Zeitungen zum Geschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«El País»: Russen haben Besseres verdient als Putins Führung

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Samstag Wladimir Putins erneute Kandidatur für das russische Präsidentenamt:

«Eine weitere Amtszeit würde es Putin ermöglichen, mit Josef Stalins drei Jahrzehnten an der Spitze gleichzuziehen. Mit einer sorgfältigen Choreographie versuchte er, die Ankündigung der ohnehin erwarteten Kandidatur als selbstloses Opfer eines Führers darzustellen, der die Verantwortung für das Wohl des Vaterlandes und seiner Kämpfer trägt. Tatsächlich weiß Putin aber ganz genau, dass der Tod auf dem Thron alternativlos ist - alles andere wäre für ihn reichlich gefährlich.

Die Zukunft Putins, Russlands, aber auch Europas hängt vor allem vom Ausgang des Krieges in der Ukraine ab. Russland zahlt einen hohen Preis für dieses kriminelle Unterfangen. Die tatsächliche Zahl der Opfer ist unbekannt, es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass sie immens ist. Auch der wirtschaftliche Preis ist riesig. Es ist unwahrscheinlich, dass Putins Herrschaft eine umfassende Niederlage in der Ukraine überleben würde. Dies muss berücksichtigt werden, wenn es darum geht, wie und in welchem Umfang der Ukraine geholfen werden soll. Es ist nicht ausgemacht, dass auf Putin ein besseres Regime folgen würde, aber es besteht kein Zweifel daran, dass die Russen Besseres verdient haben als Wladimir Putins Führung.»


«The Independent»: Zerstörung der Hamas ist unrealistisch

LONDON: Zum Gaza-Krieg meint der Londoner «Independent» am Samstag:

«Mittlerweile sind unter den Opfern im Gazastreifen beunruhigend viele Kinder und Babys. Ihr Tod und ihr Elend werden auf die Bildschirme der Welt übertragen und lösen Empörung aus. Natürlich wären all diese Kinder noch am Leben und von der israelischen Feuerkraft unbehelligt, wenn die Hamas nicht vor zwei Monaten ihre grausam geplanten Terroranschläge gestartet hätte. (...) Jedoch ist die Diskrepanz zwischen Israels erklärter Absicht, die Zahl der zivilen Opfer zu minimieren, und der Realität vor Ort nur allzu offensichtlich.

Soweit sich das beurteilen lässt, hat Netanjahu bislang kein klares Kriegsziel formuliert, das über den (unrealistischen) Wunsch hinausgeht, die Hamas zu «zerstören», ihre «bedingungslose Kapitulation» sicherzustellen und die Geiseln zu retten. Weder gegenüber Israels Freunden und Verbündeten, darunter die USA, noch gegenüber Staaten im Nahen Osten, die bisher konstruktiv mit Israel zusammengearbeitet haben. Und noch nicht einmal gegenüber der Bevölkerung seines Landes.

Doch selbst wenn die Hamas in diesem Krieg in die Schranken gewiesen und geschlagen werden sollte, würde eine andere militante Terrorgruppe ihren Platz einnehmen, und der Kreislauf der Gewalt würde noch Jahrzehnte weitergehen, wie wir aus langer und bitterer Erfahrung wissen.»


«NZZ»: US-Republikaner spielen ein zynisches Spiel

ZÜRICH: Zur Blockierung der Ukraine-Hilfe im US-Kongress meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Samstag:

«Selbst im Kongress genießt die Ukraine eigentlich starken Rückhalt. Aber in Washington wird ein zynisches Spiel gespielt. Die Republikaner wollen den von der Regierung beantragten 45 Milliarden Dollar Militärhilfe nur zustimmen, wenn die Demokraten im Gegenzug bei einer Verschärfung der Einwanderungspolitik mitmachen. Innenpolitische Streitthemen mit Prioritäten der nationalen Sicherheit zu vermischen, galt früher als verpönt. Das Signal nach außen ist denn auch schädlich: Statt dem Kreml nationale Geschlossenheit zu demonstrieren, zeigt sich Amerika zerrissen. (...)

Aber ohne fortgesetzte Militärhilfe stehen die Truppen Kiews auf verlorenem Posten. Bereits jetzt müssen sie ihre Munition rationieren und sehen sich zur Änderung ihrer Strategie gezwungen. Sie gehen an fast allen Frontabschnitten in die Defensive. Sobald das spätherbstliche Wetter mit seinen Stürmen und schlammigen Böden endet, ist jedoch mit verstärkten russischen Offensiven zu rechnen. Es wäre eine bittere Wende in diesem Krieg, wenn im Washingtoner Capitol dann noch immer parteipolitische Kurzsichtigkeit regiert.»


«Standard»: Putin und die neue Weltordnung

WIEN: Über den Besuch des russischem Präsidenten Wladimir Putin in Abu Dhabi und Riad schreibt die österreichische Zeitung «Der Standard»:

«Natürlich ging es bei den Visiten um gemeinsame Interessen - etwa an möglichst hohen Rohölpreisen. Für Putin, gegen den ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs vorliegt und der derzeit eher selten verreist, war aber auch die große Bühne wichtig: Die Bilder aus den Golfstaaten sollten ihn auch daheim als international geachteten Player präsentieren. Wohl nicht zufällig erklärte er kurz danach seine erneute Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024.

Dass Abu Dhabi und Riad bloß eigene Interessen verfolgten, als sie dem Gast aus Moskau auf diese Art den roten Teppich ausrollten, mag von manchen als Zynismus kritisiert, von anderen als Pragmatismus gelobt werden. Doch jene Kräfte in der EU und in den USA, die derzeit die Unterstützung für Kiew infrage stellen, sollten eines im Auge behalten: Putin hat nicht nur die Ukraine überfallen, sondern auch oft genug erklärt, eine neue Weltordnung anzustreben. Und diese läge, ganz pragmatisch gesagt, wohl eher nicht in ihrem Interesse.»

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