf Minuten dauerte. Angaben über tatsächliche Raketeneinschläge gab es zunächst nicht. Die Ukraine befürchtet aber seit Tagen eine ähnlich massive Attacke mit Langstreckenraketen wie vergangene Woche, als fast im ganzen Land die Stromversorgung zusammenbrach.


Baerbock: Generatoren aus Loks könnten in Ukraine Strom produzieren

BUKAREST: Technik aus Zügen könnten nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock bei der Notversorgung der Ukraine mit Strom helfen. Man zerbreche sich derzeit den Kopf, wie man Generatoren aus Eisenbahnloks ausbauen und dann mit Lastwagen oder Zügen in die Ukraine transportieren könne, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag am Rande eines Nato-Treffens in Bukarest. Das Land brauche große Generatoren, um die Leistung der von Russland zerbombten Kraftwerke zu ersetzen. Dabei sei neben Geld auch «jegliche Kreativität» gefragt.

Zu den anhaltenden russischen Angriffen auf zivile Infrastruktur in der Ukraine sagte Baerbock, man erlebe, dass die Brutalität des russischen Präsidenten Wladimir Putin keine Grenzen kenne. Er wisse, dass man die Wasser- und Stromversorgung nicht auf Knopfdruck wieder aufbauen könne. Putin nehme in Kauf, dass Kinder, Alte und Familien verdursten, verhunger oder erfrieren.


Verfassungsrichter gegen Rückkehr zur Todesstrafe

MOSKAU: Russlands Ausstieg aus dem Europarat und der Krieg gegen die Ukraine sind laut einem russischen Verfassungsrichter kein Grund zur Wiedereinführung der Todesstrafe. «Lediglich eine Verfassungsänderung könnte die Basis für die Wiederaufnahme der Todesstrafe sein», sagte der Chef des russischen Verfassungsgerichts, Waleri Sorkin, am Dienstag auf einem Richterkongress in Moskau. Der Gesetzgeber habe aber glücklicherweise nicht entschieden, «das Rad zurückzudrehen», fügte er der Nachrichtenagentur Interfax zufolge hinzu. Zuletzt hatte es mehrfach von prominenter Seite Forderungen nach einer Rückkehr zur Todesstrafe in Russland gegeben.

Russland hat die Todesstrafe zwar nicht abgeschafft, seit 1996 gilt jedoch ein Moratorium auf die Vollstreckung. Sorkin gilt als Konservativer, der die russische Verfassung über internationales Recht stellt und unter anderem den Schutz von Minderheiten in liberalen Demokratien kritisiert hat. Nichtsdestotrotz plädierte er nun dafür, der russischen Gesellschaft den «humanen Charakter» des russischen Strafgesetzes zu demonstrieren. Sorkins Aussagen gewinnen dadurch an Gewicht, dass auch Kremlchef Wladimir Putin bei dem Richterkongress für mehr Humanität in der Rechtsprechung eintrat.

Anfang November hatte Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew die Rückkehr zur Todesstrafe gefordert. Das Moratorium sei durchaus zu überwinden, wenn nur das Verfassungsgericht seine Einstellung dazu ändere, sagte Medwedew. Er galt im Kreml einst als Liberaler, profiliert sich seit Kriegsbeginn aber als Hardliner.


Baerbock bezeichnet Russlands Krieg als «Bruch der Zivilisation»

BUKAREST: Außenministerin Annalena Baerbock hat den russischen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine als «Bruch der Zivilisation» bezeichnet. Die Grünen-Politikerin benutzte damit am Dienstag bei einem Nato-Treffen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest einen Begriff, der oft als Beschreibung für den Holocaust gebraucht wird. Dieser ist wiederum die nahezu weltweit gebräuchliche Bezeichnung für den Völkermord an Europas jüdischer Bevölkerung durch die Nationalsozialisten mit etwa sechs Millionen Toten.

Baerbock sagte konkret: «Wir erleben auf brutale Art und Weise, dass der russische Präsident jetzt Kälte als Kriegswaffe einsetzt - ein brutaler Bruch nicht nur mit dem Völkerrecht, sondern mit unserer Zivilisation.» Die Bombardierung von Infrastuktur bedeute, dass Familien mit kleinen Kinder bei Minustemperaturen ohne Strom, Wasser und Wärme leben müssten.

