Law Lounge

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Die Menschen werden älter, und viele verstehen die Welt vor Gericht nicht mehr. Der Leser mag sich nun fragen, was das eine mit dem anderen zu tun hat. Da fast jede unserer Handlungen rechtliche Konsequenzen haben kann, und dies in einer immer weiter zusammenwachsenden Welt, ziehen auch die rechtlichen Auswirkungen immer weitere Kreise.

Der Eingangssatz reifte über die letzten Wochen, da wir zahlreiche Tage bei Gericht verbrachten und parallel immer mehr Anfragen von Betreuern aus dem Ausland erhalten. Gemeinsam haben diese beiden Tatsachen, dass in fast allen Fällen zuerst offenbart werden muss, dass die ausländische Entscheidung – sei es ein Gerichtsurteil oder ein Beschluss zur Ernennung als Betreuer – in Thailand nicht anerkannt wird.

Wenn ein Gericht in dem Land A ein Urteil fällt, welches im Land B vollstreckt werden soll, so funktioniert dies in vielen Fällen auf Grundlage der sogenannten „höflichen Anerkennung“. Das Gericht in Land B prüft, ob das Urteil vom zuständigen Gericht und nach allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen ergangen ist und erklärt dann die Vollstreckbarkeit des Urteils. Thailand ist dieses Rechtsinstitut – auch mangels internationaler Abkommen – unbekannt. Die Betroffenen müssen ein neues Verfahren in Thailand durchlaufen, in welchem zwar die ausländische Entscheidung eingebracht werden kann, aber eben nur als einer von möglicherweise mehreren Beweisen. Im Ergebnis wird in vielen Fällen das gleiche Resultat wie beim ausländischen Urteil stehen. Konkret heißt dies aber doppelte Kosten und mehr Zeitaufwand. In vielen Fällen erhöht sich auch die Gefahr vom Wegfall der vollstreckbaren Masse, was überhaupt der Hauptgrund ist, um in Thailand vollstrecken zu können.

Verlust der Geschäftsfähigkeit

Man kann zwar im Leben einiges planen, aber eben nicht alles. Natürlich hat keiner von uns auf der Liste, eines Tages an Demenz zu erkranken oder zu einem schweren Pflegefall zu werden, was dazu führt, dass wir unsere Geschäftsfähigkeit verlieren und ein Gericht einen Betreuer bestellt. Diese gerichtliche Bestellung als Betreuer muss in Thailand noch einmal durchlaufen werden. Durch den hohen Stellenwert der Familie in Thailand haben thailändische Gerichte zudem noch das Problem, dass es hier eben nicht üblich ist, dass ein Dritter und kein Familienmitglied zum Betreuer bestellt wird.

Nach unserer Erfahrung haben die thailändischen Richter auch erhebliche Bedenken wenn es darum geht, einem Ausländer die Geschäftsfähigkeit abzusprechen. In vielen Fällen wird deshalb auch die Anwesenheit des (ausländischen) Arztes angeordnet, welcher vor dem Gericht bestätigen muss, dass die Betreuung gerechtfertigt ist. Dies sind alles Kosten, welche vom Antragsteller zu tragen sind. Man kommt oft zu dem Punkt, an dem man nach Ermessensgründen die Kosten nicht mehr in Relation setzen kann. Dies hat aber wieder Auswirkungen auf die deutsche Sozialgesetzgebung, welche verlangt, dass erst das Privatvermögen eingesetzt wird, bevor der Staat die Kosten für die Pflege und Betreuung übernimmt. Eine sichere Planung für diese Fälle ist nicht immer ganz einfach, und jeder Einzelne sollte sich zumindest Gedanken machen, wie in einem solchen Fall zu verfahren ist.

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Einfacher ist es in Fällen aus dem Geschäftsleben, in welchen alle Beteiligten sich vorher Gedanken machen können, wie sie den rechtlichen Ernstfall regeln wollen, bevor Verträge unterschrieben werden. Obwohl Thailand eine lange Geschichte dahingehend hat, dass man zwar an vielen internationalen Konferenzen und Abkommen teilgenommen hat, aber im Regelfall die dann ausgehandelten internationalen Verträge und Abkommen nie unterzeichnete. Eine – sehr wichtige – Ausnahme war 1958 die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Schiedsgerichtsurteilen. In Kurzform, die „New Yorker Konvention“. Die Mehrheit unserer Mandanten, welche ein Gerichtsverfahren in Thailand durchlaufen haben, verzichtet auf eine Wiederholung aus vielfältigen Gründen und arbeitet heute mit Schiedsgerichtsklauseln in deren Verträgen. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit ist nicht zwingend im Ausland zu betreiben. Es gibt auch ein Schiedsgericht in Bangkok, bei welchem man bspw. die Verhandlungssprache, die Zahl der Schlichter usw. selber festlegen kann. Am erfolgreichsten arbeitet jedoch das Schiedsgerichtszentrum in Singapur. Zugegeben, dies ist keine kostengünstige Variante zum normalen Gerichtsverfahren, aber eine sehr zügige und vor allen Dingen eine sehr professionelle Angelegenheit.

ASEAN-Binnenmarkt bringt Hoffnung

Die eingangs genannten Betreuungsfälle sind für die Schiedsgerichtsbarkeit zwar nicht geeignet, aber auch da gibt es möglicherweise Bewegung in Anbetracht der bevorstehenden ASEAN-Binnenmarktregelung, wobei es wünschenswert ist, dass ein Umdenken stattfindet und man ausländische Gerichtsurteile vielleicht in einem schnelleren formalen Verfahren anerkennen kann. Dies würde meines Erachtens auch den thailändischen Gerichten zugute kommen, da diese schon heute sehr überlastet sind. (Foto: vege / Fotolia.com)

Über den Autor dieser Kolumne

Der deutsche Rechtsanwalt Markus Klemm, zugelassen am Landgericht Stuttgart, schreibt die FARANG-Rechtsberatungs-Kolumne. Zusammen mit Amnat Thiengtham ist er gleichberechtigter Geschäftsführer der Kanzlei Asia LawWorks an der Thepprasit Road in Pattaya, welche auf der Anwaltsliste der deutschen Botschaft aufgeführt ist. Immer wieder geraten Residenten in Streitangelegenheiten mit rechtlichen Folgen. DER FARANG möchte mit dieser Kolumne aufklären, um das Leben in Thailand leichter zu gestalten. Die Law Lounge-Kolumne ersetzt jedoch keine persönliche Beratung. Ebenfalls erfolgt keine Rechtsberatung per Telefon!

Rechtsanwalt Klemm kann per E-Mail: talk2us@asialawworks.com oder telefonisch unter +66 38 411 591 kontaktiert werden.

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