Zeitungen zum Geschehen am Freitag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zu Heizungsgesetz

Das Heizungsgesetz kommt, die Ampel hat die Wärmewende im Bundestag auf den Weg gebracht.

Ende gut, alles gut? Nein, nichts ist gut. Der politische Schaden wird noch lange nachwirken. Das Heizungsgesetz ist zum Symbol schlechter Politik geworden - gewonnen ist wenig, verloren dagegen haben viele. Der bitterste Verlust: Viele Deutsche haben endgültig keine Lust mehr auf ambitionierte Klimapolitik. Die Wärmewende ist ihnen wichtig, Klimapolitik muss aber praxistauglich und nachvollziehbar sein. Schwer auch der Schaden für die Grünen: Robert Habeck hätten sich viele als Kanzler vorstellen können. Doch hat er sich durch handwerkliche Fehler selbst entzaubert. Verloren hat aber auch die Union: Sie hatte kein überzeugendes Gegenmodell. Jetzt müssen sie zusehen, wie die AfD die Proteststimmung einsammelt. Freitag, 10. September - mit diesem Datum steht das Gesetz im Protokoll. Passender wäre Freitag, der 13.


«Stuttgarter Zeitung» zu Schulstart in Baden-Württemberg

Das neue Schuljahr bringt mit dem Lehrermangel und der weiter wachsenden Zahl geflüchteter Schüler besondere Anstrengungen für alle am Schulleben Beteiligten, besonders aber für Lehrkräfte mit sich.

Viele Klassen werden noch heterogener sein, viele Schüler noch mehr Unterstützung brauchen. Diesen Anforderungen gerecht zu werden ist eine große und eine schwieriger werdende Aufgabe, der sich die meisten Pädagogen mit Engagement, Herzblut und all ihrem Können stellen. Auch das ist glücklicherweise Normalität an 4500 Schulen in Baden-Württemberg. Davon völlig entkoppelt hat sich allerdings die Rhetorik der Lehrerverbände, die Mitteilung und Pressekonferenzen nutzen, um Horrorgemälde vom Arbeitsplatz Schule zu zeichnen und illusorische Forderungen nach Entlastung und Besserstellung ihrer Mitglieder zu erheben, die die ohnehin kritische Unterrichtsversorgung weiter belasten würden.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu G-20-Gipfel in Indien

Die G 20, die 2009 (...) entstanden ist, war ein Versuch, die wichtigsten Schwellenländer in die damals noch weitgehend vom Westen dominierte Weltordnung einzugliedern.

Das hat eine Zeit lang sogar funktioniert, auch wenn die Vereinbarungen in solchen Zusammenschlüssen manchmal vage sind. Nun aber könnte die Gruppe ein erstes prominentes Opfer der neuen Multipolarität werden. Die Spannungen, die seit Putins Überfall auf die Ukraine im Verhältnis zwischen dem Westen auf der einen sowie Russland und China auf der anderen Seite herrschen, werden aller Voraussicht nach auf dem Gipfeltreffen in Neu Delhi an diesem Wochenende wieder ausführlich zu besichtigen sein. Gelingt es den indischen Gastgebern nicht, eine Abschlusserklärung zustande zu bringen, dann stellen sich ernste Fragen über die Zukunft des Formats.


«Stampa»: Indien bekommt mit G20-Gipfel verdiente Rolle

ROM: Die italienische Tageszeitung «La Stampa» schreibt am Freitag zur Rolle von Gipfel-Gastgeber Indien im Kreis der G20-Staaten:

«Es besteht kein Zweifel daran, dass das Indien von (Premierminister) Narendra Modi zum strategischen Spieler auf dem Schachbrett der Welt geworden ist. Obwohl Indien seit kurzem das bevölkerungsreichste Land der Welt ist, wurde es über Jahrzehnte hinweg als Randfigur der internationalen Politik behandelt, ausgelaugt von den Herausforderungen des Subkontinents. Heute nicht mehr.