Wenig später fügte die Außenministerin hinzu: «Dass dieser brutale Bruch der Zivilisation so geführt wird - also ich hätte mir das in den letzten Jahren niemals vorstellen können. (...) Wenn gezielt Infrastruktur bombardiert wird, dann nimmt man mutwillig in Kauf, dass Kinder, dass Alte, dass Familien erfrieren, dass sie verdursten, dass sie verhungern.»


Russland will Zwangsarbeiter in Rüstungsbetrieb schicken

JEKATERINBURG: Die russische Strafvollzugsbehörde will im Ural 250 zu Zwangsarbeit verurteilte Häftlinge in einem Rüstungsbetrieb einsetzen. Die Zwangsarbeiter sollen bei dem Unternehmen Uralvagonzavod in der Stadt Nischni Tagil unter anderem als Maschinen- und Kranführer, Drechsler und Schweißer arbeiten. Das berichteten russische Medien am Dienstag unter Berufung auf die Behörde.

Den Berichten zufolge ist die Arbeit mit einigen Privilegien verbunden. So sind die Häftlinge nicht in Zellen unterbracht, sondern einem Wohnheim, oder können sogar bei Angehörigen wohnen. Zudem wird neben den üblichen Steuern von ihrem Verdienst nur ein Satz von 5 bis 20 Prozent als Strafe vom Gehalt abgezogen.

Uralvagonzavod ist einer der größten Rüstungskonzerne, bekannt für die Produktion von Kampfpanzern vom T-72 bis hin zum neuen T-14. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs wurde dort ein Dreischichtsystem eingeführt, um die Produktion zu steigern. Russland hat bei seinem Angriffskrieg deutlich höhere Verluste als erwartet.


Slowakei übergibt Ukraine im Ringtausch 30 Schützenpanzer

BRATISLAVA: Im Rahmen eines mit Deutschland vereinbarten Ringtauschs hat die Slowakei der Ukraine 30 Schützenpanzer des sowjetischen Typs BMP-1 übergeben. Das teilte der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Nad am Dienstag auf Facebook mit. «Mit Freude kann ich bestätigen, dass wir nach Unterzeichnung des entsprechenden Memorandums vor zwei Wochen unseren Teil der Vereinbarung in den vergangenen Tagen erfüllt haben und die Ukraine ihre 30 Schützenpanzer übernommen hat», schrieb der konservative Politiker.

Der Ringtausch war im Sommer vereinbart worden. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht hatte mit Nad vereinbart, dass Deutschland der Slowakei im Gegenzug 15 Kampfpanzer des Typs Leopard 2 A4 liefert. Die deutschen Panzer werden aus Beständen der deutschen Industrie geliefert und um ein sogenanntes Munitions-, Ausbildungs- und Logistikpaket ergänzt.

Rheinmetall hatte Mitte November mitgeteilt, dass das erste Leopard-Fahrzeug im Dezember 2022 ausgeliefert wird, was Nad nun ebenfalls bestätigte. Bis Ende 2023 soll die Auslieferung an die Slowakei abgeschlossen sein. Slowakische Soldaten werden derzeit in Deutschland für den Umgang mit den Panzern geschult.


Nato-Generalsekretär wirbt für zusätzliche Flugabwehr für Ukraine

BUKAREST: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat für die Lieferung zusätzlicher Flugabwehrsysteme an die Ukraine geworben. Er erwarte, dass von den Bündnispartnern die Botschaft komme, dass man mehr tun müsse, sagte der Norweger am Dienstag zum Auftakt von Beratungen mit den Nato-Außenministern in Bukarest. Dabei gehe es darum, der Ukraine bei der Reparatur zerstörter Infrastruktur wie Strom- und Gasnetz zu helfen, aber auch um mehr Luftverteidigungssysteme. Zudem müsse sichergestellt werde, dass es für gelieferte Systeme genügend Munition und Ersatzteile gebe.

