Zeitungen zum Geschehen am Freitag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Stuttgarter Zeitung» zum Cannabis-Gesetz

Das Gesetz, das nun trotz des Widerstands einiger Bundesländer zum 1. April in Kraft treten kann, ist ein Schritt in die richtige Richtung, mit dem die Politik endlich die Realität anerkennt. Allerdings ist es so kompliziert und kleinteilig ausgefallen, dass es gängige Vorurteile über die Detailverliebtheit der deutschen Bürokratie bestätigt. Dazu haben ein Stück weit auch EU-Regeln beigetragen, die eine an weniger Bedingungen geknüpfte Freigabe womöglich juristisch angreifbar gemacht hätten.

Zum Teil ist das regulatorische Klein-Klein wohl auch dem unbedingten Willen geschuldet, mit dem die Ampel das Vorhaben über die Ziellinie bringen wollte. Denn die Cannabis-Legalisierung hat für die selbst ernannte Fortschrittskoalition auch einen hohen symbolischen Wert. Hier kann sie sich handlungsfähig zeigen, ohne dass die drei so ungleichen Partner sich gleich wieder um das immer knappere Geld streiten müssen.


«Münchner Merkur» zu Ukraine

Der Kreml nennt seinen Überfall auf die Ukraine jetzt offiziell "Krieg".

Auf die Friedensbitten aus dem angsterfüllten Deutschland reagiert Putin so, wie es zu erwarten war: mit weiterer Eskalation, noch brutalerer Einschüchterung und vermutlich bald der Mobilmachung. Putins Rechnung geht also auf. Soll Deutschland jetzt dem Rat des Papstes folgen und vorsorglich ebenso die weiße Fahne hissen, wie es der Heilige Stuhl der Ukraine empfiehlt? Generalinspekteur Breuer hat eine andere Idee, die aber den Pazifisten in den Reihen von Mützenich-SPD, AfD, Linken und Bündnis Wagenknecht nicht recht schmecken dürfte: In "fünf bis acht Jahren" sei Russland in der Lage, die Nato anzugreifen. Bis dahin müsse Deutschlands Raketenabwehr stehen. Das wird schwer, wenn die Regierung ihr Tempo nicht erhöht und weiterhin ihre Zeitenwenden-Versprechen bricht. Bleibt die Hoffnung, dass die Ukraine bis dahin die Front hält.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zum Ausrüsterwechsel beim DFB

ACH DU GRÜNE NEUNE: Die Ampel wird patriotisch, gar national.

Das schafft nur der Fußball, aus der Tiefe des Raumes. (.) Der größte Sportverband der Welt ist eine politische Macht, die Millionen Menschen und Milliarden Euro bewegt. Die großen Fußball-Turniere sind, bei weitem nicht nur in Deutschland, Orte und Zeiten nationaler Selbstvergewisserung.(.) Man mag darüber streiten, ob der bisher ewige Ausrüster der Nationalmannschaft zum Kern nationaler Identität zählt. Gewiss aber ist, dass auch die sich jetzt hinter den DFB stellenden angeblichen Verfechter einer Marktwirtschaft eher mit einheimischen Marken umgeben, wenn es auf die Außenwirkung ankommt. Nicht alles folgt dem höchsten Gebot. Fußball ist auch ein Geschäft, aber der DFB keine Magd des Marktes.


«Frankfurter Rundschau» zu Bundesrat/EU/Entlastung von Bäuerinnen und Bauern

Die Erfolgsliste der Bauern und Bäuerinnen ist lang. Die Steuerbefreiung für Agrar-Fahrzeuge bleibt bestehen, die Pflicht zur Flächenstilllegung für Naturschutz fällt, Ökoregeln werden bei kleineren Betrieben nicht mehr kontrolliert, der Pestizid-Reduktionsplan wird gekippt und der Bürokratiewust abgebaut. Viele Bauern dürften aufatmen. Aber ist damit wirklich alles gut?

Eher nicht. An den Grundproblemen ändert sich nichts. Die Landwirtinnen und Landwirte bekommen für ihre Produkte am Markt zu wenig Geld, industriell arbeitende Großbetriebe profitieren gegenüber der bäuerlichen Landwirtschaft, und die Landbewirtschaftung insgesamt ist nicht nachhaltig. Das alles muss anders werden, erst dann kommt man in den grünen Bereich.


