Lung Sen macht sich Gedanken

Das Restaurant nennt sich „Gegrilltes Meer“
Das Restaurant nennt sich „Gegrilltes Meer“

Lung Sen hatte in seiner letzten Kolumne über gastronomische Neuheiten berichtet und hätte da schon erwähnen können, was er leider erst jetzt sah: an der Sukhumvit Road, kurz nach der Einmündung North Pattaya Road. In einem grossen Restaurant wird der gesamte Ozean gegrillt angeboten („The Ocean Grilled“). Also mit Meerwasser, Plankton und was eben sonst so darin schwimmt, wie Plastiktüten oder anderer Abfall. Das muss jeder einfach probiert haben! Oder haben sich unsere lieben Thais verschrieben Sollte es vielleicht „Ocean Grill“ heissen, wo also gegrillte Meeresfrüchte serviert werden Lung Sen hat sich mit vielen Übersetzungsfehlern seitens seiner Gastgeber abgefunden. Das aber hier

ist wirklich zu viel. Warum sind sie nur so stolz, warum fragen nicht einen Farang, wie man es richtig schreibt. Oder ist es einfach die fehlende Bildung, Dummheit, für die die einfachen Leute nichts können Eher wohl das Erste. Hinzu kommt aber auch wieder einmal der Gesichtsverlust: Wenn ich einen Farang frage, so gebe ich zu, dass ich es nicht weiss = ich verliere mein Gesicht.

Der Westler geht damit leichter um. Weiss er nicht den Weg zum Restaurant, so fragt er Passanten oder hält kurz an der Tankstelle an, um Auskunft zu bekommen. Unmöglich für einen Thai! Nicht nur dass er selbst sein Gesicht verliert, er läuft Gefahr, dass auch der Gefragte das seine verliert, da auch dieser den Ort nicht kennt. Das ist die Erklärung für alle, die es schon erlebt haben, dass ein Baht-Bus-Fahrer quasi lange im Kreis fährt, bis er an das gewünschte Ziel kommt. Er musste es halt erst selbst finden . . . Und überhaupt: Jeder Farang sage besser zwei, drei Mal das Ziel. Denn auch wenn ein Fahrer nicht weiss, wo die „German Ambulance“ ist, so wird er doch zuerst immer „ja“ oder „okay“ sagen, da es als unhöflich gilt, sofort zu verneinen. Das geht erst nach mehrmaligem Stellen der Frage. Schon mancher wollte in das Hotel Pinnacle Jomtien, sagte dies dem Fahrer – und wurde prompt zur Pattaya Jomtien gefahren.

Samstag, 5. Februar, ist ein schrecklicher Tag. Man stelle sich vor: Die Thais wählen ihre neue Regierung (am Sonntag, 6. Februar), und deshalb herrscht das Verbot, Alkohol auszuschenken. Die meisten Unterhaltungsbetriebe, ob gross oder klein, bleiben Samstagabend geschlossen. Eine ganze Nacht kein Umsatz. Und das ist auch so bei den Bürgermeister- und Provinzwahlen. Aber auch am Geburtstag des Königs. Das leuchtet keinem Urlauber oder ausländischen Mitbürger ein, die ja so oder so nicht wählen dürfen.

Aber nicht einmal die gebildeten Thai-Freunde von Lung Sen haben hierfür eine Erklärung und schon gar kein Verständnis. „Alkohol wird an diesem Tag in den Dörfern verkauft und konsumiert wie immer“, weiss sein Freund Suthep. Er wohnt oberhalb der Sukhumvit Road. „Selbst hier, nur drei Kilometer von der Pattaya Beach Road entfernt, geht alles wie gehabt. Die Lokale rechts und links von meinem Haus haben sogar Hochbetrieb an Tagen mit Alkoholverbot.“

Er redet sich richtig in Rage und führt weiter aus: „Die Wahlen sind doch längst vorher entschieden! Da werden Gelder gezahlt, um Stimmen zu kaufen. Das wird zwar immer abgestritten, ist aber doch so und eben schwer beweisbar. Keiner der Geldempfänger wird seinen ‚edlen Spender’ anzeigen.“

Lung Sen denkt darüber nach und muss sagen, Recht hat er. Da werden Kommissionen eingesetzt, die solche „Spenden“ verhindern oder zumindest aufdecken sollen. Aber auch solche Institutionen bestehen nun einmal aus Menschen . . .

Auch fehlt der breiten Masse der Wähler die politische Bildung. Wer zieht ein Fernsehprogramm mit Wahlthemen einer Seifenoper vor Keine 10 Prozent des einfachen Volkes. Diese Leute aber sind nun einmal diejenigen, welche die Wahl entscheiden. Hier wird auf dem Wahlzettel nach Gesichtern, Sympathie und eben Geldspende das Kreuz ins Kästchen gemacht. Anders ist es in Bangkok. Hier wohnen überwiegend Leute mit Bildung, und erst kürzlich musste eine grosse Partei eine Niederlage einstecken, weil die Wähler erkannten, was sich hinter einer hoch gelobten Kandidatin verbarg.

Wo sind denn auch die Programme der Parteien Kein einziges geschriebenes politisches Programm einer Partei hat Lung Sen bis heute gesehen. Es sind nur Aussagen vorhanden: der eine will dies, der andere das ändern oder besser machen. Durchaus machte Premierminister Thaksin Shinawatra auch gute Politik. Aber für wen Hat sich in Lung Sen’s Dorf etwas geändert Nein. Dort wartet man immer noch auf Telefonan-schlüsse, geteerte Strassen und Hilfe nach der katastrophalen Reisernte. Einzig als gut befunden wird das 30-Baht-Krankensystem. Gab es nicht einst einen Chavalit Yongchaiyut, der einen „grünen Isaan“ versprach Erst als Minister, dann als Premierminister hat er nichts dazu beigetragen, dass der nordöstliche Landesteil „grün“ wird. Das ist er nur einmal im Jahr in der Regenzeit. Noch jede Regierung hat praktisch nichts für die Bauern getan, um deren Lebensverhältnisse entscheidend zu verbessern.

Vom Süden des Landes möchte Lung Sen erst gar nicht sprechen. Vernachlässigt wurde dieser Teil des Landes – genau wie der Nordosten. Trägt es die eine Bevölkerung mit einer gewissen Gelassenheit (auch hier gab es viele Proteste, Strassenblockierungen oder Belagerung der Regierungsgebäude), so greifen die Menschen im Süden zu anderen Mitteln, um auf sich aufmerksam zu machen.

Lung Sen denkt und weiss: Wer auch immer die Wahlen am 6. Februar gewinnen wird, alles wird beim Alten bleiben. Wird die bestehende Regierung bestätigt, kann es höchsten zu noch drastischeren Bedingungen für die hier lebenden Farang kommen.

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