Russland greife nun zivile Ziele und Städte an, weil es keine Geländegewinne mehr mache und verhindern wolle, dass die Ukraine weitere Gebiete befreie. Bereits am Freitag hatte der Nato-Generalsekretär deutlich gemacht, dass für ihn auch eine Lieferung von deutschen Patriot-Flugabwehrsystemen in die Ukraine nicht tabu wäre. Deutschland hatte zuvor Polen Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot zur Sicherung des polnischen Luftraums angeboten. Warschau regte dann aber eine Verlegung direkt ins Nachbarland an.


Estland wählt im März neues Parlament

TALLINN: Estland wählt im Frühjahr ein neues Parlament. Der Präsident des EU- und Nato-Landes, Alar Karis, legte den 5. März als Wahltermin fest. Wahlberechtigt sind etwa 900.000 Bürgerinnen und Bürger. Eine Besonderheit ist die Abstimmung im Internet, die Estland schon 2005 als erstes Land in Europa eingeführt hatte. Beim «E-Voting» können die Wähler bereits vor dem eigentlichen Wahltag ihr Kreuzchen setzen. Im Mittelpunkt des Wahlkampfs dürfte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen Auswirkungen stehen.

In Umfragen liegt derzeit die wirtschaftsliberale Reformpartei von Regierungschefin Kaja Kallas vorn. Dahinter folgen die rechtspopulistische Partei EKRE und die linksgerichtete Zentrumspartei.


G7 koordinieren Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in der Ukraine

BERLIN: Die Ermittlungen zu in der Ukraine verübten Kriegsverbrechen sollen besser koordiniert werden. Um das zu erreichen, sind die Justizminister der G7-Staaten an diesem Dienstag in Berlin zusammengekommen. Der deutsche Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte zu den Beratungen auch eine Delegation aus der Ukraine eingeladen. Er sagte, es gehe bei der verbesserten Zusammenarbeit vorrangig darum, Beweismaterial zu sichern und Doppelarbeit zu vermeiden. Opfer, die Zeugenaussagen machten, sollten zu ihren traumatisierenden Erlebnissen beispielsweise nicht mehrfach aussagen müssen. Von der Zusammenkunft gehe das Signal aus: «Kriegsverbrechen dürfen nicht ungesühnt bleiben.»

Die Regierung in Kiew setzt sich für ein Sondertribunal zur Verfolgung von russischen Verbrechen in der Ukraine ein. Die Ukraine will, dass sich ein solches Tribunal mit der Völkerrechtsstraftat der Aggression befasst. «Wir sind offen dafür, dies zu diskutieren, sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders.

Luft nach oben sehen Reynders und auch Buschmann zudem bei der Durchsetzung der gegen Russland als Reaktion auf den im Februar begonnenen Angriffskrieg verhängten Sanktionen. In einem Gastbeitrag, den Buschmann gemeinsam mit dem französischen Justizminister Éric Dupond-Moretti für die «Legal Tribune Online» verfasst hat, heißt es: «Als Justizminister Frankreichs und Deutschlands sind wir der Ansicht, dass wir darüber noch hinausgehen und Sanktionsverstöße nicht nur gemeinsam bestrafen, sondern auch gemeinsam verfolgen müssen. Deshalb sprechen wir uns dafür aus, dass die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft auf Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Europäischen Union ausgeweitet wird.»

Dem G7-Zusammenschluss wirtschaftsstarker Demokratien gehören neben der Bundesrepublik auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien an. Deutschland hat bis Jahresende den Vorsitz, 2023 übernimmt Japan die Präsidentschaft.


Selenska: Bitte denkt vor Weihnachten weiter an die Ukrainer

LONDON: Die Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Olena Selenska, hat dazu aufgerufen, auch vor Weihnachten an ihre Landsleute zu denken. «Wir hoffen sehr, dass Euch die bevorstehende Weihnachtszeit nicht unsere Tragödie vergessen lässt und ihr Euch an unser Leid gewöhnt», sagte Selenska am Dienstag dem Sender BBC Radio 4.

«Die Ukrainer sind sehr müde von diesem Krieg, aber wir haben keine Wahl in diesem Fall. Wir kämpfen um unser Leben. Die Briten haben eine Wahl. Sie können sich an unsere Tragödie gewöhnen und sich auf ihre eigenen wichtigen Dinge im Leben konzentrieren», sagte Selenska. Ihre Botschaft aber sei: «Das ist nicht nur ein Krieg für unsere Freiheit und unser Leben. Das ist ein Krieg der gegensätzlichen Weltanschauungen, ein Krieg um Werte.»