«Dagens Nyheter»: Putin hat Angst vor Russlands Künstlern

STOCKHOLM: Die liberale schwedische Tageszeitung «Dagens Nyheter» (Stockholm) kommentiert am Freitag Putins Politik:

«Die Verfolgung von Literatur, Musik und Kunst durch Putin zeigt, dass er Angst vor einer Kultur hat, die die Wahrheit sagt.

Anfang Februar dieses Jahres wurde gegen den russischen Schriftsteller Boris Akunin ein Haftbefehl erlassen. Sein Verbrechen? Er war gegen den Krieg in der Ukraine und kritisierte Wladimir Putin. Daraufhin wurde er zunächst des Terrorismus und Extremismus beschuldigt und dann als ausländischer Agent eingestuft. Boris Akunin ist nur einer von vielen Schriftstellern, Künstlern und Intellektuellen, die ins Visier des Putin-Regimes geraten sind. Einige wurden getötet, andere aufgrund erfundener Anschuldigungen ins Gefängnis geworfen.

Wladimir Putins Verfolgungskampagne gegen die russische Literatur, Musik und Kunst stellt jedoch keine neue Richtung dar. Im Gegenteil, er setzt lediglich eine russische Tradition mit jahrhundertealten Wurzeln fort. Wir müssen den russischen Intellektuellen zuhören, sie unterstützen, sie im Licht der Öffentlichkeit halten und dafür sorgen, dass ihre Botschaft weit über die Grenzen des Landes hinaus verbreitet wird.»


«The Guardian»: Wirtschaftskrieg gegen Russland ist kontraproduktiv

LONDON: Der britische Kolumnist Simon Jenkins setzt sich am Freitag im Londoner «Guardian» kritisch mit den Sanktionen des Westens gegen Russland auseinander:

«Die Ausweitung der logistischen Hilfe der Nato für die Ukraine zu einem umfassenden Wirtschaftskrieg gegen das russische Volk hat es Putin ermöglicht, eine antiwestliche Koalition zu schmieden. Diese erstreckt sich nun von China und Indien bis hin zu einer Kulissenarmee von Autokraten überall auf der Welt.

Dieser Wirtschaftskrieg hat sich eindeutig als kontraproduktiv erwiesen. Der «Economist» berichtet diese Woche, dass die Sanktionen vielmehr «die (russische) Wirtschaft angekurbelt» haben. Russlands Wachstum des Bruttoinlandsprodukts übertraf im vergangenen Jahr mit real etwa 3 Prozent das von Großbritannien. Die westliche Politik trägt aktiv dazu bei, dass Putin an der Macht bleibt. (...)

Wir können ihn beschimpfen, so wie wir Xi, Modi und andere beschimpfen können. Vielleicht fühlen wir uns dann besser. Und vielleicht sollten wir das auch, nicht zuletzt aus moralischen Gründen: Das sind keine Regime, die wir als bewundernswert bezeichnen würden. Aber lassen Sie uns realistisch sein. Es gibt nicht den geringsten Beweis dafür, dass wir dadurch die Welt zu einem sichereren Ort für die Demokratie machen; vermutlich ist sogar das Gegenteil der Fall.»


«La Vanguardia»: Eine klärende Rede Puigdemonts

BARCELONA: Die spanische Zeitung «La Vanguardia» kommentiert am Freitag die Ankündigung des katalanischen Separatistenführers Carles Puigdemont, bei der Regionalwahl am 12. Mai zu kandidieren:

«(...) Obwohl sich Puigdemont (...) bemühte, seiner Entscheidung eine besondere Bedeutung zu verleihen, stand er bereits 2017 und 2021 an der Spitze der Liste und musste sich in beiden Fällen geschlagen geben. Und an der Ausgangslage seiner Partei (...) scheint sich auch heute nicht viel geändert zu haben. Einer Umfrage zufolge würde die PSC (Sozialisten) die Wahl mit (...) 35 bis 42 Abgeordneten gewinnen; Esquerra (linke Separatisten) würde (...) mit 26 bis 32 Sitzen auf Platz zwei liegen, und Junts (Puigdemont) würde mit 24 bis 29 Abgeordneten auf dem dritten Platz landen.

