Papst widerspricht Argentiniens Präsidenten

Staat wichtiger denn je

Papst Franziskus. Foto: epa/Angelo Carconi
Papst Franziskus. Foto: epa/Angelo Carconi

ROM/BUENOS AIRES: Papst Franziskus ist den ultraliberalen Ansichten des argentinischen Präsidenten Javier Milei entgegengetreten. «Der Staat, heute wichtiger denn je, ist dazu aufgerufen, eine wichtige Rolle bei der Umverteilung und der sozialen Gerechtigkeit zu spielen», sagte das katholische Kirchenoberhaupt am Mittwoch in einer Videobotschaft anlässlich der Einweihung des Sitzes der katholischen Richterverbandes Copaju in Buenos Aires. «Der Gott des Marktes und die Göttin der Gewinne sind falsche Gottheiten, die uns zur Entmenschlichung und der Zerstörung des Planeten führen.»

Zwar erwähnte Franziskus den Präsidenten seines Heimatlandes nicht direkt, allerdings griff er mit seiner Kritik die Grundpfeiler von Mileis Weltanschauung an. Beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos hatte Milei gesagt: «Der Staat ist nicht die Lösung, der Staat ist das Problem.» Der argentinische Präsident hält Steuern und soziale Sicherungssysteme für Raub und will die staatlichen Behörden auf ein Minimum zusammenstutzen. Ein umfangreiches Gesetzespaket zur Deregulierung der Wirtschaft steckt derzeit im Kongress fest, weil es Milei nicht gelungen ist, stabile Mehrheiten zu organisieren.

«Wir sind mit einigen Äußerungen nicht einverstanden, aber das ist schon in Ordnung. Der Papst ist ein spiritueller Führer und wir regieren Argentinien, wo es überall Probleme gibt», sagte Regierungssprecher Manuel Adorni am Mittwoch über die Videobotschaft Papstes. «Das sind Sätze, die schön klingen, aber nichts bringen. Wenn soziale Gerechtigkeit bedeutet, den einen etwas wegzunehmen und es anderen zu geben, hat es in Argentinien nur dazu geführt, dass 50 Prozent der Menschen in Armut leben.»

Trotz persönlicher Beleidigungen im Wahlkampf hatte Papst Franziskus vor gut zwei Wochen Milei zu einer Privataudienz empfangen. Vor Beginn seiner Amtszeit hatte der ultraliberale Ökonom den Papst noch als «Dummkopf» und «Hurensohn» beschimpft, der für den Kommunismus werbe. Nach der Audienz im Vatikans war dann von «herzlichen Gesprächen» die Rede. Bei einem ersten Treffen am Vortag hatten sich die Männer sogar umarmt.

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