Wahr ist, dass Modis Indien einen furchterregenden demokratischen Niedergang erlebt, mit einem grassierenden Hindu-Nationalismus und Gewalt-Exzessen gegen ethnisch-religiöse Minderheiten, insbesondere Christen und Muslime. Wahr ist aber auch, dass das Wirtschaftswachstum, der technologische Fortschritt und Modis strategische Ausrichtung dem Land nun die globale Rolle garantieren, die es verdient.»


«Pravda»: Umgang mit ukrainischen Deserteuren ist ein Dilemma

BRATISLAVA: Die linksliberale slowakische Tageszeitung «Pravda» schreibt am Freitag zu Ukrainern, die sich dem Wehrdienst entziehen:

«Aus der Ukraine sind auch Zehntausende Männer im Mobilisierungsalter vor dem Krieg geflohen. Aus ukrainischer Sicht sind sie Deserteure. Wer sich der Mobilisierung entzieht, dem drohen drei bis fünf Jahre Gefängnis. Die Ukraine wünscht sich Hilfe beim Auffinden und Festnehmen dieser Flüchtlinge oder Deserteure. Denn von jenen Helden, die sich nach Beginn der russischen Invasion freiwillig zur Armee meldeten, sind die meisten schon verkrüppelt oder tot. Um Hilfe bitten aber auch diese Flüchtlinge, die sagen: «Das ist nicht unser Krieg, wir wollen nicht für das korrupte Regime von (Präsident Wolodymyr) Selenskyj sterben.» (...)

Polen hat laut der Tageszeitung «Rzeczpospolita» bereits begonnen, solche Ukrainer auszuliefern, die sich der Mobilisierung durch Bestechung entziehen konnten. In Tschechien erklärte das Justizministerium, dass es einer Auslieferung von Deserteuren nicht ohne Gesetzesänderung zustimmen könne. (...) Es heißt, dass in der aktuellen ukrainischen Offensive nur einer von zehn Ukrainern an der vordersten Linie überlebt. Der Ukraine beim Erwischen von Flüchtlingen im Wehrdienst-Alter zu helfen, heißt daher auch, aus lebenden Deserteuren tote Helden zu machen.»


«Politiken»: Es muss Grenzen geben für den Pragmatismus

KOPENHAGEN: Die liberale dänische Tageszeitung «Politiken» kommentiert am Freitag eine mögliche EU-Erweiterung:

«Es ist mehr als sympathisch, wenn sich der Vorsitzende des EU-Ministerrats, Charles Michel, für eine EU-Erweiterung mit Ländern wie Albanien und Montenegro schon 2030 ausspricht. Volle Unterstützung für den Ehrgeiz von hier aus. Aber bevor wir uns in ein Barbieland hineinträumen, in dem alles rosarot und problemfrei ist, muss erst einmal einiges geklärt werden. Bevor wir beginnen können, neue Mitglieder aufzunehmen.

Zunächst muss die EU mit sich selbst ausmachen, was sie sein will: eine Wertegemeinschaft, die auf dem gleichen Verständnis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit basiert, so wie es bisher die Absicht war? Oder wollen wir - um eine schnellere Erweiterung durchführen zu können - die Ambitionen herunterschrauben und uns auf etwas reduzieren, das vielmehr einer wirtschaftlichen Gemeinschaft gleicht? Wir wollen natürlich Ersteres. Es ist ja gerade die Wertegemeinschaft, die die EU zu einer attraktiven Alternative zu autoritären Regimes wie Russland und China macht. Es muss Grenzen geben für den Pragmatismus.

Es ist außerdem zwingend notwendig, dass sich die EU selbst vorbereitet - wahrscheinlich auf noch längere Sicht als 2030 - auf die Erweiterung mit der Ukraine. Wie würde sich die Erweiterung mit solch einem riesigen Agrarland beispielsweise auf die jetzigen Subventionsregeln auswirken? Charles Michels Wunsch nach einer schnellen Erweiterung ist sympathisch. Aber das setzt voraus, dass sich die EU schnell darauf vorbereitet.»


