Lung Sen macht sich Gedanken

Dass in Pattaya ein Bauboom sondergleichen herrscht, fällt nicht nur Residenten, sondern auch Urlaubern auf, die vor sechs oder mehr Monaten hier die Ferien verbrachten. Viele Häuser und Bars sind verschwunden, an anderer Stelle sind neue entstanden. Bürgersteige werden gebaut, wo sie keiner vermutet hätte. Hochhäuser und Hotels wurden und werden errichtet, auch der Fitness-Park wurde vergrössert. Es gibt neue Ampelanlagen, weitere werden noch installiert, und dieses mal sogar mit Fussgängerampeln. Wohin das Auge auf die neuen Dinge schaut, es sieht schön aus. Aber wir sind in Thailand…

Unsere lieben Thais sind wahre Meister im Erstellen neuer Dinge. Kaum sind diese aber fertig, beginnt der Verfall. Das Wort Instandhaltung schein unbekannt zu sein in diesem Land. Häuser verfallen sehr schnell. Man sehe sich nur die hässlichen Townhäuser entlang der grossen Strassen an. Sie sind meist vermietet, und der Mieter tut alles andere als zu renovieren, ist er doch nicht der Besitzer. Viele Hotels vergammeln im Laufe der Zeit, da die Besitzer nur Geld einnehmen, aber bloss nichts investieren wollen.

Sekundenzeiger weg

Die Ampelanlagen versagen, defekte Birnen werden nicht ersetzt, und der Motorisierte muss erahnen, ob nun gerade Grün oder Rot angezeigt wird. Den Sekundenzählern an den Ampeln gab Lung Sen ein Jahr Laufzeit. Nun, es dauerte etwas länger, aber mittlerweile sind sie fast überall verschwunden. Die vor wenigen Jahren wunderschön gebauten Bürgersteige sind nunmehr Tretfallen mit Löchern und wackligen Verbundsteinen. Oder aber sie sind zugewachsen, da keiner darauf geht (siehe Bild). Und selbst in dem landschaftlich schön gelegenen Fitnesspark beginnt der Verfall.

Warum Lung Sen stellte diese Frage seinem langjährigen Freund Suthep. “Wir Thais denken anders als ihr Farang. Wir bauen etwas, lassen es mit den Jahren verfallen und haben uns das Geld für Renovierungen gespart. Und mit dem so gesparten Geld bauen wir wieder etwas Neues.

Instand gehalten wird nur das Wichtigste wie z.B. Wasser- und Stromversorgung.” Voilà, so einfach ist das!

Jetzt wissen wir, warum immer wieder neu gebaut wird, seien das Häuser, Parks, Strassen oder Promenaden. Tatsächlich ist doch Pattaya seit den 1970er Jahren eine einzige Baustelle. Wenn so gedacht wird, wie Khun Suthep es beschreibt, dann wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

Lung Sen denkt an sein Dorf und muss erkennen, dass wirklich eine andere Mentalität das Neuerbauen bestimmt. Da wurden vor Jahren Holzhäuser gebaut, die mit der Zeit verrotteten. Dann wurden sie abgerissen und durch Steinhäuser ersetzt. So geschah es auch mit der Schule. Und mit der Strasse: Erst als die Schlaglöcher zu gross waren, wurde die Strasse repariert. Wie oft schüttelten die Nachbarn den Kopf, als Lung Sen seinem Haus einen neuen Anstrich verpasste, die Holzrahmen lackierte oder Innenarbeit machte. Staunen tun sie aber auch, dass das Haus nach 13 Jahren noch so gut im Schuss ist. Andererseits haben genau diese Nachbarn mittlerweile auch Häuser aus Stein und, siehe da, sie fangen an, diese zu pflegen. Mit der Zeit wird ein jeder schlauer…

Schlau geworden sind viele Farang immer noch nicht. Sie lassen sich weiterhin von den Thais weiss machen, dass Thai mit “frei” zu übersetzen ist. Bestes Beispiel: Prathet Thai = Land der Freien. Welch’ ein Humbug! Prathet Thai heisst nichts anderes als “Das Land der Thai”. Genau wie Deutschland “Land der Deutschen” genannt werden könnte. Richtig ist, dass sich jeder Thai alle Freiheiten der Welt nimmt und sagt: Ich bin Thai und kann machen was ich will. Und frei ist er auch - aber nicht, weil er Thai heisst. Frei heisst übersetzt “seri”, und nur in neueren Wörter-Büchern hat sich die falsche Übersetzung Thai = frei eingeschlichen. Wohl deshalb, weil die Thais es den Farang über Jahrzehnte eingetrichtert haben und diese es nun für bare Münze nehmen. Thai-Volksstämme gibt es in China, Laos und Vietnam. Nirgends findet sich aber in einer dieser Sprachen die Behauptung, Thai heisse “frei”.

Aber jeder soll in seinem Glauben gelassen werden. Interessant ist viel mehr, einmal die thailändische Nationalhymne zu übersetzen. Die Musik wurde 1932 zur Einführung der Demokratie in Thailand von Prof. Phra Jenduriyang komponiert. Er hiess zuvor Peter Feit und war ein Deutscher. Der Text wurde 1939 von Oberst Luang Saranuprabhandi geschrieben:

„Thailand ist die Einheit des Blutes und des Körpers.

Das ganze Land gehört dem siamesischen Volk.

Alle Thais wollen immer vereint zusammen leben.

Aber Thais fürchten sich nicht, für den Frieden zu kämpfen.

Sie werden nie zulassen, dass irgendjemand ihre Unabhängigkeit bedroht.

Sie opfern jeden Tropfen ihres Blutes, um zur Einheit der Nation beizutragen.

Sie dienen ihrem Land mit Stolz und für den Sieg.“

Diese Hymne wird täglich morgens um 8 Uhr und noch einmal um 18 Uhr in jedem Radio- und TV-Sender gespielt. Auf dem Lande über Lautsprecher in den Orten übertragen. Jeder bleibt stehen, bis die Hymne abgespielt ist. Die Zeiten bestimmen den alten thailändischen Arbeitstag: Um 8 Uhr begann die Feldarbeit und um 18 Uhr war man wieder daheim. Lung Sen denkt: Was für ein Text! Würde die Regierung alles befolgen, was hier besungen wird, wäre bald Ruhe im turbulenten Süden.

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