Maas: Kampf gegen IS nach Tod Al-Bagdadis nicht zu Ende

Foto: epa/Str
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WASHINGTON/DAMASKUS/TUNIS (dpa) - Nach dem Tod von IS-Chef Al-Bagdadi werden Warnungen laut, dass die Terrormiliz weiterhin gefährlich bleibt. In Syrien läuft der Einsatz gegen wichtige IS-Vertreter weiter - die Kurden melden einen Erfolg.

Deutschland ist nach den Worten von Bundesaußenminister Heiko Maas bereit, sich weiter am Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zu beteiligen. Der Tod von IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi sei zwar ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den IS-Terror, «aber wir müssen uns auch darüber klar sein, dass der Kampf damit gegen den IS in Gänze ganz sicher nicht zu Ende sein wird», sagte Maas am Montag bei einem Besuch in Tunis. Der Einsatz gegen hochrangige IS-Vertreter in Syrien lief auch nach dem von US-Präsident Donald Trump verkündeten Tod Al-Bagdadis weiter.

Der Kommandeur der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi, sprach auf Twitter von «andauernden Operationen, um IS-Anführer zu jagen». Ziel eines Einsatzes nach dem Tod Al-Bagdadis sei Abu al-Hassan al-Muhadschir gewesen, der Sprecher der Terrormiliz. Die Kurdenmiliz YPG, die die SDF dominiert, teilte mit, Al-Muhadschir sei getötet worden. Abdi schrieb, die SDF habe dem US-Militär Informationen für die Operation geliefert.

SDF-Sprecher Mustafa Bali teilte mit, die beiden US-geführten Operationen gegen Al-Bagdadi und Al-Muhadschir hätten die oberste Führungsebene des IS in Nordwest-Syrien «faktisch ausgeschaltet». Weitere IS-Anführer versteckten sich aber noch in der Gegend. Al-Muhadschir gilt als eine der wichtigsten Figuren im IS. Er hatte Anhänger und Sympathisanten im Westen in mehreren Audiobotschaften dazu aufgerufen, Anschläge zu verüben.

US-Präsident Donald Trump hatte am Sonntag verkündet, dass Al-Bagdadi bei einer Operation von US-Spezialkräften in Nordwest-Syrien in der Nacht zu Sonntag in einen Tunnel geflüchtet sei und eine Sprengstoffweste gezündet habe. Trump sagte am Montag: «Er war ein kranker und verdorbener Mann und jetzt ist er tot». Der Präsident fügte hinzu: «Er ist mausetot.»

US-Verteidigungsminister Mark Esper sagte am Montag im Pentagon: «Unsere Mission in Syrien heute ist dieselbe wie zu Beginn unserer Operationen 2014: Die dauerhafte Niederlage des IS zu ermöglichen.» Die US-Soldaten würden «weiterhin Anti-Terror-Operationen ausführen, während sie in engem Kontakt mit den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) stehen, die an unserer Seite gekämpft haben».

Esper sagte weiter: «Bagdadis Tod wird die Welt nicht vom Terrorismus befreien oder den Konflikt in Syrien beenden.» Er werde aber eine Warnung für Terroristen sein, die glaubten, sich verstecken zu können. «Die Vereinigten Staaten haben, mehr als jeder andere Staat der Welt, die Macht und den Willen, jene bis ans Ende der Welt zu jagen, die dem amerikanischen Volk Schaden zufügen wollen.»

Armeechef Mark Millie sagte am Montag im Pentagon, US-Soldaten hätten bei der Operation zwei IS-Kämpfer gefangen genommen. Sie seien nun im Gewahrsam der US-Streitkräfte. Al-Bagdadi habe sich in der Gegend, in dem er aufgespürt wurde, auf einer «beständigen Basis» aufgehalten. Al-Bagdadi habe sich rund sechseinhalb Kilometer von der türkischen Grenze in der Provinz Idlib versteckt gehabt. Seine sterblichen Überreste seien «angemessen» behandelt worden.

Die Türkei hat sich bisher nicht dazu geäußert, dass Al-Bagdadi nur wenige Kilometer von der türkischen Grenze entfernt aufgespürt worden war - in einem Gebiet, das unter der Kontrolle von durch die Türkei unterstützen Rebellen steht.

Der IS bestätigte den Tod seines Anführers auch am Montag zunächst nicht. Auf ihrer Plattform Naschir News sprach die Terrororganisation über laufende Aktivitäten in Syrien, im Irak und Ägypten, äußerte sich aber nicht zum Einsatz gegen Al-Bagdadi. Möglicherweise soll vor einer solchen Bestätigung erst ein neuer Anführer bestimmt werden.

Die Sicherheitsbehörden sehen nach dem Tod Al-Bagdadis keine grundsätzliche Änderung der Gefährdungslage in Deutschland etwa durch mögliche Racheakte von IS-Anhängern. Es gebe keine konkreten Hinweise in diese Richtung, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

Auf den Philippinen werden nach dem Tod Al-Bagdadis dagegen Vergeltungsakte der Terrormiliz befürchtet. Die Streitkräfte des südostasiatischen Inselstaats waren wegen möglicher neuer IS-Anschläge am Montag in Alarmbereitschaft. Ein Militärsprecher, Brigadegeneral Edgard Arevalo, sagte: «Wir erwarten, dass sein Tod negative Auswirkungen auf die Führerschaft von Terroristen in verschiedenen Teilen der Welt hat.»

Die Bundesregierung erinnerte nach dem Tod Al-Bagdadis an die zahlreichen Opfer von dessen Terrormiliz. Nach der Nachricht denke man daran, «dass er solch mörderische Befehle nun nicht mehr geben kann», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. «Das heißt aber nicht, dass der Kampf gegen den IS damit beendet ist.»

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg lobte den Einsatz. Dieser sei ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Die Nato bleibe dem Kampf gegen den gemeinsamen Feind verpflichtet. Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien begrüßten den Tod Al-Bagdadis. Alle drei Länder sind Verbündete der USA im Kampf gegen Terrorismus.

Mit dem Tod Al-Bagdadis ist Trump ein seltener außenpolitischer Erfolg gelungen. Trump steht seit Wochen in der Kritik, weil er die US-Truppen aus dem nordsyrischen Grenzgebiet zur Türkei abgezogen hat. Damit ebnete er den Weg für eine türkische Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in der Region. Trump wurde auch aus den eigenen Reihen vorgeworfen, die mit den USA verbündete YPG - die die dominierende Kraft in den SDF ist - im Stich gelassen zu haben.

Mit dem von den USA ausgesetzten Kopfgeld von 25 Millionen Dollar (rund 22 Millionen Euro) war Al-Bagdadi einer der meistgesuchten Terroristen der Welt. Zuletzt hatte der IS im April ein Video verbreitet, in dem Al-Bagdadi dem Westen mit Angriffen drohte.

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