«El Mundo»: 50 Jahre nach Pinochet bleibt Chile tief gespalten

MADRID: Zum 50. Jahrestag des Militärputsches durch Augusto Pinochet in Chile, der am kommenden Montag begangen wird, schreibt die spanische Zeitung «El Mundo» am Freitag:

«Die Diktatur von Augusto Pinochet bleibt eine offene Wunde, die die Versöhnung in Chile behindert. Ein halbes Jahrhundert nach dem Staatsstreich, mit dem Salvador Allende gestürzt wurde, sind die Chilenen nach wie vor tief gespalten: Ein Drittel rechtfertigt den Putsch, ein Drittel hält eine Wiederholung für möglich. Auch Gabriel Boric, der linke Präsident, der dem Sozialisten Allende politisch nahe ist, räumt ein, die Narbe sei noch nicht verheilt.

Wie andere lateinamerikanische Länder leidet auch Chile unter einer institutionellen und demokratischen Schwäche, die in den letzten Jahren dem Populismus den Weg geebnet hat. (...) Boric steht den Exzessen der bolivarischen Achse zwar kritisch gegenüber. Er wird aber vom harten Flügel der chilenischen Linken unter Druck gesetzt, der radikalere Initiativen fordert. Der Präsident hat es nicht geschafft, die Bürger, die von seinem umstrittenen Verfassungsprojekt enttäuscht sind, zu begeistern. Es besteht die Gefahr, dass diese Apathie zu einem Erstarken des Extremismus in Chile führt.»


«Nepszava»: Peking will Wirtschaftsnöte mit Ideologie bekämpfen

BUDAPEST: Über die Wirtschaftskrise in China am Vorabend des G-20-Gipfels in Delhi schreibt die linksliberale Budapester Tageszeitung «Nepszava» am Freitag:

«Die (wirtschaftlichen) Rückschläge hat das Land in erster Linie sich selbst zuzuschreiben. Das Ende des chinesischen Wunders ist nämlich nicht Folge von amerikanischen Sanktionen, sondern verdankt sich der politischen und strategischen Wende, mit der (Präsident) Xi Jinping zu Maoismus und Personenkult zurückgekehrt ist. (...) Die Führung in Peking lehnt es selbst angesichts dieser Krise ab, irgendwelche Anreize zu schaffen oder etwa den Immobiliensektor umzubauen. Stattdessen konzentriert sie sich auf «ideologische Erziehung». Mit nationalistischen Tönen und Drohungen gegen Taiwan will sie wiederum von der stagnierenden Wirtschaft ablenken. Zahllose internationale Beispiele zeigen aber, dass dies langfristig eine selbstmörderische Strategie ist.»


«The Independent»: «Horizon» ist ein Gewinn für Großbritannien

LONDON: Großbritannien kehrt zum EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe» zurück. Dazu meint der Londoner «Independent» am Freitag:

«Eher im Stillen und auf seine technokratische Art hat sich Premierminister Rishi Sunak als äußerst effektiver Verhandlungsführer erwiesen, zumindest auf der internationalen Bühne. Auch wenn dies nicht unbedingt die Art von Errungenschaft ist, die Menschen sofort beeindruckt, die sich mehr Sorgen um den Benzinpreis machen.

In jedem Fall ist «Horizon» ein Gewinn für die britische und europäische Wissenschaft und Forschung. Es wird nie einen geeigneten «Global Britain»-Ersatz für diese Art von Partnerschaften geben. Und kein vom Vereinigten Königreich finanziertes Budget für Wissenschaft und Technologie könnte jemals das gut etablierte Geflecht von Projekten, Kontakten und Zusammenarbeit ersetzen, das über ein halbes Jahrhundert mit unseren engsten Nachbarn aufgebaut wurde: das sind Werte, die man mit Geld nicht kaufen kann (selbst wenn man es hätte). (...) Die Investitionen in Großbritanniens Wissenschaftssektor waren während des langen Zeitraums, in dem «Horizon» zu einem weiteren Schlachtfeld im kalten Krieg wurde, den Boris Johnson und Liz Truss gegen Brüssel führten, zum Stillstand gekommen.»