Selenska nahm in London an einer Konferenz über sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten teil. Dabei betonte sie, Russland setze sexuelle Gewalt «systematisch und offen» als weitere Waffe ein. Russische Soldaten würden dies in Gesprächen mit Verwandten offen zugeben. Sie behauptete, dass die Frauen der russischen Soldaten sie dazu ermutigten. Deshalb sei eine globale Antwort notwendig.


USA wollen Nato-Anwärter Finnland Waffen im Millionenwert verkaufen

WASHINGTON: Die USA wollen dem an Russland grenzenden Finnland Waffensysteme im Wert von rund 323 Millionen US-Dollar (knapp 312 Millionen Euro) verkaufen. Es gehe unter anderem um taktische Luft-Luft-Raketen vom Typ AIM 9X Block II und Gleitbomben vom Typ AGM-154 sowie die dazugehörige Ausrüstung, teilte das Pentagon am Montag (Ortszeit) mit. Das US-Außenministerium habe den geplanten Verkauf des Herstellers Raytheon an den Nato-Beitrittskandidaten genehmigt. Der Kongress muss dem Geschäft noch zustimmen.

Die Lieferung dieser Waffen werde die finnische Luftabwehr und die Luft-Boden-Waffenfähigkeit verbessern. «Es ist für das nationale Interesse der USA essenziell, Finnland bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung einer starken und einsatzbereiten Selbstverteidigungsfähigkeit zu unterstützen», hieß es weiter.

Finnland grenzt auf rund 1340 Kilometern Länge an Russland und hat nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine - ebenso wie das benachbarte Schweden - die Aufnahme in die Nato beantragt. Aufgenommen werden können beide Länder allerdings nur, wenn alle derzeit 30 Nato-Mitglieder die sogenannten Beitrittsprotokolle ratifizieren. 28 haben dies bereits getan - nur in der Türkei und in Ungarn stehen die Abstimmungen noch aus.


London: Russland ändert in Ukraine Grundkonzept der Bataillone

LONDON: Nach schweren Niederlagen im Krieg gegen die Ukraine ist Russland nach britischer Einschätzung von seinem militärisch-taktischen Grundkonzept abgerückt. In den vergangenen drei Monaten seien die russischen Kräfte in der Ukraine größtenteils nicht mehr als taktische Bataillonsgruppen (BTG) aufgetreten, teilte das Verteidigungsministerium in London am Dienstag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit.

Die hochintensiven Kämpfe auf weiter Fläche hätten mehrere Fehler des Konzepts offengelegt. «Die relativ geringe Zuteilung von Infanterie an die BTG hat sich oft als unzureichend erwiesen.» Zudem habe es die dezentrale Verteilung von Artillerie Russland nicht ermöglicht, seinen Mengenvorteil bei dieser wichtigen Waffe auszuschöpfen. Nur wenige Kommandeure hätten die Erlaubnis, das Modell flexibel zu nutzen, hieß es in London.

Das BTG-Konzept ist ein zentraler Pfeiler der russischen Militärdoktrin der vergangenen Jahre. Dabei wird jeder taktische Verband sowohl mit Infanterie als auch mit Flugabwehr, Artillerie sowie Logistik- und Aufklärungseinheiten ausgestattet. Dies soll den Einheiten ermöglichen, selbstständig mit mehreren Waffengattungen zu kämpfen.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.


Ukrainische Großstadt Dnipro von vier Raketen getroffen

KIEW: Die zentralukrainische Großstadt Dnipro ist Behördenangaben zufolge in der Nacht zu Dienstag von vier russischen Raketen getroffen worden.

Die Produktionsanlagen einer «privaten Firma» seien schwer beschädigt worden, teilte der Gouverneur des Gebietes Dnipropetrowsk, Walentyn Renitschenko, auf Telegram mit. Nähere Angaben zu dem Unternehmen machte er nicht. Es sei ein Brand entstanden, der aber gelöscht worden sei. Niemand sei getötet oder verletzt worden, schrieb Resnitschenko. Auch die weiter südlich gelegene Stadt Nikopol am Fluss Dnipro sei beschossen worden.

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