Nachdem ich mir kürzlich einen Gebrauchtwagen gekauft hatte, meinte Nai, meine Herzallerliebste, sie müsste jetzt auch einen Führerschein haben.
"Wofür?" fragte ich sie.
"Callolo", antwortete sie, "wenn du abends mal wiederzuviel getrunken hast, dann kannst du mich anrufen, und ich hole dich in deiner Stammkneipe ab. Da sparen wir viel Geld."
Auf einem Übungsplatz in Na-Jomtien habe ich dann mit ihr ein paar Übungsstunden absolviert.
"Das reicht, Callolo", meinte sie, "jetzt fahre mich bitte zur Führerscheinzulassungsstelle."
Auf dem Weg dorthin nervte sie mich schon: "Du fährst zu schnell, Callolo. Wir sind doch nicht auf der Flucht."
"Schon gut, mein Schatz, du hast ja recht."
"Was ist denn jetzt los mit dir, Callolo? Inzwischen überholen uns schon die Fußgänger."
"Ja, Schatz, ist ja gut."
"Du musst in den zweiten Gang gehen, Callolo!"
"Ja, mach ich, mein Schatz."
"Vorsicht, Callolo, Fußgänger!"
Ich fuhr links an den Fahrstreifen und stoppte den Wagen.
"Was ist los, Callolo?"
"Die Fahrt ist zu Ende."
"Aber ich will doch meinen Führerschein machen."
"Kannst du dir ersparen, mein Schatz, du weißt ja jetzt schon alles besser."
"Okay, Callolo, ich sage kein Wort mehr."
Vor dem Gebäude, wo die Prüfungen stattfinden und die Führerscheine ausgestellt werden, herrschte großes Gedränge. Meine Herzallerliebste gab mir einen Kuss und stieg aus.
Ich parkte etwas abseits und genoss die Ruhe.
Nach etwa einer Stunde wurde ich aufgeschreckt von meiner Herzallerliebsten:
"Callolo, ich brauche 10.000,- Baht."
"Wofür?"
"Für den Führerschein."
"Ist das nicht etwas zu teuer?"
"Nun mach schon, Callolo, sonst kriege ich nie diesen Führerschein."
Ich gab ihr das Geld und fiel wieder in einen leichten Dämmerschlaf.
Ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen war, da stand meine Herzallerliebste vor mir und wedelte mit ihrem neuen Führerschein vor meiner Nase.
Ich war mehr als erstaunt. "Wie hast du das denn angestellt?"
"War ganz einfach, Callolo. Erst habe ich das Geld abgegeben. Dann musste ich auf den Fragebögen immer nur das Feld ankreuzen, wo vorher jemand mit einer Nadel reingestochen hatte."
"Und wie war das beim praktischen Test?"
"Die drei Runden ist der Fahrlehrer für mich gefahren."
"Und so jemanden lässt man auf den öffentlichen Verkehr los? So langsam begreife ich einiges."
"Du begreifst gar nichts, Callolo. Ich habe jetzt einen Führerschein, und ich werde mich jetzt ans Steuer setzen und dich heimfahren."
"Gar nichts wirst du", entgegnete ich, "dein gekaufter Führerschein ist doch nichts anderes als eine Lizenz zum Töten."
Meine Herzallerliebste schmollte und kniff sich ein paar falsche Tränen ab. Ich ließ mich erweichen, rutschte zur Seite und überließ ihr das Steuer.
Der Motor heulte auf, der Wagen schoss vor, stoppte dann abrupt, fuhr rückwärts und landete an einem Baum. Wir sprangen beide aus dem Auto und besahen den Schaden.
"Glück gehabt", sagte ich, "nichts passiert."
Meine Herzallerliebste sah mich dankbar an. "Es lag auch nicht an mir, Callolo, der Gang klemmte irgendwie."
"Schon gut, mein Schatz, aber jetzt fahre ich."
Sie setzte sich, ohne zu widersprechen, auf den Beifahrersitz und schwieg bis wir - es war inzwischen dunkel geworden - zu Hause ankamen.
"Möchtest du einparken, mein Schatz?" fragte ich sie.
"Das überlasse ich dir, Callolo."
Meine Herzallerliebste stieg aus, und ich wollte gerade rückwärts
"Achtung, Callolo, der Zaun!"
"Welcher Zaun?"
Aber da war es schon zu spät. Ich hatte einfach vergessen, dass gestern ein neuer Zaun gesetzt worden war, genau da, wo ich vorher immer gewohnheitsmäßig geparkt hatte. Und jetzt, in der Dunkelheit, war dieser niedrige Zaun überhaupt nicht zu sehen.
Im Blick meiner Herzallerliebsten lag hämische Schadenfreude und der Ausdruck größter Überlegenheit: "Morgen übe ich das noch mal mit dir", sagte sie, griff nach der abgerissenen Stoßstange und versuchte gleichzeitig, den Zaun wieder aufzurichten.
"Ja, du hast recht, mein Schatz", entgegnete ich und machte mich auf den Weg in meine Stammkneipe.
"Ruf mich an, wenn ich dich abholen soll", rief sie mir hinterher.
Aber darauf kann sie lange warten, meine Herzallerliebste.
Ich bin doch nicht lebens müde.
Callolo und seine HerzallerliebsteIn 130 heiteren Kurzgeschichten hat Autor Carolus in zwei Büchern sich mit unterschiedlichen Erfahrungen, die sich aus dem Zusammenleben zwischen Thais und Farangs ergeben, verfasst. Die humorvollen Geschichten behandeln das Eheleben zwischen Nai und Callolo. Im Leben der beiden wird viel Toleranz abverlangt. Dass es trotzdem immer wieder ein Happy End geben kann, beweist der Autor, im ersten Buch, in vielen unerwarteten Entwicklungen. Im zweiten Werk hat der Autor seine „rosarote Brille“ abgenommen und erzählt auf ehrliche und gewohnt charmante Weise über Probleme und Schwierigkeiten, die in seiner nicht mehr ganz taufrischen Beziehung zu Nai entstehen.
Die beiden Taschenbücher können Sie im FARANG-Onlineshop bestellen. |