«de Volkskrant»: Europa muss seine Freiheit verteidigen können

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» plädiert am Freitag für die Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeit:

«Die Europäer haben Gesellschaften geschaffen, in denen die Menschen Freiräume haben, um so zu leben, wie sie es wollen - eine Errungenschaft, auf die wir stolz sein können. Aber wir haben wenig dafür getan, diese Freiheiten zu beschützen. Das erkennen die europäischen Länder jetzt wieder. Lang gehegte Tabus müssen fallen. Die europäische Rüstungsindustrie muss so ausgebaut und unterstützt werden, dass sie die Mittel produziert, um uns und die Ukraine verteidigen zu können. (...)

Das ist alles nicht einfach und auch nicht schmerzlos. Und Europas Demokratien sind dem Gegenwind der selben zerstörerischen Kräfte ausgesetzt wie die Amerikas. Aber es gibt kaum eine andere Wahl. Wer immer noch glaubt, dass Putins imperialistischer und völkermörderischer Krieg gegen die Ukraine durch einen «Deal» beendet werden kann, ist kein «Realist», sondern jemand, der sein Fähnchen in den Wind hängt und das mit Ausreden beschönigt. Genau diese europäische Haltung war es, die Putin in seiner Überzeugung bestärkt hat, mit seiner Aggression durchzukommen. Appeasement ist wiederholt versucht worden, es hat nicht funktioniert. Es bleibt nur die Möglichkeit, dem Beispiel der Ukrainer zu folgen und Widerstand zu leisten.»


«Die Presse»: Autokraten und Möchtegernclubs

WIEN: Weil China Indien vor dem G20-Gipfel in Delhi einen Korb gab und Präsident Xi Jinping nicht anreist, schreibt die österreichische Zeitung «Die Presse» am Freitag:

«Ein Bündnis der Autokraten kann kaum funktionieren, weil es in sich ein Widerspruch ist. Ethnischer Nationalismus, mit dem Despoten von Peking über Delhi bis nach Moskau oder Ankara ihre Macht legitimieren und der auch im Westen en vogue ist, ist ausgrenzend und exklusiv: Diese chauvinistischen Regimes sind getrieben von Paranoia und Verfolgungswahn, die in fremden oder kritischen Mächten eine existenzielle Gefährdung sehen. Sie verfolgen krankhaft Eigeninteressen und sind daher niemals zuverlässige Partner. (...)

Den Möchtegernklub der Autokraten, wie er sich beim Brics-Treffen inszeniert hat, eint also nicht viel mehr als das gemeinsame Feindbild eines arroganten, dekadenten und imperialistischen Westens. Verkörpert wird dieses Hassobjekt von EU und den USA und dem von ihnen propagierten liberal-demokratischen System samt humanistischer Werteordnung. Das Feindbild hilft Autokraten, ihre Macht zu legitimieren und Konkurrenzen auszuschalten und ihre Bürger zu unterdrücken.»

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Bernd Lange 09.09.23 18:50
Heizungsgesetz der Grünen
Hintergrund is ja das Ziel den CO²- ausstoß von 1,8% den D auf der Welt verantwortet- dreist wenn das gelingen sollte is nichts erreicht worden, außer daß die Lebensqualität/Wohlstand in D weg ist--Aber bis zum Schluß-Ziel 2045 wird es noch viele Regierungen geben, die das Gesetz, weil es schlecht gemacht is-so verbessen werden, daß es praktisch gar nicht entstanden ist!