Eine Mauer wird gebaut

Günther Ruffert
Günther Ruffert

Rings um unser Haus soll eine Umfassungsmauer gebaut werden. Steine, Sand und Zement sind bereits am Vortag angeliefert worden und liegen bereit. FünfLeute aus dem Dorf, die angeben, mit solchen Arbeiten vertraut zu sein, werden also für den nächsten Tag zum Mauerbau bestellt. Als um 8Uhr morgens noch keiner von den fleissigen Handwerkern zu sehen ist, frage ich ungeduldig, wo denn die Maurer bleiben. Darauf wird mir klargemacht, dass diese doch erst frühstücken müssen. Langsam trudelt nun einer nach dem anderen ein, und um 9Uhr ist das Team komplett. Das Werk kann also nun beginnen. Zuerst wird aber mal eine halbe Stunde diskutiert, wie denn die Sache am besten anzugehen sei.

Dabei stellt man fest, dass man ja eine Schnur braucht, um die Mauer gerade hinzukriegen. Ein Junge wird also losgeschickt, um im Dorfkramladen eine Schnur zu kaufen. In diesem Laden ist so ziemlich alles vorrätig, was der Mensch in einem Isaan-Dorf so braucht, von Büchsenmilch über Rattenfallen bis zu elektrischen Kabeln und Steckdosen. Als der Junge endlich mit der Schnur ankommt, soll sie gespannt werden, verknäuelt sich aber vollständig beim Abwickeln. Nun sind alle fünf Mann damit beschäftigt, die Schnur zu entknäueln. Als man sie endlich richtig gespannt hat, ist es inzwischen Zeit zur Mittagspause geworden.

Dem Farang, dem angesichts solchen Arbeitseifers die Nerven durchgehen wollen, ist aber nur anzuraten "dschai jen”, ein kühles Herz, zu behalten, wie die Thais sagen. Er ist schliesslich in Thailand, und hier gehen die Uhren nun mal anders.

Nach dem Mittagessen geht die Arbeit aber nun richtig los, und jetzt ist zur Ehrenrettung der fleissigen Arbeiter zu sagen, dass sie auch in der glühenden Nachmittagssonne ohne Pause durcharbeiten. Und schliesslich bekommen sie für den ganzen Tag auch nur 100Baht, das sind etwa 5DM.- nach deutschem Geld.

Gegen 5Uhr nachmittags ist aber Schluss für heute, und jetzt wird vom Bauherrn erwartet, dass er eine Flasche Reisschnaps spendiert. Ich ziehe also solange das Werk dauert, jeden Abend los, um eine Flasche 40%igen Reisschnaps zu kaufen, die allerdings nur 60Baht, also etwa 3DM.- kostet.

Nach einer Woche harter Arbeit ist die etwa 30m lange und 1,50m hohe Mauer aber fertig, und wie selbst ich als Mann vom Bau zugeben muss, gut gelungen. Insgesamt hat die ganze Geschichte etwa 5000Baht an Material und etwa 3000Baht für Lohn und Schnaps gekostet, nach deutschem Geld also zirka 400.- DM; für deutsche Verhältnisse ein Spottpreis, und alle sind mit dem gelungenen Werk zufrieden

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Handel

Auf dem Lande gehört zu fast jedem dritten Haus ein kleiner Schuppen, wo alles mögliche verkauft und gekocht wird. Alle verkaufen mehr oder weniger das gleiche Sortiment, vom Hustenbonbon über Thunfisch in Dosen bis zur Rattenfalle, und man muss sich wundern, wie die Läden alle existieren können. Das gilt auch für die vielen am Strassenrand stehenden Buden und Karren. Oft sind dabei ein oder zwei Klapptischchen und ein paar Hocker aufgestellt, und über kleinen Holzkohlefeuern werden schmackhafte Spezialitäten gebrutzelt und zum Verzehr angeboten. Man hat manchmal den Eindruck, dass die eine Hälfte der Leute im Isaan damit beschäftigt ist, die andere Hälfte zu füttern.

Wenn man ein Mädchen fragt, das sich in einer Bar in Pattaya ihr Geld verdient, was sie denn später einmal machen will, wird sie unweigerlich antworten: "Wenn ich hier genug Geld verdient habe, fahre ich wieder nach Hause und mache ein kleines Geschäft auf." Wenn Thais soviel Spass am Handeln haben, dann liegt es sicher daran, dass arbeiten eben mühsam, handeln aber "sanuk" ist.

Spannendes Buch über den Isaan


kam vor über zwei Jahrzehnten als Bauingenieur erstmals nach Thailand. Vor sieben Jahren baute er sich im Isaan bei Surin ein Haus, in dem er mit seiner thailändischen Frau und Tochter lebt. Die Familie kauft bei Bauern nach der Ernte Reis auf und gibt ihn an Grosshändler weiter. Zudem hat der jetzt 75jährige auf 150 Rai mit dem Zuckerrohranbau begonnen. Da Anbau und Ernte arbeitsintensiv sind, ist zeitweise die Hälfte der Dorfbewohner bei Ruffert beschäftigt. Der Deutsche spricht inzwischen fliessend Thai und versucht, sich dem alltäglichen Tagesablauf in seinem Dorf anzupassen. Im FARANG berichtet über das Leben in den Dörfern und die Jahrhunderte alten Sitten dieses Landes.

Wer mehr über das weitestgehend unbekannte Isaan erfahren möchte, sollte zu Rufferts neuem Buch greifen: "Ein Fenster zum Isaan" beschreibt den Alltag der Menschen im Nordosten aus unterschiedlichen Perspektiven. Das Buch kostet 395 Baht und ist in Pattaya in der FARANG Geschäftsstelle an der Thepprasit Road, in den Bookazine-Geschäften in der Royal Garden Plaza und im Central Festival Center/Big C, bei Amigo Tailor an der Soi Diamond und im Restaurant Braustube an der Naklua Road erhältlich.

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