Auf jeden Fall stellt Puigdemonts Entscheidung eine Klärung der politischen Landkarte Kataloniens dar und überlässt den Bürgern die Entscheidung über die Zukunft, die sie für das Land wünschen. Wer den Vorsitzenden von Junts wählt, sollte sich nicht täuschen lassen. Und falls es irgendwelche Zweifel gab: Puigdemont nahm kein Blatt vor den Mund und machte deutlich, dass er «die Arbeit zu Ende führen will», die im Prozess zur Erlangung der Unabhängigkeit begonnen wurde. Im Gegensatz zu anderen Reden der vergangenen Wochen äußerte er sich überhaupt nicht freundlich über die Regierung von Pedro Sánchez. (...) Die Rückkehr zu einer Sprache der direkten Konfrontation mit dem Staat ist die Präsentation seines Wahlkampfs. (...) Puigdemont sucht seine zweite Chance.»


«Washington Post»: Man muss Trumps Entgleisungen im Blick behalten

WASHINGTON: Die «Washington Post» kommentiert am Freitag die Aufregung über die «Blutbad»-Äußerungen Donald Trumps bei einer Wahlkampfveranstaltung am Wochenende, die sich laut dem früheren US-Präsidenten auf den US-Automarkt bezogen, nicht aber auf die USA allgemein:

«Angesichts Trumps Bilanz war es sicherlich verständlich, dass einige voreilige Schlussfolgerungen ziehen würden. Dennoch hatte die Aufregung eine unglückliche, unbeabsichtigte Konsequenz: Sie lenkte von vielen anderen falschen, bizarren, vulgären und bedrohlichen Äußerungen in Trumps Rede vom Samstag auf einem Flugplatz außerhalb Daytons ab. (...)

Politische Rhetorik ist von Natur aus hitzig und hyperbolisch. Trumps Anhänger sagen, er wehre sich nur gegen übertriebene Angriffe der Demokraten. (...) Trumps Reden fallen jedoch in eine ganz andere Kategorie der Demagogie. (...) Es kann psychologisch folgenschwer sein, den Überblick über seine ständigen verbalen Entgleisungen zu behalten. Politisch folgenschwer kann es aber sein, das nicht zu tun.»


«NZZ»: Dem DAX ist Deutschland egal

ZÜRICH: Der Deutsche Aktienindex (DAX) ist weiter im Höhenflug. Dazu meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Freitag:

«Seit zwei Jahren stagniert die deutsche Wirtschaft oder befindet sich in einer milden Rezession, nachhaltige Besserung ist kaum in Sicht. Zugleich steigt der Deutsche Aktienindex (DAX) von Rekord zu Rekord und überquerte jüngst sogar erstmals die Marke von 18.000 Punkten. Sind die Börsianer verrückt geworden, oder haben sich Finanz- und Realwirtschaft entkoppelt? (.)

Die DAX-Konzerne spiegeln die Spitze der börsenkotierten Unternehmen und sind nicht repräsentativ für die Wirtschaft oder gar den Mittelstand. Für sie spielt die Entwicklung der Geschäfte in der Heimat meist eine untergeordnete Rolle. Knapp 30 Prozent des Umsatzes der 40 DAX-Mitglieder kamen 2023 aus Nordamerika, 20 Prozent aus Asien inklusive China und 7 Prozent aus anderen Regionen der Welt, wie eine Analyse von EY zeigt. Die Konzerne hängen also mehr an der Weltkonjunktur als an der Wirtschaft in Europa (45 Prozent) oder gar in Deutschland. (.)

Die Rekordjagd beim DAX ist also kein Zeugnis davon, dass sich Finanz- und Realwirtschaft entkoppelt haben. Die Börse unterliegt einfach eigenen Gesetzen. Das gilt besonders für die großen internationalen Konzerne. Das Geschehen in Deutschland ist dem DAX deshalb egal.»

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