Die Landschaft des Nordostens

Fortsezung vom 1. Teil aus Farang Nummer 17

Keine üppige Vegetation vorhanden.
Keine üppige Vegetation vorhanden.

Auf den ersten Blick hat der Isaan nicht viel mit den anderen Landschaften Thailands gemein, die den europäischen Touristen allgemein interessieren. Es gibt weder palmengesäumte Meeresstrände noch regenwaldbewachsene Gebirgsketten, sondern man sieht nur kilometerweit, je nach Jahreszeit, grüne Reisfelder oder zu Stein gebackene, braune Erde. Auch Städte mit goldenen Tempeln wird man dort vergebens suchen; allerdings sind die goldenen Dächer der Tempel in Bangkok zwischen den Hochhäusern und dem Smog oft auch nicht leicht auszumachen. Was das Landschaftsbild des Isaan kennzeichnet, sind die Vierecke der Reisfelder und die Wasserbüffel. In den Reisfeldern fallen die einzelnen Bäume auf, die man stehen gelassen hat, weil in dem Baum ein Geist haust. Den muss man respektieren, wenn man eine gute Ernte haben will. Einmal im Jahr, im November, bricht allerdings ein Touristenstrom nach Nordosten auf. Dann findet seit 1960jährlich in Surin die grosse Elefantenparade statt, die nicht nur eine Touristenattraktion, sondern auch das grosse Jahresereignis für die Bevölkerung ist. Bei diesem grossen Elefanten-Roundup führen mehr als 100Dickhäuter vor, was sie zum Arbeiten gelernt haben, und welche Kunststücke man ihnen beigebracht hat.

Elefanten sind im Isaan nicht irgendwelche Tiere wie bei uns Pferde oder Kühe. Sie haben für die Menschen hier vor allem symbolischen Wert. Als im vergangenen Jahr ein Elefant namens Motala im Grenzgebiet zu Kambodscha auf eine Mine trat und ein Bein verlor, wurde jeden Tag in den Zeitungen über den Zustand des Tieres berichtet, und Millionen wurden für die Behandlung von Motala gespendet - und das nicht nur von wohlhabenden Leuten.

Etwa 20km nördlich von Surin befindet sich das Elefantendorf Ban Ta Klang, wo seit mehreren hundert Jahren die Dickhäuter aufgezogen, trainiert und als Haustiere gehalten werden. Mehr als die Hälfte der fast 150Familien besitzt mindestens einen Elefanten. Sie wurden vor allem zur Arbeit bei der Holzwirtschaft gebraucht. Seit der Holzeinschlag aber von der Regierung verboten wurde, gibt es hier keine Beschäftigung mehr für die Tiere. Die Besitzer versuchen deshalb, mit Farang-Besuchern Geld zu verdienen. Sie gehen in die Touristenorte und bieten dort einen Ritt auf dem Elefanten an, oder ziehen mit den Dickhäutern tagsüber am Strand und abends an den Bars entlang, um mit ihren Tieren Geld zu verdienen. Seitdem aber in Bangkok ein Elefantenbulle durch den nervenaufreibenden Trubel inmitten lärmender Autos und stinkender Abgase durchdrehte und Amok lief, hat die Regierung die Elefanten von den Strassen der Hauptstadt verbannt. Reiseveranstalter organisieren heute Tagestouren in das Elefantendorf. Wie gross in dieser abgelegenen Gegend aber das kulturelle Missverständnis sein kann, zeigte einer der ersten Besuche einer Reisegruppe in Ban Ta Klang: Weil manche Touristinnen extrem kurze Shorts trugen, boten die Dorffrauen verschämt traditionelle Wickelröcke an, um die nackten Schenkel zu verhüllen.

Südlich von Korat befindet sich auch Thailands ältester und grösster Nationalpark, Khao Yai. Er ist mit seinen dichtbewachsenen Bergen von bis zu 1400m Höhe und der weitgehend unberührten Flora und Fauna in jedem Falle einen Besuch wert. Der rund 2000Quadratkilometer grosse Park erstreckt sich über Teile von 4Provinzen. Er wird von 2Flüssen durchquert und hat über 20Wasserfälle. Man findet hier noch wildlebende Elefanten, Tiger, Scharen von Affen und etwa 180verschiedene Vogel- sowie rund 200verschiedene Orchideenarten. Es gibt zahlreiche markierte Wanderwege und auch befestigte Strassen, die an den vielen Naturschönheiten und Wasserfällen vorbeiführen. Da die Übernachtung im Park selbst nicht erlaubt ist, haben sich an den Grenzen des Parks Ressorts und Lodges etabliert, so dass man den Park über mehrere Tage erforschen kann.

Ein anderer besuchenswerter Nationalpark befindet sich bei Loei, in einer bergigen und in der kühlen Jahreszeit auch der kältesten Gegend Thailands. Der Nationalpark Phu Kradung umgibt einen glockenförmig, steil ansteigenden Berg von 1316m Höhe auf einem circa 60qkm grossen und mit Wäldern bewachsen flachen Hochplateau. Die Wälder, in denen eine noch absolut seltene Tier- und Pflanzenwelt vorhanden ist, werden von vielen“Teichen und Wasserfällen durchzogen.

Teurer für Farangs

Ein Schatten ist allerdings in letzter Zeit auf den Besuch dieser Parks gefallen, seitdem die für den Unterhalt der Nationalparks zuständige Forstverwaltung den Eintrittspreis für Ausländer auf das 10-fache des für Thais gültigen Eintrittspreises festgelegt hat. Auch die heftigen Proteste gegen die als Diskriminierung der Thailand-Besucher anzusehende Massnahme haben nicht zu einer Herabsetzung des für Farang gültigen Eintrittspreises geführt.

