Libertärer Populist gewinnt Vorwahlen

Foto: Pixabay/Leonardo Espina
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BUENOS AIRES: Wut und Enttäuschung der Wähler über die schlechte Wirtschaftslage und die traditionellen Parteien haben dem Außenseiter einen überraschenden Sieg beschert. Der selbst ernannte «Anarchokapitalist» geht nun als Favorit in die Präsidentenwahl im Oktober.

In Argentinien hat der libertäre Populist Javier Milei bei den Vorwahlen zur Präsidentenwahl einen Erdrutschsieg erzielt. Der 52-jährige Ökonom kam nach der nach Auszählung fast aller Wahllokale überraschend auf 30,06 Prozent der Stimmen, wie die Zeitung «La Nación» am Montag berichtete. Milei bezeichnet sich selbst als «Anarchokapitalisten» und steht außerhalb des traditionellen Parteienspektrums in dem südamerikanischen Land.

Er will unter anderem die Zentralbank abschaffen und den US-Dollar als Währung einführen, außerdem öffentliche Ausgaben kürzen und das Bildungs- und Gesundheitssystem privatisieren. Dem Abgeordneten wird eine ideologische Nähe zum früheren rechten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro und Ex-US-Präsident Donald Trump nachgesagt.

«Das Problem hier sind nicht mehr die Köche, sondern das Rezept. Wenn wir keine 180-Grad-Wende vollziehen, wird sich Argentinien in das elendste Land der Welt verwandeln», sagte Milei nach seinem Wahlsieg. «Wir treten für diesen Wandel ein. Die einzigen, die es nicht verstehen wollen, sind die Politiker. Denn ihnen geht es nicht schlecht. Es sind die Argentinier, denen es schlecht geht. Argentinien ist seit 40 Jahren ein Desaster.»

Argentinien steckt in einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Inflationsrate liegt bei 115 Prozent. Das Land leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht. Die Landeswährung Peso verliert gegenüber dem US-Dollar immer weiter an Wert, der Schuldenberg wächst ständig.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Vorwahlen am Sonntag galten als Stimmungstest für die Präsidentenwahl am 22. Oktober und dienten der Lichtung des Parteienspektrums. Nur Parteien und Wahlbündnisse, die mindestens 1,5 Prozent der Stimmen erhalten, dürfen an der Präsidentenwahl teilnehmen. Zudem bestimmen einige Parteien über die Vorwahlen ihre Spitzenkandidaten.

Die konservative Opposition kam bei der Wahl insgesamt auf 28,27 Prozent der Stimmen. Die frühere Innenministerin Patricia Bullrich setzte sich gegen den Bürgermeister der Hauptstadt Buenos Aires, Horacio Rodríguez Larreta, durch und wird das Bündnis «Juntos por el Cambio» (Gemeinsam für den Wandel) bei der Präsidentenwahl vertreten. Das peronistische linke Regierungslager landete mit 27,24 Prozent nur auf Platz drei. Zum Spitzenkandidaten der «Unión por la Patria» (Union für das Vaterland) wurde Wirtschaftsminister Sergio Massa gewählt.

Der Sieg Mileis war eine Überraschung. In jüngsten Umfragen lag er meist nur auf dem dritten Platz. Er profitierte wohl vor allem von der Verzweiflung vieler Argentinier angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Situation und der Wut vieler Wähler auf die traditionellen Parteien. «Wir werden dieser parasitären Kaste den Garaus machen, die das Land zugrunde richtet», sagte Milei.

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