Suriyakhat wird mit Suchat Düngsa vermählt

übersetzt von Dr. Christian Velder

Suriyakhat trat hinter dem Vorhang hervor und kniete vor dem König nieder. Dann zog er sich soweit zurück, wie es sich für ihn gehörte. Die Königstochter schlug den Vorhang zur Seite und sank vor ihrem Vater zu Boden. Der König, seine Minister und Ratgeber, bis hinab zu Königsdienern und Sklaven, sie alle schauten das Wunder und wussten sich nicht zu lassen vor Staunen und Freude. Sie priesen den Sohn des Reichen und opferten ihm ihren Schmuck und ihr Geschmeide. Die Königstochter war von den Toten auferstanden!

Die Königin fasste sich zuerst. Sie zog ihre Tochter ans Herz und gab lächelnd Suriyakhat all ihren königlichen Zierrat. Der König ergriff das Wort und sprach: "Oh Suriyakhat, ich schenke dir meine Tochter. Sie möge dir zu deinen Füssen dienen. Ich werde dir die Weihen spenden, auf dass du mein Reich beherrschest."

Suriyakhat entgegnete: "Oh Herr, arm bin ich gekommen aus fremdem Land. Es ziemt sich nicht für mich, den Königsschatz anzunehmen. Vielmehr will ich Urlaub erbitten, um weiterzuwandern, in die grossen und kleinen Himmelsrichtungen."

Der König schwieg, aber Suchat Düngsa ergriff das Wort und sprach: "Oh Herr, wenn Suriyakhat fortziehen will in die grossen und kleinen Richtungen, so lass mich ihm folgen. Ich mag mich nicht mehr von ihm trennen. Denn mein Leben liegt unter seinem Fuss. Bitte, oh Vater, sprich dein Königswort und lass ihn nicht gehen!"

Gemeinsam überredeten der König, seine Gattin und die Königstochter Suriyakhat zu bleiben. In einem prachtvollen Hochzeitsfest wurde er mit der Königstochter vermählt. Dann betrat er mit seiner jungen Frau den goldenen Palast, den der König dem jungen Paar zur Wohnung bestimmt.

Djanthakhat wohnte indessen im Hause des Reichen, der ihn jeden Tag mehr zu lieben begann. Wenn Djanthakhat einen Wunsch hatte, der Reiche erfüllte ihn sofort.

So kam es, dass die beiden Brüder das Glück wiederfanden, und als sie es wiedergefunden hatten, vergassen sie ganz ihre Sohnespflicht. Sie dachten nicht an die Mutter und nicht an den Vater! Drei Jahre gingen so dahin, bis Suriyakhat sich endlich besann. Plötzlich war der Wunsch in ihm, seine Eltern wiederzusehen. Er liess Djantha-khat holen und sprach: "Wir wissen nicht, ob unsere Eltern tot sind oder noch am Leben. Darum sollten wir heimkehren, um nach ihnen zu schauen!"

Djanthakhat war einverstanden und kehrte zu Ukkasat zurück, seinem reichen Pflegevater, um von ihm die Erlaubnis zur Reise zu erbitten. Suriyakhat sprach indessen mit Suchat Düngsa, seiner Gattin: "Oh jüngere Schwester", sagte er, "ich muss mich von dir trennen, denn ich will meine Eltern endlich wiedersehen!"

Suchat Düngsa entgegnete ohne Zögern: "Wenn du gehst, will ich dir folgen!"

"Sieh, geliebte Schwester, der Weg ist weit und beschwerlich! Bleibe lieber bei deinen Eltern daheim! Ich werde eilen und so schnell wie möglich wieder bei dir sein!"

"Dann geh‘, Geliebter, und kehre geschwind zurück!"

Am nächsten Morgen trat Suriyakhat vor den König und sprach: "Ich bin dein Sklave, oh du Tugendhafter! Gib mir Urlaub und lass mich ziehen. Mich verlangt es heimzukehren nach Djampak, um meine Elter wiederzusehen." Der König gewährte die Bitte.

Zehn volle Jahre war Suriyakhat nun schon von den Eltern getrennt. In seiner zartesten Kindheit war er fortgegangen. Inzwischen war er zum Manne gereift. Als er wegging, war er zwölf Jahre alt, seither waren zehn Jahre vergangen, zweiundzwanzig Jahre zählte er jetzt!

Er dachte: "Wahrscheinlich werden die beiden Alten uns nicht mehr erkennen. Gewiss werden sie in der jammervollsten Armut leben. Wenn wir auf dem Landwege heim wandern, können wir ihnen kaum etwas mitnehmen als Gabe. Darum sollten wir das Schiff nehmen!"

Das waren seine Gedanken, und so befahl er, ein Schiff seeklar zu machen. Er liess grosse reife Bambusröhren schlagen und füllte sie mit Silber, mit Gold und Edelsteinen. Dann verlud er sie in seinem Schiffe. Als der glückverheissende Tag gekommen war, gingen die Brüder an Bord. In der Begleitung von fünfhundert Kaufleuten stachen sie in See. Auf des Ozeans Mitte steuerten sie hinaus.

Hier endet das Kapitel, wie Suriyakhat seine Gattin fand.

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