Vor noch gar nicht so langer Zeit war es sehr schwer, im Isaan ein vernünftiges Hotel zu finden, aber das hat sich in den letzten 2Jahrzehnten geändert. In den grösseren Städten wie Korat, Udon, Ubon und Surin findet man heute eine ganze Reihe von Hotels verschiedener Preisklassen. Auch in kleineren Städten gibt es Hotels und Gästehäuser der billigeren Kategorie, die den an die Preise in den Touristenorten gewöhnten Besucher angenehm überraschen.

Ausserhalb der Regenzeit ist die Erde braun gebacken.
Ausserhalb der Regenzeit ist die Erde braun gebacken.

Die kleinen Städte und Marktflecken im Isaan haben ausser dem Kloster und eventuell einigen Ruinen aus der Khmer-Zeit meist kaum Sehenswürdigkeiten aufzuweisen. Sie sind oft ohne jede Stadtplanung nach den jeweiligen Erfordernissen gewachsen. Ein buntes Bild bieten aber die Märkte und die Menschen, die dort geschäftig sind, auch wenn sich dem Farang manchmal der Magen umdreht, wenn er sieht, wie ein Mädchen mit einer alten Zeitung versucht, ganze Fliegenschwärme von den offen auf den Markttischen liegenden Fleischstücken und Fischen zu verjagen. An den Strassen wechseln sich alte Holzhäuser mit neueren Steinbauten ab. Das hat weniger architektonische Gründe, auch wohnen die Menschen nicht lieber in einem Steinhaus. Der Grund dafür ist, dass das einst waldreiche Land inzwischen so abgeholzt ist, dass die Regierung das Fällen von Bäumen grundsätzlich verboten hat. Der Isaan war nicht immer so kahl und trocken wie heute. Noch vor 50Jahren war mehr als die Hälfte des Landes mit Wald bedeckt. Der Holzmangel ist unter anderem auch eine Folge der grossen Waldvernichtung während des Vietnam-Krieges. Damals wurden auf Druck der Amerikaner ganze Wälder entlang der kambodschanischen und laotischen Grenze abgeholzt, damit sie nicht als Versteck für Vietkong und Partisanen dienen konnten. Eine ganze Generation ist mit der Furcht aufgewachsen, dass sich in den Wäldern Banditen verbergen. Auch die Furcht der Leute, dass dunkle Wälder der bevorzugte Wohnsitz böser Geister sind, hat zur Waldvernichtung beigetragen. Das wilde Abholzen von Bergregionen im Süden Thailands führte 1988zu Erdrutschen, bei denen über 700Menschen starben. Ein königliches Dekret stoppte daraufhin 1989allen Holzeinschlag. Holz zum Häuserbau muss deswegen schwarz geschlagen oder aus den Nachbarländern importiert werden und ist deshalb unerschwinglich teuer. Dennoch geht die Waldvernichtung unvermindert weiter, jetzt aber illegal und deshalb mit höheren Kosten. Selbst auf dem eigenen Feld stehende grosse Bäume dürfen von den Bauern nicht gefällt werden, wenn sie Holz zum Bau oder zur Reparatur von Häusern benötigen. Wenn sie es trotzdem tun, muss der Transport ins Dorf über Nacht erfolgen, und das Holz wird hinter dem Haus versteckt, damit die Polizei es nicht sieht.

Die Regierung hat auch Hilfsprogramme zur Wiederaufforstung der Kahlflächen aufgelegt. Das läuft dann aber oft folgendermassen ab: Von geschmierten Beamten des Forstministeriums werden in Bangkok an einflussreiche, beziehungsweise entsprechende Bestechungsgelder zahlende Leute Konzessionen zur Aufforstung grosser Areale vergeben. Um dieses löbliche Vorhaben durchzuführen, muss das Areal natürlich zuerst einmal von Krüppelholz gesäubert werden. Der Witz bei der Geschichte ist, dass man von Krüppelholz hier allerdings erst sprechen kann, wenn die abgeholzten kräftigen Stämme fertig zum Abtransport am Boden liegen. Bei Aufforstungen werden vor allem schnell wachsende Eukalyptusbäume gepflanzt, die ausser zur Papierherstellung zu nichts anderem zu nutzen sind, aber den Unternehmen schnellen Gewinn versprechen.

Günther Ruffert kam vor über zwei Jahrzehnten als Bauingenieur erstmals nach Thailand. Vor sieben Jahren baute er sich im Isaan bei Surin ein Haus, in dem er mit seiner thailändischen Frau und Tochter lebt. Die Familie kauft bei Bauern nach der Ernte Reis auf und gibt ihn an Grosshändler weiter. Zudem hat der jetzt 75jährige auf 150 Rai mit dem Zuckerrohranbau begonnen. Da Anbau und Ernte arbeitsintensiv sind, ist zeitweise die Hälfte der Dorfbewohner bei Ruffert beschäftigt. Der Deutsche spricht inzwischen fliessend Thai und versucht, sich dem alltäglichen Tagesablauf in seinem Dorf anzupassen. Im FARANG berichtet Günther Ruffert über das Leben in den Dörfern und die Jahrhunderte alten Sitten dieses Landes.

Wer mehr über das weitestgehend unbekannte Isaan erfahren möchte, sollte zu Rufferts neuem Buch greifen: „Ein Fenster zum Isaan“ beschreibt den Alltag der Menschen im Nordosten aus unterschiedlichen Perspektiven. Das Buch kostet 395 Baht und ist in Pattaya in der FARANG Geschäftsstelle an der Thepprasit Road, in den Bookazine-Geschäften in der Royal Garden Plaza und im Central Festival Center/Big C, bei Amigo Tailor an der Soi Diamond und im Restaurant Braustube an der Naklua Road erhältlich.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.