Tausende Bootsflüchtlinge treiben hilflos im Meer

Menschenrechtler schlagen Alarm, Behörden und Marine beobachten nur die Lage: tausende Flüchtlinge driften für Südostasiens Küsten in mickrigen Booten. Niemand will sie an Land lassen. Foto: epa/Yongyot Pruksarak
Menschenrechtler schlagen Alarm, Behörden und Marine beobachten nur die Lage: tausende Flüchtlinge driften für Südostasiens Küsten in mickrigen Booten. Niemand will sie an Land lassen. Foto: epa/Yongyot Pruksarak

BANGKOK: In Südostasien spitzt sich eine Flüchtlingskrise dramatisch zu. Auf hoher See sollen dort 8.000 Menschen in teils nicht seetüchtigen Booten und ohne ausreichend Wasser und Lebensmittel treiben, wie die Organisation für Migration (IOM) am Dienstag berichtete.

Es dürfte sich überwiegend um Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya aus Myanmar handeln. Viele seien wochenlang unterwegs, sagte der Chef des IOM-Büros in Thailand, Jeff Labovitz. Wegen akuten Vitaminmangels sähen einige Gerettete «wie Skelette» aus. Er rief die Behörden Thailands, Malaysias und Indonesiens auf, die Menschen an Land zu lassen.

Eine Rettungsaktion ist aber nicht in Sicht. «Unsere Regierung hat die Situation im Auge und sucht nach einer umfassenden Lösung, hoffentlich zusammen mit unseren Nachbarn», sagte ein Sprecher der malaysischen Regierung. «Wir helfen Leuten, die Hilfe brauchen, im Rahmen unserer Gesetze.» In Malaysia und Indonesien waren seit Sonntag mehr als 1500 Flüchtlinge an Land gekommen, teils so geschwächt und ausgezehrt, dass sie ärztliche Hilfe brauchten. Sie werden aber als illegale Migranten angesehen und sofort in Internierungslager gebracht.

Die indonesische Marine schickte am Montag ein Boot mit hunderten Flüchtlingen sogar zurück auf hohe See, wie ein Marinesprecher bestätigte. Er rechtfertigte das damit, dass die Leute an Bord gar nicht nach Indonesien wollten. Soldaten hätten ihnen zu essen und zu trinken gegeben. «Sie sahen nicht aus, als ob sie in Gefahr waren», meinte der Sprecher, Manahan Simorangkir.

Rohingya fliehen seit mehr als zwei Jahren. Allerdings haben sich die Zahlen nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) Anfang 2015 verdoppelt: auf 25.000 in den ersten drei Monaten. «Wir müssen die Ursachen bekämpfen, die Menschen dazu bringt, ihr Leben auf Booten von Menschenschmugglern zu riskieren», sagte UNHCR-Sprecherin Vivian Tan. «Menschenschmuggler sind rücksichtslos», sagte der IOM-Sprecher in Indonesien, Marc Getchell. «Sie betrachten die Menschen nur als Geldmaschinen.»

Am Pranger stehen vor allem thailändische Schlepper, die mit Beamten und Polizisten unter einer Decke stecken. Sie schmuggelten viele Flüchtlinge nach Malaysia. Zehn Beamte wurden in jüngster Zeit festgenommen. Seit Ende April an der Grenze nach Malaysia mehr als 30 verscharrte Leichen von Rohingya entdeckt wurden, begannen die Behörden mit Razzien. Seitdem lassen die Schlepper die Menschen in Thailand nicht mehr an Land.

Neben Rohingya sind nach IOM-Angaben auch Menschen aus Myanmars armem Nachbarland Bangladesch unter den Flüchtlingen. Dort ist die Polizei im Großeinsatz gegen Menschenschmuggler. In den vergangenen Tagen seien mindestens fünf Menschenhändler getötet worden, berichteten die Behörden. 2014 hätten Sicherheitskräfte mehr als 1.000 Flüchtlinge aus den Händen der Schmuggler befreit, sagte ein Polizeisprecher. Auch in diesem Jahr seien zahlreiche Flüchtlinge gerettet und Dutzende Menschenhändler festgenommen worden.

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