Lung Sen macht sich Gedanken

Frau Kamala Sukosol gehört zu den Thais, die Ohren, Augen und Gehirn weit geöffnet haben für Ideen und Vorstellungen, die Westler haben. In den 1980er Jahren war sie Präsidentin der Pattaya Hotel Association, denn ihr gehören unter anderem die Siam Hotels & Resorts. Sie prägte damals die Worte: „Wenn man mit Farang Geschäfte machen will, so muss man wie sie denken.“ Leider hörte kaum einer auf sie, und viele thailändischen Hoteliers oder Manager arbeiten weiter nach der ihnen eigenen Mentalität. Das Resultat: Unzufriedene Gäste.

Waren verdorben

Wie aber sieht es bei den Farang - Residenten und Langzeiturlaubern aus Haben sie ihre Ohren, Augen und das Gehirn geöffnet für die thailändische Lebensweise Lung Sen denkt an seinen Freund Dick. Er lebt 38 Jahre in Thailand, hat in der Hotellerie angefangen, später mit Dieter ein Lokal eröffnet und ist nun seit 26 Jahren im Restaurant „Alt Heidelberg“ zu finden. Letzthin war ein Kühlschrank in der Küche defekt. Das Personal sagte es ihm aber erst nach zwei Tagen. Dick flippte aus: „Die ganzen Waren verdorben! Das müssen die doch früher gemerkt haben! Warum sagt mir keiner sofort Bescheid!“ Der Abend war verdorben. Lieber Dick, die Thais denken nun mal anders. Sie meinen, das wird sich schon regeln, ist nur ein vorübergehender Defekt. Damit können wir doch nicht den Chef belästigen. Und wie oft hat sich der Wirt geärgert, wenn plötzlich kein Weissbier, Rindfleisch, Bouletten, u.s.w. mehr vorrätig waren. „Das müssen die mir doch sagen, bevor alles verbraucht ist,“ donnert Dick. Lieber Freund, die Thais kaufen nichts auf Vorrat. Alles wird aufgebraucht und dann frisch eingekauft. Thais benutzen keine Gefrierschränke um auf Vorrat zu lagern oder bei Sonderangeboten zuzuschlagen und die Waren einzufrieren. Folglich kennen sie auch keinen „mise en place“, ein ständiges Kontrollieren, das auch noch alles vorhanden ist. Diese Denkweise haben sie von Kindesbeinen an gelernt und können sie nicht einfach ändern.

Freund Dieter vom „Deutschen Haus“ ist an die 30 Jahre im Lande. Wie Dick ärgert er sich über die „Dummheit“ der Thais. „Die lernen nie, dass eine CD mal gewechselt werden muss. Immer läuft die gleiche Musik,“ grummelt er. Den Thais ist es vollkommen egal, was da läuft. Sie hören eh nicht zu. Ist nicht ihre Musik. „Wir sind hier wegen des Landes,“ sagte Dieter neulich, „nicht wegen der Leute.“ Stimmt das wirklich Hast Du nicht einen Frau und drei Kinder Haben nicht Dieter und Dick oder auch Lung Sen am Anfang der Charme, der Liebreiz der „Leute“ angezogen wie das Licht die Motte Na freilich! Aber nach vielen Jahren sieht manches anders aus, was früher durch eine rosa Brille betrachtet wurde. Jedoch wäre es zu erwarten, dass die Gesinnung der Thais zumindest toleriert wird, wenn ein Anpassen zu schwer fällt.

Das Haus streichen

Peter liess sein Haus neu streichen von einem Thai, mit dem er vorher einen Tageslohn von 250 Baht ausgehandelt hatte mit einer Arbeitszeit von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Pause sollte von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr sein. Der Anstrich sollte bis Ende Juli fertig sein. Nun kam der Junge mal zu spät, ein anderes Mal ging er zu früh. Wenn er kam, wurde erst einmal gefrühstückt und dann begann er gegen 8.30 oder 8.45 Uhr zu arbeiten. Er machte noch ausgedehnte Rauch- und Trinkpausen. Peter ging jedes Mal auf die Palme. „Kann er nicht pünktlich sein So arbeiten, wie vorher ausgemacht Und sieh Dir die Kleckserei an! Ich habe ihm extra Planen zum Abdecken gegeben. Da sagt er mir doch frech, das lässt sich abwaschen!“ Und so weiter, und so weiter… So ist es nun mal, lieber Freund, wenn man einen Tageslohn bezieht. Essenszeiten fallen da schon mal unter Arbeitszeiten. Pünktlich ist der Thai selten, denn wenn die Arbeit mehr Tage braucht, dann gibt es auch mehr Lohn. Toni von der früheren „Best Garage“ hatte sich schon lange damit abgefunden, dass seine Leute zwar um 8.00 Uhr kommen, dann aber frühstücken. Wie also hätte man das umgehen können

Der Peter hätte dem Thai sagen müssen: „Du streichst das Haus und bekommst dafür 6.000 Baht.“

Punkt, Ende Schluss. Dann wäre das Haus im Nu angestrichen, in vielleicht nur 10 oder 14 Tagen. Dann hätte sich der Thai beeilt, mit der Arbeit fertig zu werden, um gleich an anderer Stelle Geld zu verdienen.

Wie steht es nun mit Lung Sen, der ja auch an die 30 Jahre im Land des Lächelns lebt Oh ja, auch er ärgert sich über die Marotten der Thais. Hat er z.B. Handwerker im Haus, verlässt er dasselbe, sobald sie anfangen zu arbeiten. Würde er zusehen, käme ihm manches Mal die Galle hoch über die, sagen wir mal, unkonventionelle Arbeitsweise. Kommt Lung Sen am Abend zurück, siehe da, alles ist gut gelungen. Mag nicht deutscher Handwerkerqualität entsprechen, genügt aber voll dem Zweck.

Selbst ist der Mann

Dass die liebe Gaysorn nicht auf Vorrat kauft, war Lung Sen von Anfang an bekannt. Folglich richtet er sich darauf ein, kauft selbst Vorräte und muss höllisch aufpassen, dass diese nicht im Kühlschrank verrotten, da für seine Frau Vorräte ja unbekannt sind. Nein, sie sagt ihm auch nicht, wenn etwas defekt ist und repariert werden muss. Das findet er selbst heraus, indem er alles, aber auch wirklich alles inspiziert. Er hat gelernt, mit der thailändischen Mentalität zu Rande zu kommen. Ärgert er sich einmal wirklich, so ist das nach ein paar Minuten verflogen. Sich über etwas aufzuregen ändert an der Sache nichts. Besser ist der Versuch, den Thais zu erklären, warum der Farang es anders sieht als sie. Dazu braucht man viel Geduld. Haben es die Thais aber verstanden, dann richten sie sich nicht nur danach, sie freuen sich sogar, dass es auf die neu erlernte Art und Weise besser geht.

Unbegreifliche Farang

Lung Sen denkt, die Moral von der Geschicht‘: Schimpf keiner auf den andern nicht! Nicht nur die Farang ärgern sich über die thailändische Mentalität, auch die Thais ärgern sich über das Verhalten der Farang. Mit dem feinen Unterschied, das die Thais selten zeigen, was für unbegreifliche Wesen die Farang sind.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.